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# taz.de -- Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Asmae muss schwimmen gehen
> Eine 13-jährige Muslimin scheitert vor Gericht mit dem Versuch, sich vom
> Schwimmunterricht befreien zu lassen. Ein Ganzkörperanzug sei zumutbar.
Bild: Asmae A. nahm mit einem schwarzem Kopftuch bekleidet an der Verhandlung t…
LEIPZIG taz | Muslimische Mädchen können sich in Deutschland nicht mehr aus
religiösen Gründen vom Schwimmunterricht ihrer Schule befreien lassen. Mit
diesem Grundsatzurteil änderte das Bundesverwaltungsgericht seine bisherige
Rechtsprechung aus dem Jahr 1993. Damals gab es allerdings noch keine
korankonformen Badeanzüge, sogenannte Burkinis.
Geklagt hatte die heute 13-jährige Asmae A. aus Frankfurt am Main, die ein
Kopftuch trägt. Sie nimmt seit zwei Jahren nicht mehr am Schwimmunterricht
ihrer Schule teil. Die Kleidervorschriften des Koran verböten ihr, sich den
KlassenkameradInnen im Badenanzug zu zeigen, lautete ihre Begründung.
Sie berief sich dabei auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von
1993, das eine Befreiung vom Schwimmunterricht vorsieht, wenn der Konflikt
zwischen Religionsfreiheit und schulischem Erziehungsauftrag unlösbar ist.
A.s Frankfurter Gymnasium und die hessischen Verwaltungsgerichte
akzeptierten das alte Urteil aber nicht. Sie verwiesen darauf, dass es
jetzt Burkinis aus Elastan gebe, die den Körper, Arme, Beine und Haare
bedecken, aber beim Schwimmen kaum behindern. So sei dem Mädchen der
Schwimmunterricht zumutbar.
## Burkini unzumutbar
Doch Asmae A., Tochter von marokkanischen Eltern, ging in die Revision. Ihr
Anwalt Klaus Meissner argumentierte, dass das Tragen eines Burkini
unzumutbar sei. „Damit wird das Mädchen stigmatisiert und ausgegrenzt“,
sagte er. Außerdem sei es Asmae aus religiösen Gründen auch nicht möglich,
leicht bekleidete Jungs anzuschauen. Solange die Schule den
Schwimmunterricht nicht nach Geschlechtern getrennt anbiete, müsse Asmae
daher von den gemeinsamen Schwimmstunden ihres Gymnasiums befreit werden,
argumentierte der Anwalt.
Damit hatte Meissner beim Bundesverwaltungsgericht jedoch keinen Erfolg.
Die Richter hielten das Tragen eines Burkini für zumutbar. „Wer eine
zumutbare Ausweichmöglichkeit ausschlägt, hat keinen Anspruch auf Befreiung
vom Schwimmunterricht“, erklärte der Vorsitzende Richter Werner Neumann zur
Begründung.
Den Anblick leichtbekleideter junger Männer könne man im Sommer, aber auch
in der Werbung „in unserem Kulturkreis“ kaum vermeiden, sagte Neumann
weiter. „Religiöse Tabuisierungsvorstellungen können sich deshalb auch in
der Schule nicht durchsetzen“, erklärte Richter Neumann.
## Schule muss nicht koedukativ sein
Rechtsanwalt Klaus Meissner zeigte sich mit der Entscheidung unzufrieden. „
Die Koedukation gehört nicht zum Kernbereich des staatlichen
Bildungsauftrags, da hätte die Religionsfreiheit eigentlich Vorrang haben
müssen.“
Erst im Januar hatten die Richter des Bundesverwaltungsgerichts den Bau
eines neuen Jungengymnasiums in Brandenburg akzeptiert. In der Verhandlung
stellten die Richter jedoch klar. „Zwar muss Schule nicht koedukativ sein.
Aber wenn sich der Schulträger für koedukativen Unterricht entschieden hat,
kann nicht eine einzelne Schülerin erzwingen, dass getrennt unterrichtet
wird.“
Asmae A. nahm mit einem schwarzem Kopftuch bekleidet an der Verhandlung
teil. Nach ihrer Niederlage sagte die Schülerin, sie akzeptiere das Urteil,
allerdings werde sie auch weiterhin nicht am Schwimmunterricht teilnehmen.
„Die können mich nicht dazu zwingen.“ (Az.: 6 C 25.12)
11 Sep 2013
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Bundesverwaltungsgericht
Leipzig
Urteil
Schwimmunterricht
Burkini
Islam
EGMR
Kopftuch
Burkini
Religion
Burkini
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