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# taz.de -- Homophobie in Nigeria: Schwulenhass macht selbstbewusst
> „So etwas widerspricht unserer Kultur“: Wenn es um Strafen für
> Homosexuelle geht, sind in Nigeria Belehrungen aus dem Ausland
> unerwünscht.
Bild: Hat's nicht leicht: Schwulenaktivist Bisi Alimi in Lagos.
ABUJA taz | „Endlich schaffen wir mal etwas“, jubelt Nigerias
Internetgemeinde und wirkt ungewohnt stolz auf das eigene Land. Dessen
Regierung hat nämlich vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen
deutlich gemacht: Nigeria duldet keine Einmischung, wenn es um die Frage
von Homosexualität gilt.
„Ratschläge anderer Länder in Sachen gleichgeschlechtlicher Ehe akzeptieren
wird nicht. So etwas widerspricht unserer Kultur“, hat sich Justizminister
Mohammed Adoke vor dem UN-Gremium am Dienstag selbstbewusst gezeigt und
damit zu Hause sehr viel Zustimmung erfahren.
Homosexualität ist seit Monaten ein beliebtes Thema für Stammtische und
Internetforen, das die große Mehrheit der mehr als 160 Millionen Einwohner
ausnahmsweise einmal vereint. Der Grund dafür ist das Ende Mai
verabschiedete Gesetz gegen Homosexuelle, das sogenannte
Jail-all-the-Gay-Gesetz („Inhaftiere alle Schwulen“). Die Vorlage dafür gab
es zwar bereits seit 2011, sie wurde aber lange nicht unterzeichnet.
Befürworter argumentieren, dass sich 92 Prozent aller Nigerianer Umfragen
zufolge gegen Homosexualität und erst recht gegen die gleichgeschlechtliche
Ehe aussprechen. Wer es doch versucht, dem droht jetzt offiziell eine
14-jährige Haftstrafe. Wer LGBT-Organisationen (Lesbian, Gay, Bisexual, and
Transgender) unterstützt oder dort Mitglied ist, der muss zehn Jahre hinter
Gitter. In den Nordbundesstaaten, wo seit Anfang der 2000er Jahre die
Scharia gilt, steht auf gleichgeschlechtliche Liebe der Tod durch
Steinigung. Ausgeführt wurde das bisher noch nie.
## Enge Bindung an die Religion
Doch bei aller Freude ärgert die Nigerianer nun eines: die Einmischung von
außen, vor allem aus den USA und Europa. Mehrfach kritisierten die
Vereinten Nationen das Gesetz als schlicht unvereinbar mit den
Menschenrechten. Die einstige Kolonialmacht Großbritannien drohte sogar
zwischenzeitlich damit, einen Teil der finanziellen Hilfe zu streichen.
Viele Nigerianer reagierten auf diese Drohung jedoch gelassen und fanden:
Auf das Geld aus Großbritannien können wir auch verzichten. Aber nicht auf
unsere Kultur und unsere Traditionen. All das würde sich schließlich nicht
damit vereinbaren lassen und wird sogar als eine Art Neokolonialismus
empfunden. Mit diesen ganzen Forderungen aus dem Westen würde Nigeria etwas
aufgezwungen werden, das doch gar nicht in das Land passe, beklagen sich
reihenweise Internetnutzer.
Ihnen hilft die enge Bindung an die Religion, einen der wichtigsten
Identifikationsfaktoren in Nigeria. Reihenweise wird nach Zitaten aus der
Bibel gesucht, mit denen das Verbot der gleichgeschlechtlichen Liebe belegt
werden soll.
Sich anderweitig zu äußern, ist mittlerweile schwer bis unmöglich geworden.
Das empfindet auch eine junge Rechtsanwältin in Abuja so. Sie will ihren
Namen lieber nicht nennen. Als sie das Gefühl hat, jemand höre ihren Worten
zu, sagt sie laut: „Natürlich bin ich dagegen. Homosexualität – das geht
doch gar nicht.“ Um dann später hinter verschlossener Tür zu erklären:
„Natürlich steht das im Widerspruch zu den Menschenrechten. Aber selbst
diese Aussage kann hier im Moment missverstanden werden.“
24 Oct 2013
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Nigeria
Homophobie
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
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Dominikanische Republik
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Europäischer Gerichtshof
Kinder
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