# taz.de -- Beate Zschäpes letzte Reise: Der treue Freund bei Hannover | |
> Auf ihrer Flucht suchte Beate Zschäpe womöglich ein letztes Mal Hilfe bei | |
> Holger G. Schon zuvor hielt sie wohl allein den Kontakt zum Unterstützer. | |
Bild: Die letzte Reise in die Provinz, zu Holger G., nach Lauenau. | |
Vier Tage lang war Beate Zschäpe auf der Flucht, nachdem sich ihre beiden | |
Mitstreiter Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos erschossen hatten. In diesen | |
Tagen fuhr sie mit der Bahn von Zwickau aus nach Norden und hielt in | |
Eisenach, Leipzig, Bremen, Hannover, Uelzen, Braunschweig, Halle und Jena. | |
In Leipzig warf sie einige Bekenner-DVDs in einen Postbriefkasten. Aber | |
sonst ist auch nach 34 Verhandlungstagen vor dem Oberlandesgericht München | |
noch unklar, welches Motiv Zschäpe in diesen vier Tagen antrieb. Suchte sie | |
Hilfe von Kameraden? | |
Als Zschäpe am 4. November 2011 vom Tod ihrer Komplizen erfahren hatte, | |
setzte sie kurzerhand die gemeinsame Wohnung in Zwickau in Brand, ließ | |
190.000 Euro dort liegen und flüchtete. Erst am 8. November stellte sie | |
sich in Jena mit einem Anwalt der Polizei. Zu diesem Zeitpunkt glaubt | |
Zschäpe längst von allen Sicherheitsbehörden gesucht zu werden. Dabei hatte | |
die öffentliche Fahndung erst am 8. November begonnen. | |
Dazwischen, am 6. November, kam Zschäpe kurz vor 6 Uhr morgens am | |
Hauptbahnhof in Hannover an. Rund neun Stunden verbrachte Zschäpe in der | |
Region. Versuchte sie dort, den langjährigen Helfer Holger G. aufzusuchen? | |
Viel spricht dafür. Holger G. wohnte nämlich nicht weit von der | |
niedersächsischen Landeshauptstadt entfernt, nahe Haste in Lauenau. Nur | |
eine Stunde mit der S-Bahn und mit Bus oder Taxi, dann wäre sie bei ihm | |
angekommen. | |
Doch der treue Kamerad ist an diesem Tag nicht erreichbar. In der Nacht | |
zuvor hatte ihn die Polizei vorläufig festgenommen. Der Grund: Auf seinen | |
Namen war jenes Wohnmobil angemeldet, mit dem Mundlos und Böhnhardt nach | |
ihrem Banküberfall am 4. November fliehen wollten, in dem sie aber den Tod | |
fanden. | |
## Treuer Helfer | |
Schon nach ihrem Abtauchen 1998 hatte Holger G. den dreien Geld zukommen | |
lassen und immer wieder mit Papieren und Krankenkassenkarten geholfen. | |
Offiziell hat Holger G. ausgesagt, seine letzte Hilfe für das NSU-Trio im | |
Jahr 2011 sei allein ihrem einstmals „engen Freundschaftsband“ geschuldet | |
gewesen. Für Böhnhardt habe er einen neuen Reisepass beantragt, gültig bis | |
2021. Zuvor hätten ihn Mundlos und Böhnhardt bei ihrem letzten Besuch unter | |
Druck gesetzt, sagte er dem Bundeskriminalamt (BKA). Auf Nachfragen fügte | |
er hinzu, den Pass abgeholt und den dreien übergeben zu haben. | |
Doch Aussagen, die der taz vorliegen, legen nun nahe, dass in Wirklichkeit | |
Zschäpe den Pass alleine abholen kam. Am 16. Juni 2011 will ein Taxifahrer | |
in Zwickau sie um 5.30 Uhr zum Bahnhof gefahren haben, sie trug einen | |
schwarzen Kapuzenpulli und eine Sonnenbrille. Recherchen des BKA ergaben | |
zudem, dass Zschäpe zwei Tage zuvor nach einer Fahrkarte von Zwickau zum | |
Bahnhof Haste gesucht hatte. | |
Bestätigen sich diese Indizien, dann ist Zschäpe eine weitere | |
Unterstützertat, die sie allein begangen hat, zuzuschreiben. Ein Umstand, | |
den Holger G. womöglich verschleiern wollte. | |
Zschäpe ist jetzt die Hauptbeschuldigte im Verfahren gegen den | |
„Nationalsozialistischen Untergrund“. Während der 13 Jahre im Untergrund | |
soll sie das Trio „abgetarnt“ haben. Ihr wird vorgeworfen, von den 10 | |
Morden, 15 Banküberfällen und 2 Bombenanschlägen ihrer Mitstreiter nicht | |
nur gewusst, sondern diese auch aktiv unterstützt zu haben. | |
8 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Andrea Röpke | |
Andreas Speit | |
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