| # taz.de -- 20 Jahre Oslo-Abkommen: Viele Worte, kein Fortschritt | |
| > Israel und die PLO schienen dem Frieden 1993 sehr nah zu sein. Heute | |
| > verhandeln sie immer noch über die gleichen Konfliktpunkte. | |
| Bild: Historischer Händedruck mit durchwachsenen Folgen. | |
| JERUSALEM taz | Nabil Shaath hegt keine Zweifel: Mit dem Mord an Israels | |
| einstigem Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin starb auch der Friedensprozess. | |
| Shaath, Funktionär der PLO (Palästinensische Befreiungsbewegung), | |
| Exaußenminister und Friedensdelegierter, „mochte Rabin lieber als Schimon | |
| Peres“, der im November 1995 die Nachfolge des ermordeten Regierungschefs | |
| antrat. Rabin und der frühere PLO-Chef Jassir Arafat hätten es schaffen | |
| können, glaubt Shaath. | |
| Wenn die internationalen Bedingungen passen, und die richtige Regierung an | |
| der Macht ist, dann sei auch heute, genau wie am 13. September 1993, als | |
| sich Israel und die Palästinenser mit der Osloer Prinzipienerklärung zur | |
| Zweistaatenlösung verpflichteten, Frieden möglich. | |
| Auch Jossi Beilin, ehemals israelischer Außenminister und der „Architekt | |
| von Oslo“, glaubt, dass bis zum damals festgelegten Stichtag 4. Mai 1999 | |
| ein Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern unterzeichnet | |
| worden wäre, hätte nicht der jüdische Extremist Igal Amir seinen | |
| mörderischen Plan gegen Rabin umsetzen können. Um Frieden zu ermöglichen, | |
| müssten die Extremisten im Zaum gehalten werden, mahnt Beilin. „Auf beiden | |
| Seiten gibt es Feinde des Friedens.“ | |
| 20 Jahre nach Beginn des Prozesses und 19 Jahre nachdem Rabin, Peres und | |
| Arafat mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurden, verhandeln Israelis | |
| und Palästinenser über dieselben Konfliktpunkte wie damals. Seit Ende Juli | |
| zerbrechen sich die Delegierten erneut den Kopf über Grenzen, Jerusalem, | |
| Flüchtlinge und Siedlungen. Viel von dem, was hinter verschlossenen Türen | |
| stattfindet, dringt nicht an die Öffentlichkeit. „Es geht nicht voran“, | |
| ließ ein Berater des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas jüngst | |
| durchsickern und zog sich für diese Indiskretion scharfe Kritik in Israel | |
| zu. | |
| ## Keine Zwischenlösungen mehr | |
| Shaath, der anlässlich des Friedensjubiläums Journalisten nach Ramallah | |
| lud, lacht bitter. „Natürlich gibt es bei den Verhandlungen keine | |
| Fortschritte“, sagt er. Man müsse nur Regierungschef Benjamin Netanjahu und | |
| seinem Koalitionspartner, Naftali Bennett, dem Chef der nationalreligiösen | |
| Partei Jüdisches Heim, zuhören. „Diese Leute glauben nicht an zwei Staaten, | |
| nicht an ein Rückkehrrecht für Flüchtlinge und nicht an den Abzug aus dem | |
| Jordantal.“ | |
| Oded Eran, Chef der israelischen Verhandlungsdelegation, die im Sommer 2000 | |
| in Camp David mit der PLO verhandelte und der heute zum Team des Tel Aviver | |
| Instituts für Nationale Sicherheitsstudien gehört, hält ein „neues | |
| Paradigma“ für sinnvoll. Um die Lage auch ohne Friedensabkommen zu | |
| beruhigen, solle eine Interimslösung angestrebt werden. Genau davon wollen | |
| die Palästinenser nichts wissen. | |
| „Temporäre Grenzen bedeuten, dass der Siedlungsbau fortgesetzt wird“, | |
| fürchtet Shaath. Das Problem, erklärt er, „war, dass Israel nie den | |
| Verpflichtungen nachkam, und dass die USA ihre Garantien nicht einhielten“. | |
| Mit Interimsabkommen machten sich die Palästinenser zu sehr „von | |
| internationalen Entwicklungen abhängig“. Ein Grund dafür, dass der | |
| Oslo-Prozess scheiterte, sei der Wechsel im Weißen Haus 2001 gewesen. Nach | |
| dem Ende der Ära Bill Clinton kümmerten sich die USA über Jahre kaum noch | |
| um den Frieden. Nie wieder werde die PLO deshalb Zwischenlösungen | |
| zustimmen. | |
| ## Ernsthafte Zusammenarbeit | |
| Sechs, höchstens neun Monate soll die aktuelle Verhandlungsrunde dauern. | |
| Wenn bis zum April 2014 keine Einigung erreicht ist, will die PLO den Kampf | |
| um die Selbstbestimmung auf internationaler Bühne fortsetzen. „Niemand kann | |
| uns verbieten, einen gewaltlosen Kampf zu führen“, sagt Shaath, der es als | |
| „absurd“ empfindet, wenn die USA den Palästinensern mit Sanktionen drohen, | |
| weil sie vor die UNO ziehen. Kein Abkommen unterbinde diesen Schritt, | |
| gleichzeitig „baut Israel eifrig weiter Siedlungen und verstößt damit gegen | |
| die Vereinbarungen, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen“. | |
| Beide Parteien müssten gleichberechtigter sein, die Politik von zweierlei | |
| Maß ein Ende haben. So düster die Aussichten seien, so wolle die PLO „doch | |
| ernsthaft mit Kerry zusammenarbeiten“, verspricht Shaath. Beide Völker, | |
| betont Beilin, würden ein Abkommen für zwei Staaten mehrheitlich | |
| unterstützen. „Es scheint, als wollte die israelische und die | |
| palästinensische Öffentlichkeit den Frieden mehr als ihre | |
| Regierungspolitiker.“ | |
| 13 Sep 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Knaul | |
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