# taz.de -- Topmanagerin Ursula Piëch: Frauenförderung, die funktioniert | |
> Vier Frauen aus einfachen Verhältnissen haben es in die Aufsichtsräte | |
> großer Unternehmen geschafft – als Nachfolgerinnen ihrer Ehemänner. Jetzt | |
> neu: auch bei VW. | |
Bild: Das Steuerrad fest in der – na wohl wo – Hand natürlich: Ursula Piec… | |
BERLIN taz | Sie kann sich das leisten: Zu einer Automesse vor wenigen | |
Wochen kam sie in einem Kleid, das so bunt war wie ein Schmetterling. Sie | |
lacht lauter als manche Männer in ihrer Umgebung. Und sie sagt auch dann | |
offen, was sie denkt, wenn andere lieber schweigen. Ursula Piëch, 55, ist | |
die Ehefrau des VW-Unternehmers Ferdinand Piëch. Sie ist mächtig. Und sie | |
wird noch mächtiger, wenn sie heute in den Aufsichtsrat des größten | |
Automobilbauers Europas gewählt wird. | |
Der Lebensweg der Österreicherin ist einer jener Prinzessinnenträume, die | |
selten wahr werden: mittelloses Mädchen heiratet reifen, reichen Mann und | |
steigt sozial auf. Aber manchmal gibt es solche Karrieren. | |
Friede Springer weist eine solche Biografie auf. Die Witwe des Verlegers | |
Axel Springer ist heute Mehrheitsaktionärin des größten europäischen | |
Zeitungskonzerns. Oder Liz Mohn. Sie ist die Witwe des Verlegers und | |
Bertelsmann-Eigentümers Reinhard Mohn und heute Mitglied im | |
Bertelsmann-Aufsichtsrat. Auch Johanna Quandt hat in eine | |
Industriellenfamilie eingeheiratet, den Unternehmer Herbert Quandt. Bis zu | |
ihrem Ruhestand 1997 war Johanna Quandt Aufsichtsratsmitglied und | |
Hauptanteilseignerin des Autoherstellers BMW. | |
## Aus einfachen Verhältnissen | |
Die Frauen haben eines gemeinsam: Sie kommen aus einfachen Verhältnissen, | |
haben eine Lehrausbildung und gerieten durch Zufall in die | |
Unternehmerdynastien. Ursula Piëch war das Kindermädchen bei Ferdinand | |
Piëch und seiner damaligen Lebensgefährtin Marlene Porsche. Friede Springer | |
ist die Tochter eines Gärtners und einer Hauswirtschafterin und hütete den | |
Springer-Nachwuchs, bevor sie die Lebensgefährtin des einflussreichen | |
Verlegers wurde. Liz Mohn ist das vierte von fünf Kindern, ihre Mutter zog | |
die Kinder allein groß. Sie arbeitete als Telefonistin im | |
Bertelsmann-Verlag und lernte ihren Mann auf einer Betriebsfeier kennen. | |
Johanna Quandt war zunächst Herbert Quandts Sekretärin, später seine | |
Assistentin. | |
Gemeinsam haben die Frauen auch, dass ihre Ehemänner sehr viel älter waren | |
als sie. Meist sind die Frauen auch die letzten Gattinnen der | |
Familienoberhäupter, die zuvor mehrfach geschieden waren. | |
Die Patriarchen sorgen häufig dafür, dass die Unternehmen nach dem Tod der | |
männlichen Chefs in der Familienhand bleiben. Ursula Piëch, Liz Mohn, | |
Friede Springer, Johanna Quandt und auch Maria-Elisabeth Schaeffler, | |
Gesellschafterin des gleichnamigen Autozulieferer- und | |
Maschinenbaukonzerns, wurden jahrzehntelang darauf vorbereitet, die Firmen | |
ihrer Männer irgendwann zu übernehmen. | |
„Ich bin sein Produkt“, sagt Friede Springer über ihren Mann. Auf seinen | |
Wunsch hin lernte sie Sprachen, studierte Kunstgeschichte, Philosophie und | |
Religion. | |
Ursula Piëch hat später Wirtschaft und Recht belegt. Wenn sie heute an der | |
Seite ihres Mannes in den Aufsichtsrat zieht, zurrt der 75-jährige | |
Imperator seine Macht weiter fest. Fünf von zehn VertreterInnen der | |
Anteilseigner kommen dann aus den Familien Piëch und Porsche. | |
Zwar bekommen die beiden Frauen, die es bislang im VW-Aufsichtsrat gibt, | |
nun weibliche Verstärkung. Aber die Debatte um mehr Frauen in | |
Aufsichtsräten und Vorständen wird die Piëch-Personalie sicher nicht | |
vorantreiben. Unternehmer wie Ferdinand Piëch brauchen keine Quote. Sie | |
haben ihre Ehefrau. | |
18 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
## TAGS | |
Diskriminierung | |
Schwerpunkt Feministischer Kampftag | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Diskriminierung in der Führungsetage: Versuchskaninchen im Männerbiotop | |
Sie bekommt keinen Chauffeur und organisiert den Kaffee. Im Buch „Ganz | |
oben“ erzählt eine Topmanagerin von ihren Berufserfahrungen. | |
Frauenförderung in Unternehmen: Viel geredet, wenig passiert | |
Trotz der öffentlichen Debatte um die Quote: Unternehmen sind heute weniger | |
frauenfreundlich als vor zwei Jahren, zeigt eine Umfrage. | |
VW übernimmt Porsche zum 1. August: Großer Sport für 4,46 Milliarden Euro | |
Die Wolfsburger Autobauer übernehmen Anfang August die restliche Hälfte des | |
Porschekonzerns. Beide Gesellschaften nutzen einen Steuerkniff und sparen | |
dabei ein Drittel des Kaufpreises. | |
Fusion der Autohersteller: VW findet das Steuerschlupfloch | |
Volkswagen kann endlich mit Porsche verschmelzen. Den Finanzbehörden | |
entgehen bei dem Deal jedoch 1,5 Milliarden Euro an Steuern. | |
VW-Aufsichtsrätin Ursula Piëch: Jetzt sitzt sie am Lenker | |
Vom Kindermädchen in die Liga der einflussreichsten Frauen in Wirtschaft | |
und Gesellschaft: Die Österreicherin Ursula Piëch soll in den Aufsichtsrat | |
von VW. | |
Elitenforscher über Chancen von Frauen: „Heiraten ist keine Lebensstrategie�… | |
Am Donnerstag soll Ursula Piëch, die Ehefrau von Ferdinand Piëch, in den | |
Aufsichtsrat von VW gewählt werden. Elitenforscher Michael Hartmann über | |
Aufstieg durch Heirat und Erbe. | |
Kommentar Aufsichtsrat: Deutscher Feudalkapitalismus | |
Der Aufstieg der Ursula Piëch erinnert ihre Geschlechtsgenossinnen daran, | |
warum eine Frauenquote in den Unternehmen so dringend nötig ist. | |
Auswärtiges Amt warnt vor Problemen: Wettbewerbsvorteil Frauenquote | |
Die fehlende Frauenquote kann offenbar zum Problem für die deutsche | |
Wirtschaft werden. Firmen könnten bald Aufträge aus dem EU-Ausland | |
verlieren. | |
Konkurrenzfähigkeit im Ausland: Fehlende Quote schadet Unternehmen | |
Spanien schreibt einen Frauenanteil in Top-Positionen von 40 Prozent bis | |
2015 vor. Deutsche Firmen ohne Quote werden bei Ausschreibungen chancenlos | |
sein – fürchtet das Auswärtige Amt. | |
Internationaler Frauentag 2012: "Chef wird man auf dem Herrenklo" | |
Quote oder keine: Wie kommen mehr Frauen in Chefsessel? Zwei Managerinnen | |
debattieren über eine Quote von mindestens 30 Prozent. |