# taz.de -- 188. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Kinderrekrutierung kein Ank… | |
> Das OLG Stuttgart streicht „Einsatz von Kindersoldaten“ aus der Anklage | |
> gegen die FDLR-Führung – die UN-Mission hält an ihrem Vorwurf fest. | |
Bild: Kindersoldaten einer Miliz im Kongo 2002: Auch die FDLR hat welche, sagt … | |
BERLIN taz | Seit 2011 stehen vor dem Oberlandesgericht Stuttgart zwei in | |
Deutschland lebende politische Führer der ruandischen Hutu-Miliz FDLR | |
(Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) wegen Kriegsverbrechen ihrer | |
Kämpfer im Kongo vor Gericht. Nun hat der zuständige Strafsenat des | |
Oberlandesgerichts Stuttgart das Verfahren in drei von 16 Anklagepunkten | |
vorläufig eingestellt. | |
Wie ein Sprecher des OLG Stuttgart der taz bestätigte, gehören zu den drei | |
Anklagepunkten zwei Einzelvorwürfe sexueller Versklavung sowie der Vorwurf, | |
den Einheiten der FDLR „gehörten regelmäßig auch Kinder unter 15 Jahren | |
an“. Der Senat folgt mit seinem Beschluss einem Antrag der | |
Bundesanwaltschaft. | |
Ehemalige FDLR-Soldaten, die als Zeugen in Stuttgart ausgesagt haben, | |
berichteten bereits, sie seien als Kinder zur FDLR gestoßen. Sie | |
bestritten, dass die Miliz Kinder zum Kämpfen einsetzt, nicht jedoch, dass | |
die FDLR Kinder zu Hilfsarbeiten heranzieht. Die FDLR, teils geführt von | |
Verantwortlichen des Völkermordes an Ruandas Tutsi 1994, sieht sich als | |
Vertretung sämtlicher in den Kongo geflohener ruandischer Hutu und | |
kontrolliert somit ganze Flüchtlingsfamilien. | |
## Anklage verzichtet auf Zeugenvernehmungen | |
Die Anklage in Stuttgart bot bisher mehrere Aussagen von FDLR-Mitgliedern | |
an, die vor Erreichen des 15. Lebensjahrs an der Waffe ausgebildet und zum | |
Kämpfen eingesetzt worden sein sollen. Diese Zeugen wurden noch nicht | |
vernommen. | |
Darauf verzichtet die Bundesanwaltschaft nun auch, nach eigenen Angaben aus | |
Sicherheitsgründen und auch, weil die Beweisaufnahme lange dauern würde, | |
wie sie bereits Anfang Oktober vor Gericht darlgte. Die Vorwürfe hält sie | |
aufrecht. Sie werden jetzt aber nicht weiter verfolgt. | |
## In 20 Monaten 137 Kinder rekrutiert? | |
Zeitgleich mit dem Gerichtsbeschluss in Stuttgart nannte die UN-Mission im | |
Kongo (Monusco) in einem neuen Bericht die FDLR als einen | |
Hauptverantwortlichen für die Rekrutierung von Kindersoldaten. Wie der | |
deutsche Monusco-Chef Martin Kobler am Mittwoch in Kinshasa vor | |
Journalisten ausführte, rekrutierte die FDLR von Januar 2012 bis August | |
2013 insgesamt 137 Kinder vom Alter von sechs Jahren aufwärts. | |
„Kinder wurden als Träger, Köche, Spione, Sexklaven, Wächter und | |
Kombattanten eingesetzt“, so Monusco. | |
Mehr Kinder als die FDLR habe in diesem Zeitraum nur die kongolesische | |
Hutu-Miliz Nyatura mit 190 rekrutiert, so die UNO. An dritter Stelle mit | |
124 lagen die Tutsi-geführten M23-Rebellen. Die rekrutierten Kinder „waren | |
auch Opfer und Zeugen anderer schwerwiegender Kinderrechtsverletzungen wie | |
Vergewaltigung, Entführung, Tötung und Verstümmelung“, so Kobler. | |
## "Potenzielle Gefährdung" ist schon strafbar | |
Die Rekrutierung von Kindern als Kämpfer, ob freiwillig oder nicht, ist | |
völkerrechtswidrig. Im März 2012 hatte der Internationale Strafgerichtshof | |
in Den Haag in seinem ersten Urteil den kongolesischen Warlord Thomas | |
Lubanga wegen Rekrutierung von Kindern 2002–03 zu 14 Jahren Haft | |
verurteilt. | |
Rekrutierung von Kindern, so der Strafgerichtshof in diesem Urteil, müsse | |
nicht bedeuten, dass die Kinder aktive Kämpfer sind; es genüge, dass „die | |
Unterstützung, die das Kind dem Kämpfer leistet, es potenzieller Gefahr als | |
ein potenzielles Ziel aussetzt“. | |
27 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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