# taz.de -- Kommentar EU-Politik Deutschlands: Merkel füttert den Faschismus | |
> Der Erfolg griechischer Faschisten liegt auch an uns. Die Politik der CDU | |
> erinnert an die Versuche der Weimarer Republik, ihre Krisen zu | |
> bewältigen. | |
Bild: Erfolg auch wegen Deutschland? Anhänger der griechischen Partei Goldene … | |
Wer in Athen am Hauptquartier der Goldenen Morgenröte vorbeifährt, kann die | |
Augen nicht davor verschließen, dass mitten in Europa eine Partei Terrain | |
gewinnt, die offen dem Hitler-Faschismus huldigt: Über mehrere Stockwerke | |
der Fassade hängt eine rote Fahne mit schwarzer Balkensymbolik, die | |
unverhohlen an das Hakenkreuz erinnert. | |
Dass in Griechenland zum ersten Mal eine radikal neofaschistische Partei | |
knapp 7 Prozent der Stimmen erhält, hat auch etwas mit uns zu tun. Genauer: | |
mit der Politik dieser Bundesregierung und der von Kanzlerin Angela Merkel | |
(CDU), die meint, mit radikalen Spardiktaten und der Wettbewerbspeitsche | |
sei Europa zu heilen. | |
In Griechenland hat das dazu geführt, dass Parteien der Mitte wie die | |
sozialdemokratische Pasok, die die Sparpolitik im Parlament mit | |
durchgesetzt hat, mittlerweile fast in der Versenkung verschwunden sind. | |
Das alte Griechenland, bis 2008 ein Hort großer parteienpolitischer | |
Stabilität und ohne nennenswerte Vorlieben für faschistische Gruppierungen, | |
existiert nicht mehr. | |
Wenn bei den nächsten Wahlen die Pasok aus dem Parlament fliegen sollte, | |
könnte die regierende konservative Nea Dimokratia (ND) darum nur noch die | |
Goldene Morgenröte vorfinden, die mit ihr koalieren will. Hierzulande | |
erscheinen solche Gedankenspiele als absurd. In Griechenland sind das | |
realistische politische Szenarien. | |
## Erinnerungen an Weimarer Republik | |
Diese Entwicklung erinnert fatal an die Weimarer Republik. Damals | |
resultierte der Aufstieg der NSDAP nicht einfach aus der galoppierenden | |
Inflation, die es bis 1923 gab, oder der schweren Weltwirtschaftskrise von | |
1929, wie immer wieder verkürzt behauptet wird. Sondern aus der | |
spezifischen Bearbeitung dieser schweren Krisen. | |
Nachdem die Krise von 1929 ein riesiges Loch in den Staatshaushalt gerissen | |
hatte, gewann, gestützt durch mächtige Kapitalfraktionen und ordoliberale | |
Staats- und autoritäre Rechtstheoretiker, eine Politik die Oberhand, die | |
eine rabiate Sparpolitik forcierte. Zu deren Durchsetzung wurde die bereits | |
in Gang gesetzte Aushöhlung der demokratischen Elemente der Weimarer | |
Reichsverfassung beschleunigt. | |
Reichskanzler Heinrich Brüning verabschiedete ab 1930 in nur zwei Jahren | |
mithilfe von Notverordnungen vier große Spar- und Deflationsprogramme. Er | |
erklärte diese Politik zum Prüfstein „für die Lebensfähigkeit des | |
parlamentarischen Systems“. Anträge der Opposition zur Aufhebung dieser | |
Verordnungen scheiterten regelmäßig an der gleichfalls oppositionellen SPD, | |
die Neuwahlen und damit ein weiteres Erstarken von Hitlers NSDAP fürchtete. | |
Genutzt hat es nichts: Die Folgen der Sparpakete und installierten | |
Schuldenbremsen waren verheerend und trieben der NSDAP weitere Wähler zu. | |
Das Übrige besorgte eine Politik, die demokratische und parlamentarische | |
Rechte in wenigen Jahren zerrieben hatte. | |
## Mehr vom Alten | |
Geschichte wiederholt sich nicht einfach. Aber die Erfahrungen der Weimarer | |
Republik helfen zu verstehen, unter welchen Voraussetzungen Autoritarismus | |
und Neofaschismus gedeihen. | |
Wer also ein friedliches und demokratisches Europa verteidigen will, muss | |
Angela Merkel abwählen. Der einzige berechtigte Einwand dagegen lautet: | |
Rot-Grün wird es kaum besser machen. | |
Deren Schizophrenie, die Bundeskanzlerin für die Zerstörung Europas zu | |
geißeln, aber aus „europapolitischer Verantwortung“ für Schuldenbremse und | |
Fiskalpakt mitzustimmen, lässt in der Tat nichts Gutes erwarten. Trotzdem: | |
Mit Rot-Grün, besser noch Rot-Rot-Grün, gäbe es zumindest ein kleines | |
window of opportunity für eine neue Politik. Mit der CDU gibt es nur mehr | |
vom Alten. | |
9 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
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