| # taz.de -- Schweizer Untersuchungsbericht: Doch Polonium in Arafats Körper | |
| > Mord nicht ausgeschlossen: Radiophysiker haben im Leichnam des ehemaligen | |
| > Palästinenserführers eine hohe Dosis des tödlichen Polonium 210 gefunden. | |
| Bild: Palästinenser erinnern an den Todestag von Jassir Arafat. | |
| JERUSALEM taz | Ein Team von Radiophysikern von der Universität in Lausanne | |
| hält die Ermordung des früheren Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat | |
| nicht für ausgeschlossen. Unter Berücksichtung der zeitliche Verzögerung | |
| und der Untersuchung mehr als acht Jahre nach dem Tod Arafats, sowie der | |
| Beschaffenheit der Untersuchungsobjekte, „unterstützt das Ergebnis bedingt | |
| („moderately“) die Aussage, dass der Tod Konsequenz einer Vergiftung mit | |
| Polonium 210 war“, heißt es vorsichtig im Untersuchungsbericht. | |
| Die an persönlichen Gegenständen und Körperproben ausgeführten Tests | |
| ergaben „unerwartet große Mengen von Polonium 210“. Vor gut zwei Wochen | |
| hatte ein russisches Expertenteam jede Möglichkeit einer Vergiftung | |
| ausgeschlossen. Die Körperproben hätten keine Spuren des tödlichen Gifts | |
| aufgewiesen, hieß es in dem Bericht aus Moskau.Die Ergebnisse einer dritten | |
| Untersuchung, die derzeit in Frankreich vorgenommen wird, steht noch aus. | |
| Der katarische Fernsehsender [1][Al Jazeera veröffentlichte den 108 Seiten | |
| umfassenden Bericht am Mittwochabend im Internet]. | |
| Eine im vergangenen Jahr ausgestrahlte Dokumentation des Senders hatte | |
| schließlich den Anlass für die Exkumierung von Arafats Leiche im | |
| vergangenen Februar gegeben. Der Film geht bereits auf | |
| Untersuchungsergebnisse des „L´Institut de radiophysique“ an der | |
| Universität von Lausanne ein. Die Schweizer Experten fanden seinerzeit an | |
| Arafats Zahnbürste, seiner Unterwäsche und dem Krankenhauskäppi eine | |
| vergleichbar hohe Poloniummenge, wie sie 2006 den russischen Regimekritiker | |
| Alexander Litwinenko ums Leben brachte. | |
| Arafats Witwe Soha hatte die Untersuchung vorangetrieben, dabei war sie es | |
| selbst, die unmittelbar nach dem Tod ihres Mannes eine Autopsie ablehnte. | |
| Palästinensischen Pathologen wollte die Hinterbliebene nicht vertrauen. Das | |
| Verhältnis zwischen der Familie Arafat und der palästinensischen Führung | |
| war sehr angespannt, was sich in Arafats letzten Lebenswochen noch | |
| verschärfte. Eine Delegation hoher palästinensischer Politiker, die nach | |
| Frankreich flog, wo Arafat zuletzt behandelt wurde, nannte Soha „eine | |
| Bande, die nach Paris kommen will, um Arafats Erbe zu erschleichen“. | |
| ## Frage nach dem Täter | |
| Mit den jüngsten Ergebnissen aus der Schweiz und dem sich verdichtenden | |
| Verdacht, dass der legendäre PLO-Chef keines natürlichen Todes gestorben | |
| ist, bleibt unverändert die Frage nach dem Täter unbeantwortet. Die | |
| palästinensische Führung hielt von Anfang an Israel für den „Mord“ | |
| verantwortlich. Problematisch war, dass die zahlreichen Untersuchungen an | |
| dem Patienten Arafat zu keiner klaren Diagnose führte. | |
| Auf diese Tatsache nimmt auch der Untersuchungsbericht aus Lausanne Bezug. | |
| Arafat habe am Abend des 12. Oktober 2004 unter „akuten | |
| Magen-Darm-Symptomen“ gelitten, die einen Monat später zu seinem Tod | |
| führten. Die anfänglichen Symptome und anschließende „schrittweise | |
| Verschlechterung des Gesamtzustands“ ginge laut Bericht mit der „Aufnahme | |
| großer Mengen von Radioaktivität“ zusammen. | |
| Die Schweizer Radiophysiker unterstreichen ihre Untersuchungen mit einer | |
| detaillierten Auflistung der Gegenstände und Körperproben, Erklärungen zur | |
| Vorgehensweise sowie eine Liste von Argumenten für und wider die Mordthese | |
| durch Polonium 210. Die Tatsache, dass „nicht alle Symptome akuter | |
| Radioaktivität“, wie Haarausfall, vorhanden gewesen seien, spreche gegen | |
| eine Vergiftung. Ferner blieben die „akuten Verdauungssymptome ungeklärt“. | |
| Die Experten betonen, dass nur „sehr wenig wissenschaftliche Literatur“ zur | |
| akuten Kontaktaufnahme mit Polonium 210 existiere. Zu dem Tod von | |
| Litwinenko sei „keine offizielle Dokumentation verfügbar“. | |
| 1 Jan 1970 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.aljazeera.com/investigations/killing-arafat/swiss-forensic-repor… | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Knaul | |
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