| # taz.de -- Anton Hofreiter über die Grünen: „Niemand will zurück in die 8… | |
| > Anton Hofreiter, Kandidat für den Fraktionsvorsitz der Grünen, über das | |
| > Image der Verbotspartei, Umverteilung, Ökologie und Farbenspiele. | |
| Bild: „Wie sich die Grünen für das Jahr 2017 aufstellen, das entscheiden wi… | |
| taz: Herr Hofreiter, rein äußerlich könnte mancher denken, Sie sind ein | |
| Grüner direkt aus den 80er Jahren. Geht es jetzt auch programmatisch zurück | |
| zu den Ursprüngen der Partei? | |
| Anton Hofreiter: Nein, die 80er Jahre sind lange vorbei, niemand will dahin | |
| zurück. Und ich finde es äußerst schwierig, Menschen auf ihr Äußeres zu | |
| reduzieren. | |
| Okay, dann frage ich anders: Wie wollen Sie die Grünen für die Zukunft | |
| inhaltlich aufstellen, für das Jahr 2017? | |
| Die Wahl ist erst seit wenigen Tagen vorbei. Wie sich die Grünen für das | |
| Jahr 2017 aufstellen, das entscheiden wir in Ruhe. Ich kandidiere zwar für | |
| den Fraktionsvorsitz. Aber ich bin der Meinung, dass man so eine | |
| Neuaufstellung gemeinsam vornimmt. | |
| Aber eine Meinung haben Sie doch sicher dazu. | |
| Dass man uns das Image einer Verbotspartei hat umhängen können, war sicher | |
| schädlich. Wir werden damit zu tun haben, zu zeigen, dass wir im Gegenteil | |
| die Partei für Freiheit in Verantwortung sind. Bürgerrechtsfragen sind | |
| jetzt nur noch durch uns Grüne im Parlament vertreten. Wir werden zudem | |
| unser Kernthema Ökologie weiter stärken, dafür stehe ich als Biologe. Und | |
| wir sollten unseren modernen Gerechtigkeitsbegriff fortentwickeln. | |
| Wie sieht denn der Gerechtigkeitsbegriff aus? Im Wahlkampf haben die Grünen | |
| ja stark auf Umverteilung gesetzt. Das wollen die Realos jetzt | |
| zurückdrehen. | |
| Ich höre niemanden, der sagt, wir sollen das Thema Gerechtigkeit zur Seite | |
| schieben. Allerdings muss man sich genau ansehen, was beim Thema Steuern zu | |
| den Schwierigkeiten im Wahlkampf geführt hat. | |
| Ist es jetzt auf einmal falsch, Gutverdiener moderat zu belasten, um Kitas | |
| zu finanzieren? | |
| Nein. Wir haben eine Gerechtigkeitsdefizit in unserer Gesellschaft und | |
| dagegen gehen wir weiter an. Aber man muss sehr, sehr gut überlegen, ob das | |
| Steuerthema mit all seinen Details nicht eine inhaltliche Überforderung für | |
| viele Menschen war, so dass am Ende niemand wirklich wusste, ob er von | |
| unserem Konzept begünstigt oder benachteiligt sein würde. | |
| Und was wollen Sie gegen das Image der Verbotspartei tun? | |
| Keine Gesellschaft kommt ohne Regeln, Gebote und Verbote aus. Aber wir sind | |
| gegen eine staatliche Regelungswut. Zur Freiheit gehört Verantwortung. Wir | |
| setzen darauf, dass die Bürgergesellschaft viele Dinge für sich selbst | |
| regeln kann. | |
| Mit Claudia Roth und Jürgen Trittin sind jetzt die zwei zentralen Figuren | |
| der Parteilinken abgetreten. Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt, zwei | |
| Realos mit langjähriger Führungsverantwortung, drängen aber wieder in | |
| Spitzenämter. Ist das nicht eine ziemlich einseitige Erneuerung? | |
| Wir erneuern uns solidarisch und flügelübergreifend. Ich kandidiere nicht | |
| als Vertreter eines Flügels, sondern will die Fraktion als Ganzes | |
| repräsentieren. | |
| Tragen Özdemir und Göring-Eckardt keine Verantwortung für das schlechte | |
| Ergebnis? | |
| Rhetorische Frage. Natürlich tragen wir alle gemeinsam Verantwortung und | |
| müssen gemeinsam den weiteren Weg ohne Schuldzuweisungen gestalten. Daran | |
| haben auch Cem und Katrin keinen Zweifel gelassen. | |
| Die Fixierung auf Rot-Grün bietet derzeit keine Machtperspektive. Wohin | |
| sollen sich die Grünen Ihrer Meinung nach orientieren, um wieder | |
| Regierungsverantwortung zu erlangen: zu Schwarz-Grün oder zu Rot-Rot-Grün? | |
| Erst mal brauchen wir möglichst starke Grüne. Aber für mich ist klar: Wir | |
| sollten in Zukunft nicht mehr von vornherein eine Zusammenarbeit mit einer | |
| demokratisch gewählten Partei ausschließen. | |
| Das heißt, Sie fordern eine Öffnung der Grünen für Rot-Rot-Grün? | |
| Auch die CDU gehört zu den demokratischen Parteien. Aber das sind Fragen, | |
| die wir gemeinsam in der Zukunft diskutieren. Im Moment stehen | |
| Farbenspiel-Diskussion nicht an. | |
| Aber zu einem ersten Schwur kann es schon bald kommen: Die Linkspartei will | |
| den Mindestlohn im Bundestag sehr schnell zur Abstimmung stellen. Eine | |
| Mehrheit gäbe es ja. Machen die Grünen da mit? | |
| Der Mindestlohn steht bei uns im Programm. Aber was die Linke hier | |
| vorschlägt, sieht mir nicht nach seriöser Politik aus, sondern nach | |
| Effekthascherei. Den Niedriglohn-Empfängern ist ja nicht mit einer | |
| papiernen Resolution des Bundestags gedient, sondern nur mit einer | |
| gesetzlichen Garantie. | |
| Und wie stehen Sie zur anderen Machtoption? Sind Verhandlungen mit der | |
| Union überhaupt sinnvoll, nachdem sich die Parteien im Wahlkampf so | |
| bekämpft haben? | |
| Wenn wir zu Sondierungen eingeladen werden, ist es ein Gebot der | |
| demokratischen Kultur, diese Einladung anzunehmen. Doch kann ich mir | |
| angesichts der inhaltlichen Unterschiede keine Regierungsbildung mit dieser | |
| Union vorstellen. | |
| 25 Sep 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Malte Kreutzfeldt | |
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