# taz.de -- Nahost-Friedensgespräche: Spiel mit Hoffnungen in der Region | |
> Was, wenn die Friedensverhandlungen scheitern? Dann könnte die Hamas der | |
> eigentliche Sieger von Annapolis sein. Syrien würde in den iranischen | |
> Schoß zurückkehren. | |
Bild: Flagge schwenken für den "Gipfel der niedrigen Erwartungen" in Annapolis | |
KAIRO taz Israelischer Premier und Palästinenserpräsident reichen sich die | |
Hand. Der US-Präsident sagt, dass nur ein unabhängiger palästinensischer | |
Staat dazu führen werde, dass Palästinenser in Freiheit und Würde und die | |
Israelis in Frieden mit ihren Nachbarn leben. Am Ende steht das öffentliche | |
Versprechen, Friedensverhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss zu | |
bringen. Vorhang zu. | |
Irgendwo haben wir das alles schon einmal gesehen und gehört. Vor 14 Jahren | |
hielten der damalige US-Präsident Bill Clinton, der seitdem ermordete | |
israelische Premier Jitzhak Rabin und der inzwischen verstorbene | |
Palästinenserpräsident Jassir Arafat bei der Unterzeichnung des Osloer | |
Friedensabkommens im Rosengarten des Weißen Hauses fast wortwörtlich die | |
gleichen Reden. Damals hatten sie vereinbart, binnen fünf Jahren eine | |
endgültige Zwei-Staaten-Lösung auszuhandeln. | |
In der Region selbst ist heute die Skepsis groß, warum diesmal | |
funktionieren soll, was bislang stets scheiterte. Übrigens mit einer | |
bemerkenswerten Übereinstimmung zwischen arabischen und israelischen | |
Medien. "Der Gipfel der niedrigen Erwartungen", wurde Annapolis von beiden | |
Seiten getauft. Dass es Israelis und Palästinenser in der fast | |
zweimonatigen Vorbereitung zu Annapolis nicht geschafft haben, sich auf | |
grundlegende Prinzipien für die zukünftigen Verhandlungen zu einigen, | |
spricht Bände. In der gemeinsamen Erklärung wurden dann alle ungelösten | |
Kernfragen ausgeklammert: Die Zukunft der jüdischen Siedlungen, die | |
endgültigen Grenzen eines Staates Palästina, der Status Jerusalems und die | |
Flüchtlingsfrage wurden in Annapolis nur von Abbas vorgebracht - sozusagen | |
als dessen persönliche unverbindliche Wunschliste für den bevorstehende | |
Prozess. | |
Optimistisch mag nur stimmen, dass alle Seiten Annapolis mit dem sicheren | |
Wissen verlassen haben, dass selbst der jetzige miserable Status quo nicht | |
zu halten ist und sich der Abwärtstrend der gesamten Region nur noch durch | |
einen Nahost-Masterplan stoppen lässt. | |
"Die Zeit ist reif, da wir gerade einen Kampf um die Zukunft des Nahen | |
Ostens erleben - wir dürfen das Feld nicht den Extremisten überlassen", | |
rechtfertigte Bush seine Initiative. Seine Sorge ist berechtigt. Das | |
Problem dabei ist, dass die jetzt durch Annapolis vage eröffneten | |
Gelegenheiten schnell umschlagen können. | |
Abbas sitzt zu Hause die Hamas im Nacken, und die ganze arabische Welt | |
erlebt derzeit einen Wettstreit zwischen zwei Konzepten. Abbas und die | |
arabischen Regierungen in Kairo, Amman und Riad glauben mit Verhandlungen | |
die Lage der arabischen Welt verbessern zu können. Selbst Damaskus hat sich | |
dem in Annapolis zögernd angeschlossen - mit der Hoffnung, auf diesem Wege | |
die 1967 von Israel besetzten syrischen Golanhöhen zurückzubekommen. Auf | |
der anderen Seite propagieren Hamas, die Hisbollah und der Iran das Konzept | |
des "Widerstandes". Nun steht die "Achse der Verhandlungen" gegen die | |
"Achse des Widerstandes". | |
Die Rechnung ist einfach: Wenn Abbas und die ihn unterstützende Arabische | |
Liga mit ihrem Ansatz von Verhandlungen erneut leer ausgeht - dann heißt | |
der klare Sieger von Annapolis Hamas. Syrien wird dann wieder in den | |
iranischen Schoß zurückkehren. Die arabischen Anwälte der Verhandlungen | |
hätten den Kämpfern des Widerstandes nichts mehr entgegenzusetzen. Das wäre | |
dann der Preis, würde jetzt erneut im anvisierten Annapolis-Prozess mit den | |
Hoffnungen der Region gespielt - etwa um vor dem Ende der Amtszeit Bushs | |
noch ein amerikanisch-arabisches Bündnis gegen den Iran zu schmieden. | |
Hoffentlich bleibt von der gemeinsamen israelisch-palästinensischen | |
Erklärung kein schulzeugnisreifes niederschmetterndes Urteil: "Sie haben | |
sich aufrichtig bemüht." | |
29 Nov 2007 | |
## AUTOREN | |
Karim Gawhary | |
Karim El-Gawhary | |
## TAGS | |
Israel | |
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