# taz.de -- Islamistische Shabaab aus Somalia: Koran und Twitter gegen Ungläub… | |
> Die Shabaab-Miliz schlägt in Kenia zu. Die Islamisten begründen das in | |
> sozialen Netzwerken – solange ihre Accounts nicht abgeschaltet werden. | |
Bild: Soldaten vor der Westgate Mall in Nairobi. | |
BERLIN taz | „Der Angriff auf Westgate Mall ist nur ein ganz winziger | |
Bruchteil dessen, was Muslime in Somalia durch kenianische Invasoren | |
erfahren“: Mit solchen Parolen übernahm die islamistische Shabaab-Miliz aus | |
Somalia am Samstagabend die Verantwortung für den Terrorangriff in Nairobi. | |
„Die Angriffe sind gerechte Rache“, hieß es, und: „Unsere Botschaft an | |
Kenias Regierung und Öffentlichkeit war und ist immer eine einzige: | |
Entfernt alle eure Truppen aus unserem Land.“ | |
Die islamistische Miliz Shabaab (Jugend) kämpft in Somalia für einen | |
islamischen Staat, seit Ende 2006 eine Militärintervention Äthiopiens die | |
kurzlebige gemäßigt-islamistische Regierung der „Union Islamischer | |
Gerichtshöfe“ in der Hauptstadt Mogadischu stürzte. Der Eingriff von | |
Somalias Erzfeind Äthiopien, einem der wichtigsten Verbündeten der USA in | |
Afrika, radikalisierte die somalischen Islamisten und trieb sie zugleich in | |
die Rolle der Landesverteidigung gegen fremde Invasoren. | |
Nachdem sich Äthiopien 2009 wieder aus Somalia zurückzog – paradoxerweise | |
zugunsten einer Regierung mit denselben Kräften, die sie zuvor gestürzt | |
hatten, nur diesmal als Teil eines internationalen Friedensprozesses. | |
Danach übernahmen die Shabaab rasch die Kontrolle über den Großteil jener | |
Regionen Somalias, die nicht bereits autonom regiert wurden. | |
Die international anerkannte Regierung, auf einen kleinen Teil von | |
Mogadischu zurückgeworfen, erhielt im Gegenzug Unterstützung von einer | |
Eingreiftruppe der Afrikanischen Union (Amisom). Diese Truppe, geführt von | |
Uganda mit Burundi als zweitgrößtem Truppensteller, ist mittlerweile über | |
17.000 Mann stark. Sie bekämpft die Shabaab aktiv, seit islamistische | |
Terroristen im Juli 2010 einen blutigen Anschlag in Ugandas Hauptstadt | |
Kampala mit 74 Toten verübten – Zuschauer bei einer Übertragung des | |
Endspiels der Fußball-WM. | |
Mittlerweile sind die Islamisten aus Mogadischu zurückgedrängt und | |
kontrollieren keine größeren Städte mehr. Der Krieg ist äußerst brutal. Die | |
Amisom soll zwischen 1.000 und 3.000 Mann verloren haben, die Opferzahlen | |
auf Seiten der Shabaab sind vermutlich höher. Formell in die Amisom | |
integriert, aber separat entsandt, kämpft das rund 5.000 Mann starke | |
Kontingent aus Kenia seit 2011 in Südsomalia. September 2012 eroberten die | |
Kenianer den Hafen Kismayo, wichtigstes Tor der Shabaab zur Außenwelt. | |
Viele Somalier unterstellen Kenia, dort mit lokalen Verbündeten eine | |
Marionettenrepublik namens „Jubaland“ errichten zu wollen. | |
## Dezentrale Terrorgruppe | |
Kenias Schläge gegen die Shabaab haben die Milizen zwar geschwächt, aber | |
nicht zerschlagen. Seit Juli nehmen Shabaab-Anschläge selbst in Mogadischu | |
wieder deutlich zu; auch in Kismayo fallen lokalen Medien zufolge jede | |
Nacht Schüsse. | |
Letzten Donnerstag warnte der somalische Analytiker Abdihakim Ainte in der | |
kenianischen Zeitung Star vor einer Wiedergeburt der Miliz als | |
internationalisierte, dezentrale Terrorgruppe statt bisher als territorial | |
verankerte Parallelregierung: „Die neue Shabaab wird vermutlich eine neue | |
Generation von Rekruten umfassen: zumeist Jugendliche, die den Westen | |
erlebt haben, seine Verwundbarkeiten kennen, seine Sprachen sprechen und | |
vor allem der nächsten Generation gefallen.“ | |
Es sind wohl auch diese neuen Shabaab, die jetzt auf Twitter den Angriff | |
auf Westgate kommentierten. Sie bestätigten, wie die Angreifer ihre Opfer | |
in Muslime und Nichtmuslime („Kuffar“, Ungläubige) trennten und Erstere | |
laufen ließen. Knapp drei Stunden nach ihrer ersten Botschaft zu Westgate | |
wurde ihr englisches Twitter-Konto abgeschaltet. Der arabische Account lief | |
am Sonntag weiter mit Botschaften wie: „Kenianer werden den Ernst der Lage | |
nicht begreifen, bevor sie den Tod nicht sehen und spüren.“ | |
23 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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