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# taz.de -- Kommentar Tebartz-van Elst: Die Party ist vorbei
> Der Limburger Bischof Tebartz-van Elst wird wohl über seine Lügen
> stolpern. Sein Pech: Unter Ratzinger wäre er locker durchgekommen.
Bild: Wenig Licht, viel Schatten: Bischof Tebartz-van Elst
Da hat aber einer das Läuten nicht gehört – dabei war Papst Franz gleich
nach seiner Wahl, noch in der Ankleidekammer der Sixtinischen Kapelle, ganz
klar gewesen:
„Der Karneval ist vorbei“, hatte er den Zeremonienmeister seines Vorgängers
Ratzinger angeblich angeraunzt, als der ihn zur Produktpräsentation schön
rot herausputzen wollte – und wenn das nicht wahr ist, so ist es jedenfalls
gut erfunden.
Aber der Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst war offensichtlich mit seinen
Gedanken woanders: auf dem wunderschönen Limburger Domberg, bei einem
ästhetisch durchaus ansprechenden Bauprojekt, dessen Kosten sich inzwischen
auf 31 Millionen Euro belaufen sollen.
Dass der argentinische Papst nicht nur harte Worte finden, sondern auch
harte Maßnahmen ergreifen kann, hat er gerade wieder bewiesen: Zwei
Journalisten, die seit zehn Jahren für den Sender Radio Maria gearbeitet
hatten, ließ Bergoglio feuern, nachdem sie am Mittwoch in der
Berlusconi-nahen Zeitung Il Foglio einen Artikel mit dem eindeutigen Titel
„Dieser Papst gefällt uns nicht“ veröffentlicht hatten.
## Ein Epochenwechsel steht an
Nun wäre es aus der Perspektive Berlins, einer Stadt also, die nach dem
Desaster um den Hauptstadtflughafen weiterhin ganz entspannt einen
Regierenden Bürgermeister Wowereit erträgt, anmaßend, wenn nicht gar
lächerlich, den Limburger Bischof zum Rücktritt oder den Papst in Rom zu
einer Amtsenthebung aufzufordern. Über Tebartz’ Gebaren ist noch kein
rechtskräftiges Urteil gesprochen, einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft
Hamburg wegen falscher eidesstattlicher Erklärungen in Zusammenhang mit
einer Reise nach Indien kann er entweder akzeptieren, womit die Sache
unbürokratisch aus dieser Welt wäre; oder er kann es auf eine Verhandlung
vor Gericht ankommen lassen.
Aber es geht gar nicht um einen Funktionär, der schlecht lügt und ein paar
Millionen in den Berg setzt – wovon, dem Zölibat sei Dank, ja kein
Nachkomme, sondern die heilige katholische Kirche profitiert. Es geht um
einen Epochenwechsel.
Der heute fast vergessene Politiker und bayerische Ministerpräsident Max
Streibl musste schon vor 20 Jahren erleben, wie seine Frage, seit wann es
in der CSU eine Schande sei, Freunde zu haben, von einem schlagfertigen
Bonmot zu einer Empörung auslösenden Unsagbarkeit wurde – und zwar für
Feind und Freund: Mit dem kriminellen Amigo-System der Ära Franz Josef
Strauß wollte 1993 eben keiner mehr etwas zu tun haben.
Strauß’ Hausgeistlicher war nicht zufällig Joseph Ratzinger gewesen, ein
verbissener Reaktionär, der als Papst ganz bewusst auf Weihrauch und
Dunkelmänner wie die Piusbrüder setzte, weil er wusste, dass vom
Katholizismus sonst nicht viel übrig war. Der, wenn man so will, politisch
linke Weg, den Franziskus nun einschlägt, war Ratzinger versperrt, sein
Rücktritt war einsichtig, schlau – und alternativlos.
## Front gegen Franziskus
Bergoglios Weg ist ja auch gefährlich. Längst haben sich seine Gegner in
Position gebracht und einer Sache darf man sich sicher sein: In übler
vatikanischer Tradition wird es ein schmutziger Krieg werden. Der
italienische Starkomiker Maurizio Crozza hat kürzlich darauf hingewiesen,
dass Bergoglio im Vergleich zu den hasenfüßigen italienischen
Linkspolitikern wie Che Guevara auftrete. Und in seinem Interview für die
Jesuitenzeitschrift La Civiltà Cattolica hat er einen Schritt zurück zur
Quelle gemacht, ganz im Sinne seines Vorgängers Johannes XXIII.: „Die
Pfarrei ist wie der Dorfbrunnen – wer Durst hat, kommt und trinkt.“
Aber die Menschen haben nicht nur Durst, sie haben auch Hunger: Laut einer
gerade veröffentlichten Studie des Roten Kreuzes können sich 43 Millionen
Europäer nicht genug zu essen leisten. Die Party ist vorbei. Und Bischof
Tebartz-van Elst erinnert an den Gast, der betrunken auf dem Sofa
eingeschlafen ist und sich nun unsanft von der Putzkolonne nach draußen
befördert sieht. Wahre Katholiken werden für ihn beten.
11 Oct 2013
## AUTOREN
Ambros Waibel
## TAGS
Tebartz-van Elst
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