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# taz.de -- Griechische Reformpolitik: Brüssel regiert in Athen mit
> Der Rettungsfonds ESM mischt sich in Griechenland immer stärker ein und
> fordert eine raschere Privatisierung. Damit hat er eine Rolle, die nie
> vorgesehen war.
Bild: Ausverkauf zum Schleuderpreis? Hoffentlich nicht die antiken Statuen im A…
BRÜSSEL taz | Plötzlich soll alles ganz schnell gehen in Griechenland.
Schon im nächsten Jahr werde die Rezession überwunden sein, sagte Premier
Antonis Samaras am Dienstag bei einem Besuch in Brüssel. Dann könne Athen
endlich vom verhassten Sparkurs Abschied nehmen. Im Gegenzug versprach
Samaras, die Strukturreformen voranzutreiben und die Privatisierung von
Staatsbesitz zu beschleunigen.
Damit reagierte der konservative Politiker auf Druck aus ungewohnter
Richtung: Der in Luxemburg ansässige Eurorettungsfonds ESM regiert immer
stärker in die griechische Politik hinein – dabei war das so nie geplant.
Denn der ESM, der von dem Deutschen Klaus Regling geleitet wird, ist zur
Finanzierung der milliardenschweren Hilfsprogramme für klamme Euroländer
gegründet worden.
Doch seit einiger Zeit kümmert er sich auch um Reformen in Krisenländern
wie Griechenland, Zypern oder Spanien. Beim nächsten Besuch der
umstrittenen internationalen Troika in Athen, der Freitag beginnen soll,
könnte der ESM sogar eine Schlüsselrolle spielen.
Die ESM-Experten haben nämlich einen brisanten Auftrag: Sie sollen die
schleppende Privatisierung von staatlichen Immobilien in Griechenland
vorantreiben. „Hauptsächlich sollen die Immobilien für Investoren
attraktiver werden und dadurch mehr Geld einbringen“, sagte ein Sprecher in
Luxemburg. Er bestätigte auch, dass der ESM der Troika einen Bericht zur
Privatisierung vorgelegt hat.
Was genau in diesem internen Bericht steht, wollte er nicht sagen. Wie die
taz aus Brüsseler EU-Kreisen erfuhr, wurde zumindest in einem frühen
Entwurf des ESM-Papiers gefordert, dass Griechenland die Privatisierung an
eine externe Holding in Luxemburg auslagern soll.
## Wird der ESM eines Tages den IWF ersetzen?
Zwar ruderte der ESM zurück, nachdem die brisante Forderung durchgesickert
war. Nun sei von einer Auslagerung nicht mehr die Rede. „Wenn die Holding
gegründet werden sollte, so würde sie ihren Sitz in Griechenland haben und
der griechischen Regierung gehören“, betonte der ESM-Sprecher.
Doch mit dem Besuch der Troika von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank
und Internationalem Währungsfonds in Athen könnten die Treuhand-Pläne
schnell wieder auf den Tisch kommen. Denn dort arbeiten ESM-Experten ebenso
mit wie beim Bericht für die Eurogruppe im Herbst, der über weitere Hilfen
entscheidet.
In Brüssel wird schon spekuliert, ob der ESM eines Tages den IWF ersetzen
könnte. Das weisen die Luxemburger zwar noch weit von sich, aber ihre neue
Rolle in der griechischen Innenpolitik war auch nicht vorgesehen.
Premierminister Samaras ging auf diesen Streit gestern mit keinem Wort ein.
Nach einem Treffen mit Kommissionschef José Manuel Barroso kündigte er aber
neue Strukturreformen an.
Dazu gehören auch Privatisierungen, wie Barroso betonte. „Wir brauchen mehr
Tempo“, forderte er. Ob dies einen Ausverkauf zum Schleuderpreis bedeutet,
wie viele Griechen fürchten, sagte Barroso nicht.
17 Sep 2013
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Griechenland
ESM
Antonis Samaras
Euro-Rettung
Schwerpunkt Krise in Griechenland
EU
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Griechenland
Schwerpunkt Krise in Griechenland
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