# taz.de -- Diskriminierung in der Führungsetage: Versuchskaninchen im Männer… | |
> Sie bekommt keinen Chauffeur und organisiert den Kaffee. Im Buch „Ganz | |
> oben“ erzählt eine Topmanagerin von ihren Berufserfahrungen. | |
Bild: Obacht vor den Weiblichkeitsfallen! | |
Immer wenn sie einen Wagen bestellte, war gerade keiner da. Das war die | |
erste Erfahrung der Managerin, die in der Führungsetage ihres Konzerns | |
angekommen war – als erste Frau überhaupt. Wenn ihre Sekretärin dagegen | |
angab, der Wagen sei für einen männlichen Kollegen, gab es kein Problem. | |
Die Anonyma, die solche Begebenheiten in ihrem Buch „Ganz oben“ beschreibt, | |
kam auch erst nach einer Weile dahinter. Die Topmanagerin schreibt anonym, | |
weil sie negative Konsequenzen für ihre Karriere befürchtet, wenn sie die | |
Gepflogenheiten in der Führungsetage eines milliardenschweren Unternehmens | |
beschreibt. | |
Zugleich erlaubt die Anonymität ihr auch etwas anderes: Selbstkritik. Sie | |
ist ein typisch weiblich geprägtes Wesen und stolpert als solches in | |
Weiblichkeitsfallen: Auch sie trägt dazu bei, dass Frauen etwa immer den | |
Kleinkram organisieren sollen, sie tut es nämlich immer wieder, weil sie | |
keine Zicke sein will. | |
Das, was die Managerin beschreibt, ist nicht skandalös, keiner benimmt sich | |
spektakulär daneben. Aber dass da jemand in ein Männerbiotop einbricht, | |
führt klar genug zu offensichtlichen Irritationen – meistens auf der Seite | |
des Eindringlings. Statuskämpfe und Selbstvergewisserung sind nämlich der | |
Hauptsport der Chefs. Als die Autorin sich mit einem kleinen Büro | |
zufriedengibt, klagt ihr Angestellter: „Du machst damit die ganze Abteilung | |
klein!“, so eingeschliffen sind die Muster. | |
Für den Smalltalk hat sie oberflächliches Wissen über Fußball und Autos | |
drauf. Allzu fundiert sollte es nicht sein, hat sie beobachtet: Die Männer | |
goutieren es nicht, wenn eine Frau mehr Ahnung hat als sie selbst. Sie sind | |
dann verstimmt. Ebensolche Balanceakte sind bei der Kleidung (nicht zu | |
weiblich, nicht zu männlich) und dem Aussehen (nicht zu hübsch) | |
erforderlich. | |
## Geschlossene Gesellschaft | |
Auf höfliche Konversation hofft die Autorin auch vergebens. Sie wird | |
schlicht ignoriert, sobald ein männlicher Gesprächspartner erscheint. „Wenn | |
ein Mann nicht gerade besonderes Interesse an einer Frau als Frau hat, ist | |
ihm der Umgang mit Männern sehr viel lieber. Dann ist es fast wie früher: | |
Sie bilden eine Art geschlossene Gesellschaft.“ Die sich als Rahmenprogramm | |
für gemeinsame Reisen gern die Besichtigung einer Brauerei und einen Gang | |
durchs Rotlichtviertel gönnt. | |
Seit sie über Einstellungen mit entscheidet, sind ihr auch die Kriterien | |
klar geworden: Bis 40 darf man keinesfalls verheiratet sein, sonst kommt ja | |
bald der Kindersegen. Ab 40 muss man es sein, sonst ist man ja eine | |
frustrierte Tucke. Dann sind die Kinder am besten schon aus dem Gröbsten | |
heraus. Da nur wenige Frauen oben ankommen, wirken die einzelnen wie | |
Versuchskaninchen. Scheiden sie aus oder machen sie Fehler, dann heißt es: | |
Mit Frauen, das haben wir schon versucht, damit haben wir keine guten | |
Erfahrungen gemacht. | |
Als sie selbst ein Kind erwartet, sagt der Chef gleich nach der | |
Gratulation: „Ihren jetzigen Job werden Sie nie wieder machen.“ | |
Sachbearbeiterin könne sie noch werden. Mühsam muss sie sich selbst klar | |
machen, dass ihr Führungsjob eigentlich ideal fürs Kinderkriegen ist: freie | |
Zeiteinteilung und genug Geld, um die Betreuung sicherzustellen. | |
Falls jemand noch Argumente für eine Frauenquote in Chefetagen brauchte: | |
Hier sind einige zu finden. Unaufgeregt aufgeschrieben. | |
31 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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