# taz.de -- Kandidaten für Olympia 2020: Madrid will sportlich durch die Krise | |
> Madrid wirbt mit einem Billigkonzept für sich als Ausrichter der Spiele | |
> 2020. Leisten kann sich die Pleitekommune das nicht. | |
Bild: Lächeln für billige Spiele. Lionel Messi mit dem Präsidenten des Olymp… | |
MADRID taz | „Low-Cost-Spiele“ heißt das Schlagwort, mit dem | |
Bürgermeisterin Ana Botella am Samstag das Internationale Olympische | |
Komitee in Buenos Aires von der Kandidatur Madrids überzeugen will. „Die | |
Stadt ist bereit. Die Investitionen sind bereits getätigt“, erklärt die | |
konservative Politikerin und Ehefrau des ehemaligen spanischen | |
Regierungschefs José María Aznar. | |
Madrid präsentiere sich zum dritten Mal und sei deshalb besonders gut für | |
2020 vorbereitet. 80 Prozent der notwendigen Einrichtungen seien bereits | |
gebaut. Es fehlten nur noch ein paar kleinere Sportanlagen sowie das | |
Olympische Dorf. Weniger als 100 Kilometer Zugangsstraßen und einige | |
U-Bahn-Stationen müssten noch gebaut werden. | |
Madrid, das seien billige Spiele mitten in der Krise und damit „Spiele | |
neuen Stils“. Nur 1,5 Milliarden Euro seien noch für die ausstehenden | |
Bauarbeiten nötig. Hinzu kommen 150 Millionen für die Sicherheit. Die 2,4 | |
Milliarden für die Durchführung der Wettkämpfe sollen durch | |
Sponsorenverträge, TV-Rechte und Eintrittskarten wieder eingenommen werden. | |
Zum Vergleich: [1][Mitbewerber Tokio] veranschlagt für Baumaßnahmen 3,3 | |
Milliarden Euro und Istanbul gar knapp 13 Milliarden. | |
## Kein Geld in der Kasse | |
Doch billig ist immer noch teuer, wenn kein Geld in der Kasse ist. Spaniens | |
Hauptstadt steht mit über 7 Milliarden Euro in der Kreide. Wären nicht vor | |
einem Jahr eine Milliarde aus dem staatlichen Rettungsfonds geflossen, | |
könnte Bürgermeisterin Botella längst nicht mehr ihre Rechnungen bezahlen | |
oder die Stadtbediensteten besolden. Noch diesen Herbst wird Madrid weitere | |
300 Millionen brauchen. | |
Auch wenn laut Umfragen der Stadtverwaltung 80 Prozent der Bevölkerung die | |
Spiele gerne in Madrid sehen würden, ist von der Begeisterung für die | |
letzten beiden Kandidaturen nicht mehr viel übrig. | |
Das Madrid der Krise ist längst nicht mehr die „gastfreundliche, bequeme, | |
sichere und kosmopolitische Stadt“, wie es im Bewerberdossier heißt. Mit | |
über 20 Prozent Arbeitslosigkeit nimmt die Kriminalitätsrate zu. | |
Polizeieinheiten sind ständig vor allen wichtigen öffentlichen Gebäuden | |
stationiert, um soziale Proteste in die Schranken zu weisen. Allein 2012 | |
zählte Madrid über 3.000 größere und kleinere Demonstrationen. Die Stadt | |
hat kein Geld mehr, um die Straßen sauber zu halten. Einwanderer ohne | |
Papiere werden in den Gesundheitszentren nicht mehr behandelt. | |
## Sporthallen verfallen | |
„Wir sprachen uns gegen die Bewerbung für die Spiele 2016 aus. Dieses Mal | |
haben wir nicht einmal darüber diskutiert“, erklärt der Vorsitzende des | |
Dachverbandes der Madrider Nachbarschaftsvereine, Nacho Murgui, gegenüber | |
der Tageszeitung El País. Sein Verein sei zu beschäftigt damit, gegen die | |
Kürzungen von Sozialhaushalt und Zwangsräumungen von Wohnungen mobil zu | |
machen, für die Botellas konservative Partido Popular (PP) in Stadt, Region | |
und Land verantwortlich zeichnet. | |
„Eine Stadt, die nicht garantiert, dass die Bewohner bei optimalen | |
Bedingungen ihrem Sport nachgehen können, verdient Olympische Spiele | |
nicht“, sagt der Sprecher der Vereinigten Linken (IU) im Stadtrat, Angél | |
Pérez. Sporthallen verfallen, Schwimmbäder wurden geschlossen oder gar | |
abgerissen. Nutzungsgebühren steigen. Die spanische Regierung gibt 2013 nur | |
noch so viel für Breitensport aus wie im Jahr 1985. | |
Die Sparpolitik schlägt sich längst in den sportlichen Ergebnissen nieder. | |
Gewann Spanien in Barcelona 1992 noch 22 olympische Medaillen, waren es vor | |
einem Jahr in London nur noch 17. | |
## Korruptionsskandale der konservativen Partido Popular | |
Die spanische Poetin und Kolumnistin Ruth Toledano erinnert zudem an die | |
[2][Korruptionsskandale der PP], die alle Großprojekte begleiteten. Bei der | |
letzten Olympiabewerbung Madrids flossen 120.000 Euro in die Taschen des | |
königlichen Schwiegersohns Iñaki Urdangarin gegen den wegen Veruntreuung | |
von 6 Millionen Euro ermittelt wird. | |
Im ebenfalls konservativ regierten Valencia, das die olympischen | |
Segelregatten beherbergen soll, finanzierte sich die PP mit Geldern aus der | |
Formel 1 und dem Papstbesuch. „Vertrauen wir nicht denen, die Flughäfen | |
ohne Flugzeuge bauen, Autobahnen ohne Autos … Vertrauen wir nicht denen, | |
die Schwarzgeld in Umschlägen kassierten, den Dieben, Lügnern und | |
Korrupten“, schreibt Toledano in einer Kolumne. | |
5 Sep 2013 | |
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[1] /Tokios-Bewerbung-fuer-Olympia-2016/!41495/ | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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