# taz.de -- Türkei befürchtet Terrorangriffe: Neue Probleme für Erdogan | |
> Die Regierung in Ankara ist bereit, sich an einem Angriff auf Syrien zu | |
> beteiligen. Die türkische Bevölkerung ist gegen ein stärkeres Engagement. | |
Bild: Patriot-Abwehrraketen der Nato im türkischen Kahramanmaras | |
ISTANBUL taz | „Bevor die Regierung uns in einen Krieg mit Syrien | |
verwickelt, braucht sie erst einmal die Zustimmung des Parlaments.“ Der | |
außenpolitische Sprecher der oppositionellen CHP, Faruk Logoglu, ist nicht | |
der Einzige, der derzeit davor warnt, dass die Türkei noch tiefer in den | |
syrischen Bürgerkrieg hineingezogen werden könnte, als dies sowieso schon | |
der Fall ist. | |
Auch die rechtsnationalistische MHP und die kurdische BDP sind gegen eine | |
Beteiligung der Türkei an einem möglichen Angriff auf Syrien. | |
Die Kurden in Syrien bezichtigen sowieso die islamistische Opposition und | |
nicht das Regime von Präsident Baschar al-Assad als Urheber der | |
mutmaßlichen Giftgasattacke vor einer Woche. | |
In Ankara werden deshalb bereits Erinnerungen an den März 2003 wach. Damals | |
lehnte das Parlament trotz der Mehrheit der regierenden AKP den Antrag der | |
Regierung ab, US-Truppen den Einmarsch in den Irak über türkisches | |
Territorium zu gestatten. Dies war ein Albtraum für Erdogan, den er nicht | |
noch einmal erleben möchte. | |
Deshalb wiegelt sein Außenminister Ahmet Davutoglu erst einmal ab. Obwohl | |
es Davutoglu war, der bereits vor Tagen gesagt hatte, die Türkei sei auch | |
ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrates bereit, an einem alliierten Angriff | |
teilzunehmen, heißt es jetzt, man wolle zunächst einmal die Entscheidungen | |
der UNO abwarten. | |
## Erlaubnis liegt schon vor | |
Außerdem habe das Parlament schon im Oktober vergangenen Jahres der Armee | |
für die Dauer eines Jahres die Erlaubnis erteilt, grenzüberschreitende | |
Aktionen nach Syrien zu unternehmen. | |
Doch Erdogan und Davutoglu haben ein großes Problem. Die Mehrheit der | |
türkischen Bevölkerung ist bis weit in die Reihen ihrer eigenen Anhänger | |
dagegen, sich noch stärker in Syrien zu engagieren. | |
Obwohl die Regierung die Einheiten der Armee, die in der Lage seien sollen, | |
auch einen Angriff mit Chemiewaffen abzuwehren, an der Grenze zu Syrien | |
massiv verstärkt hat, fürchten viele Türken, dass sie die Leidtragenden | |
einer Revanche von Assad werden könnten, wenn die Regierung US-Angriffe auf | |
Syrien unterstützt. | |
## Die Raketenabwehr steht noch | |
Plötzlich erinnert man sich deshalb auch wieder der | |
Patriot-Raketenabwehrstellungen, die zu Beginn des Jahres von Deutschland, | |
den Niederlanden und den USA in der Südtürkei stationiert wurden. Die | |
deutschen Patriot-Stellungen sind in Kahramanmaras zwar mehr als 100 | |
Kilometer von der syrischen Grenze entfernt, wären aber in der Lage, | |
syrische Raketen – egal ob mit chemischen oder konventionellen Sprengköpfen | |
versehen – abzuschießen, sobald sie den türkischen Luftraum erreichen. | |
Konnte man sich bis vor wenigen Tagen nicht vorstellen, dass Assad die | |
Türkei mit Chemiewaffen angreifen würde, scheint dieses Szenario jetzt | |
erstmals nicht mehr völlig abwegig. Unterstützt Ankara einen Angriff auf | |
Syrien, wäre die Türkei eine der ersten Adressen für das Assad-Regime, um | |
Vergeltung zu üben, warnen Experten. | |
Zwar befürchten viele eher Terrorangriffe entlang der 900 Kilometer langen | |
Grenze als einen Angriff mit Chemiewaffen. Trotzdem erinnern die Zeitungen | |
jetzt, quasi als Beruhigung, an die Nato-Patriot-Raketen. | |
29 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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