# taz.de -- Weltmächte begrüßen Syrien-Plan: Obama droht erneut mit Militär… | |
> Auch Frankreich, China und Großbritannien begrüßen den US-russischen Plan | |
> zur Vernichtung des syrischen Giftgaslager. Aber: viele Fragen sind noch | |
> offen. | |
Bild: Der von John Kerry (l.) und Sergej Lawrow (r.) ausgehandelte Syrien-Plan … | |
GENF/BEIRUT rtr | Die amerikanisch-russische Vereinbarung zur Zerstörung | |
der syrischen Chemiewaffen ist von den Weltmächten begrüßt worden, auch | |
wenn der Plan viele Fragen offen lässt. Selbst in US-Kreisen wurde am | |
Wochenende eingeräumt, dass der aufgestellte Zeitplan ehrgeizig sei. | |
Zwischen den USA und Russland bestand weder Einigkeit darüber, wie viele | |
syrische Anlagen untersucht werden müssen, noch was für Strafen der | |
Regierung in Damaskus drohen, wenn sie die Vorgaben nicht einhält. | |
Die für eine Vernichtung zuständige Organisation für das Verbot von | |
Chemiewaffen (OPCW) hat noch nie Giftgas über Staatsgrenzen transportiert | |
oder gar in einem Kriegsgebiet gearbeitet. Die US-Regierung betonte, ein | |
Militärschlag im Alleingang sei noch nicht vom Tisch. | |
US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow | |
hatten am Samstag in Genf nach dreitägigen Verhandlungen einen Zeitplan | |
festgezurrt. Dieser sieht unter anderem vor, dass Syrien binnen einer Woche | |
eine umfassende Auflistung über Zahl und Art seiner Giftgas-Waffen vorlegen | |
muss. Ziel ist die Zerstörung aller syrischen Chemiewaffen bis Mitte 2014. | |
Während Kerry erklärte, die UN müsse bei einem Verstoß gegen die Auflagen | |
Konsequenzen nach Artikel 7 der UN-Charta ziehen, wies Lawrow darauf hin, | |
dass dies nur als Möglichkeit vereinbart worden sei. Artikel 7 behandelt | |
Sanktionen und Militäraktionen. Die UN gaben bekannt, dass Syrien im | |
kommenden Monat in die Internationale Chemiewaffen-Konvention aufgenommen | |
werde. | |
## „Ziele aber keine Fristen“ | |
Aus US-Kreisen verlautete, die Aufgabe der Inspektoren sei „gelinde gesagt | |
gewaltig“. Ein anderer US-Regierungsvertreter bemerkte, es gebe in der | |
Vereinbarung „Ziele, aber keine Fristen“. | |
Zwar seien sich die USA und Russland einig, dass Syrien wohl über etwa | |
1.000 Tonnen Kampfstoff und Vorläufer-Substanzen verfüge, sagten | |
Mitarbeiter von Kerry. Uneinig sei man sich jedoch bei der Frage, wie viele | |
Anlagen untersucht werden müssten. Die USA gehen den Kreisen zufolge von 45 | |
aus. | |
Unklar blieb zudem, wie die Kontrollen in einem Kriegsgebiet erfolgen | |
sollen. Einige Rebellen machten umgehend klar, dass sie nicht an eine | |
Kooperation denken. | |
## „Zur Hölle mit dem Plan“ | |
„Zur Hölle mit dem Kerry-Lawrow-Plan“, sagte Kassim Saadeddine vom Obersten | |
Militärrat der Nachrichtenagentur Reuters in Istanbul. „Wir lehnen ihn ab | |
und werden nicht die Inspektoren schützen oder sie nach Syrien | |
hineinlassen.“ | |
Die US-Regierung geht Insidern zufolge davon aus, dass sich die | |
Chemiewaffen in Gebieten befinden, die von den Truppen von Präsident | |
Baschar al-Assad kontrolliert werden. | |
Andere Anführer der Rebellen erklärten dagegen, sie würden die Inspektoren | |
ins Land lassen. Allerdings zeigten auch sie sich enttäuscht. „Es wurde ein | |
Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen“, sagte der Chef des | |
Militärrats, General Selim Idris. Trotzdem sei nun keine Rede davon, | |
jemanden zur Rechenschaft zu ziehen. | |
Die syrische Armee habe in den vergangen Tagen ohnehin damit begonnen, | |
einige der Chemiewaffen in den Libanon und Irak zu bringen. Syriens | |
Luftwaffe griff am Wochenende wieder Stellungen der Aufständischen in | |
Damaskus an. | |
Außerhalb Syriens stieß der Kerry-Lawrow-Plan fast einhellig auf | |
Zustimmung. Die Regierungen der drei übrigen Veto-Mächte Großbritannien, | |
Frankreich und China begrüßten sie. Bundeskanzlerin Merkel sagte, jetzt | |
müssten den Worten Taten folgen. | |
## „Diplomatische Sackgasse“ | |
Der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani nannte die Vereinbarung | |
ein Anzeichen für die Vernunft der USA. Israel zeigte sich zurückhaltend. | |
Scharfe Kritik kam aus dem US-Kongress. Die republikanischen Senatoren John | |
McCain und Lindsey Graham sprachen von „einer diplomatischen Sackgasse“, in | |
die Assad und der russische Präsident Wladimir Putin die Regierung von | |
Barack Obama geführt hätten. | |
Obama selbst begrüßte die Einigung. „Bei einem Scheitern der Diplomatie | |
sind die USA nach wie vor bereit zu handeln“, warnte er jedoch. Das | |
US-Militär teilte mit, man sei weiterhin zu einem Angriff bereit. | |
Die USA machen Assad für einen mutmaßlichen Giftgas-Angriff auf Zivilisten | |
am 21. August bei Damaskus verantwortlich, bei dem rund 1.400 Menschen | |
getötet worden sein sollen. Am Montag wird ein Bericht von UN-Experten zu | |
dem Angriff erwartet. | |
15 Sep 2013 | |
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