# taz.de -- Energie-Volksentscheid in Berlin: „Ein ’Ja‘ ist gut für die … | |
> Selbst die Konkurrenz empfiehlt, für ein Stadtwerk zu stimmen: So werde | |
> die Energiewende vorangetrieben, sagt Oliver Hummel von der Naturstrom | |
> AG. | |
Bild: Die Initiative Energietisch wirbt für ein "Ja". | |
taz: Herr Hummel, am Sonntag können die Berliner beim Volksentscheid für | |
ein Stadtwerk stimmen, das ausschließlich Ökostrom erzeugt und verkauft. | |
Sollten sie das tun? | |
Oliver Hummel: Ja, das sollten sie. Wir als Naturstrom AG stehen der Idee | |
der Rekommunalisierung und dem Engagement der Bürger sehr positiv | |
gegenüber. Berlin wäre auch nicht die erste große Stadt in Deutschland, die | |
diesen Weg gehen würde. Vorbild ist da Hamburg. | |
Ein „Ja“ bei der Abstimmung wäre also gut für die Sache? | |
Genau. Für uns steht immer im Vordergrund, dass die Bürger | |
Einflussmöglichkeiten in Sachen Energie haben – gerade wenn es um die Frage | |
geht, wie die Energie erzeugt und genutzt wird. Dies ist ja eines der Ziele | |
der Initiative in Berlin. Somit sehen wir darin eine gute Alternative zu | |
den großen Energiekonzernen, die ganz weit weg von ihren Kunden sind. | |
Naturstrom ist eine Aktiengesellschaft, sie arbeiten gewinnorientiert, in | |
Berlin haben sie gut 25.000 Kunden. Eigentlich müssten Sie sich gegen einen | |
weiteren Wettbewerber aussprechen. | |
Ach Gott. Es gibt so viele Leute und Firmen, die sich auf dem Markt in | |
Deutschland tummeln. Es existieren etwa tausend kommunale und auch nicht | |
kommunale Stadtwerke, die Bürger haben überall die Auswahl zwischen | |
mindestens 100 Anbietern. Und trotzdem sind wir in den vergangenen Jahren | |
immer gewachsen. Unsere Kundenzahlen steigen auch in Hamburg, obwohl der | |
städtische Energieversorger Hamburg Energie, der ebenfalls Ökostrom | |
liefert, sich gleichfalls gut entwickelt. Über einen weiteren Konkurrenten | |
mache ich mir da keine großen Gedanken. Uns geht es nicht nur um unseren | |
eigenen wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch um die richtige Entwicklung | |
auf dem Strommarkt insgesamt – hin zur Energiewende. | |
Ein Großteil der Bürger scheint gar nicht wechseln zu wollen: In Berlin | |
etwa dominiert der schwedische Energiekonzern Vattenfall, der Strom vor | |
allem aus Braunkohle und Gas herstellt, immer noch mit einem Anteil von | |
rund 80 Prozent. Glauben Sie, der Volksentscheid bringt Menschen dazu, | |
ihren Stromanbieter auszutauschen? | |
Zum Teil wird das sicherlich so sein. Aber natürlich wird es auch jene | |
geben, die ohne ein solches regionales Stadtwerk zu uns oder einem anderen | |
Anbieter gewechselt hätten. | |
Das zur Abstimmung stehende Stadtwerk soll selbst demokratisch organisiert | |
sein, es beinhaltet Strukturen zu Mitbestimmung. Naturstrom ist eine AG, | |
sie bietet diese Möglichkeiten nicht. Ist das ein Nachteil? | |
Erst einmal sagt die Rechtsform der AG ja nichts über den Umgang mit | |
Anteilseignern und Bürgern aus. Der Dialog mit unseren fast 1.000 | |
Aktionären war uns schon immer wichtig. Und Bürgernähe ist bei uns ein | |
zentrales Thema: Wir sind bei unseren Erzeugungsanlagen vor Ort für die | |
Bürger erlebbar. Dafür gibt es sogar einen eigenen Geschäftsbereich, der | |
Bürgergenossenschaften berät und mit ihnen zusammenarbeitet. Dabei geht es | |
oft auch um die Frage, wie sich die Bürger an der Energiewende beteiligen | |
können. Manchmal realisieren wir Projekte auch gemeinsam mit Bürgern und | |
den Stadtwerken vor Ort. | |
Im laufenden Abstimmungskampf ist der Energiekonzern Vattenfall ein | |
Feindbild, der böse Bube. Zu Recht? | |
Die Energiekonzerne haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten einiges | |
dafür getan, dass sie so ein schlechtes Image haben, als nicht bürgernah | |
gelten und eben nicht als Garanten der Energiewende angesehen werden. Sie | |
haben sich im Bereich erneuerbarer Energien einfach nicht sonderlich | |
engagiert – sondern vielmehr zehn Jahre lang versucht, die Energiewende zu | |
bremsen. Und das machen sie in großen Teilen auch heute noch. | |
28 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
## TAGS | |
Volksentscheid | |
Energie | |
Strom | |
Stadtwerk | |
Senat | |
Energiewende | |
EU | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Genossenschaft stellt Insolvenzantrag: Energiegewinner eG sucht Ausweg | |
Zu schnell zu viel gewollt? Die Genossenschaft aus Köln hat sich offenbar | |
mit einem Großprojekt übernommen und braucht nun Geld – und gute Ideen. | |
Energie-Volksentscheid in Berlin: Worum gehts eigentlich? | |
Am Sonntag stimmen die BerlinerInnen darüber ab, wie die Energieversorgung | |
der Stadt künftig gestaltet wird. Die wichtigsten Fragen & Antworten. | |
Kurz vor Volksentscheid: Bärige Erinnerungshilfe | |
Im Endspurt vor dem Volksentscheid machen die Unterstützer der Ja-Kampagne | |
in den Straßen mobil - und räumen manches Missverständnis aus dem Weg. | |
Vor dem Volksentscheid: Selbstbestimmte Energie | |
Ein kommunales Stadtwerk zur Stromerzeugung will der Berliner Energietisch | |
ebenso wie der Senat. Wo liegen die Unterschiede? | |
EU-Verordnung zu Stromfressern: Saugen mit Energiesiegel | |
Neue Staubsauger dürfen ab September 2014 nur noch 1.600 Watt verbrauchen. | |
Die Hersteller bleiben gelassen – nur die CDU ist alarmiert. | |
Energie: „Sympathische Forderungen“ | |
Ein kommunales Stadtwerk kann einen Beitrag zum sozialen und ökologischen | |
Wandel Berlins leisten, sagt der Energieforscher Matthias Naumann. | |
Power I: Die unter Strom stehen | |
Mit Plakaten, Infoständen und Flyern werben die Unterstützer des | |
Volksentscheids für „Ja“ – nicht nur mit lauteren Argumenten. | |
Power II: Energie ohne Strom | |
Der Senat darf kein Geld für eine Nein-Kampagne ausgeben. CDU und SPD wenig | |
aktiv. |