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# taz.de -- Nahost-Gipfel in Annapolis: Gräben voller Misstrauen
> Unter dramatischen Umständen einigten sich Palästinenserpräsident Abbas
> und Israels Premier Olmert auf eine Erklärung. Was ist die
> Willensbekundung wert?
Bild: Drei Männer, eine Erklärung: Israels Premier Olmert, US-Präsident Bush…
Die in Annapolis demonstrierte Hoffnung auf ein Gelingen neuer
Friedensverhandlungen trügt nicht darüber hinweg, dass auf beiden Seiten
der Konfliktpartner tiefes Misstrauen besteht. Von Zweifeln und Zögern
sprach Israels Premierminister Ehud Olmert während des internationalen
Treffens. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas betonte die israelischen
Verpflichtungen, die in den Jahren von Verhandlungen nicht eingehalten
wurden, allen voran die Einfrierung des Siedlungsbaus. Die politischen
Protagonisten hielten keinerlei Lösungen für den von der Hamas beherrschten
Gazastreifen parat, an dem sich der zurzeit abgekühlte blutige Konflikt
täglich neu entfachen kann. Möglicherweise sogar noch, bevor am 12.
Dezember die israelischen und palästinensischen Arbeitsgruppen ihre Mission
aufnehmen.
Erst vor vier Jahren hatte Abbas während des Gipfels in Akaba, wo Israel
und die Palästinenser gemeinsam den internationalen Friedensplan "Roadmap"
unterzeichneten, das Ende von Terror und Gewalt angekündigt. Nur wenige
Monate später ließ er einen Plan zur schrittweisen Entwaffnung der
militanten Widerstandsgruppen in der Schublade verschwinden, ignorierte
Demonstrationen der Polizei, die seine Rückendeckung zum Kampf gegen die
Anarchie forderten, und erstickte partei-interne Ansätze zur Auflösung der
Fatah-nahen Terrorgruppe Al-Aksa-Brigaden im Keim. Abbas hat im Kampf gegen
den Terror vergeblich auf den innerpalästinensischen Dialog gesetzt.
Die gewaltvolle Zerschlagung der Demonstration der Friedensgegner am
Dienstag in Hebron, wo ein Palästinenser starb und zwölf weitere verletzt
wurden, mag eine fortan härtere Vorgehensweise der palästinensischen
Führung indizieren. In Israel bleiben dennoch Zweifel daran, ob Abbas
allein im Westjordanland für Sicherheit garantieren kann. "Wir dürfen uns
keinen Illusionen hingeben", warnte der ehemalige Chef des militärischen
Abwehrdienstes, General Aharon Seewi Farkasch. "Das Westjordanland wird von
der Israelischen Verteidigungsarmee unter Kontrolle gehalten." An den
Möglichkeiten der palästinensischen Sicherheitsdienste, für Ruhe und
Ordnung zu sorgen, habe sich "nichts verändert".
Dem israelischen Bedürfnis nach Sicherheit gegenüber steht die
palästinensische Forderung auf ein Ende der fortgesetzt expandierenden
Besatzung. Seit Beginn des Friedensprozesses 1993 in Oslo hat sich die Zahl
der Wohneinheiten in den jüdischen Siedlungen nahezu verdoppelt. "Ich bin
von Olmerts Ernsthaftigkeit überzeugt", meinte Abbas noch im Vorfeld von
Annapolis, nur ob der israelische Premier sein Versprechen, den
Siedlungsbau einzufrieren, auch halten kann, steht auf einem anderen Blatt.
Vorläufig wollen die rechten Partner nicht die Koalition Olmerts verlassen,
auch wenn der Premier seinen Plan zur Auflösung der sogenannten
Siedlervorposten wahrmachen sollte. Bedingung des rechtsnationalen Avigdor
Liebermann und der orientalisch-religiösen Schass ist der sofortige Stopp
des Raketenbeschusses aus dem Gazastreifen. "Wir fordern die Zerstörung der
Hamas im Gazastreifen", brachte es Liebermann auf eine simple Formel.
Olmert zöge es, seiner Rede in Annapolis nach zu schließen, vor, wenn Abbas
diese Aufgabe übernehmen würde, was vorläufig Illusion ist. Seit Wochen
spricht Israels Verteidigungsminister Ehud Barak von einer "umfassenden
Militäroperation, die täglich näher rückt". Tatsächlich ist die Armee
längst im Gange. Allein diese Woche starben acht Palästinenser bei
israelischen Militäreinsätzen im Gazastreifen.
"Der Widerstand gegen die Besatzung wird mit allen Mittel fortgesetzt
werden", kündigte Sami Abu Suhri, ein Sprecher der Hamas im Gazastreifen an
und nannte Präsident Abbas einen "Verbrecher". Noch reduziert die Hamas
ihren Kampf auf die hausgemachten Raketen, die sie aus dem Gazastreifen
abschießt. Nach manchen Äußerungen der Hamas ist es indes nur eine Frage
der Zeit, bis ein aus dem Westjordanland lancierter Selbstmordanschlag der
Ruhe wieder ein Ende setzt.
29 Nov 2007
## AUTOREN
Susanne Knaul
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