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# taz.de -- Ausstellung zur Max-Planck-Gesellschaft: Beste Grüße aus der Kolo…
> Studierende thematisieren die Rolle des Vorläuferinstituts der
> Max-Planck-Gesellschaft in der Kolonialzeit. Diese übt sich in
> Verdrängung.
Bild: Vergangenheit, ans Licht gebracht: Exponat aus dem MPG-Archiv.
BERLIN taz | Heute liegen im Büro von Thomas Risse keine Totenschädel mehr.
Vor etwa 80 Jahren schon. Im Zimmer des Direktors des Otto-Suhr-Instituts
für Politikwissenschaft (OSI) in Berlin arbeitete einst Eugen Fischer. Er
war Leiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts (KWI), das von 1927 bis 1945 im
OSI-Gebäude war und sich als Vorreiter der Rassenlehre in Deutschland
hervortat.
Für seine Studien nahm er Schädel ermordeter Hereros aus der deutschen
Kolonie Südwestafrika, heute Namibia. Davon hatte Risse keine Ahnung – bis
fünf Studierende der Freien Universität Berlin zu diesem Thema eine
Ausstellung machten. Bis zum 16. November ist [1][„Manufacturing Race]“ im
OSI zu sehen.
Aus den 59 KWIs in Deutschland ging 1948 die Max-Planck-Gesellschaft
hervor. Die eigene Rolle während der Nazi-Zeit hat man bereits akribisch
aufgearbeitet: Am OSI etwa erinnert eine Plakette daran, dass der KZ-Arzt
Josef Mengele hier Schüler war.
Dass aber auch die Geschichte des Instituts vor 1933 nicht unbelastet ist,
die KWI-Forscher von deutschen Kolonialverbrechen profitierten, das zeigen
jetzt Julia Scheurer, Lili Mundle, Julia Kirchner, Owen Brown und Thiago
Barbosa mit ihrer Ausstellung.
## Forschung war Grundlage für Rassenlehre der Nazis
Da gibt es eine Postkarte aus Namibia von 1906. Sie zeigt, was mit einigen
der 65.000 Hereros geschah, die unter der deutschen Kolonialherrschaft
starben: eine Holzkiste, voll mit Totenschädeln ermordeter Hereros, sie
gingen nach Berlin zu Forschungszwecken.„Ein schöner Urlaubsgruß aus der
Kolonie“, sagt Kirchner.
Auch auf dem Dachboden des OSI lagerte vor 85 Jahren eine riesige
Schädelsammlung, bis zu 5.000 Einzelstücke. Mindestens 30 von ihnen
stammten aus den ehemaligen deutschen Kolonien. Ein Teil der KWI-Sammlung
liegt heute noch im Berliner Universitätsklinikum Charité.
Gleich neben der Postkarte ist der Reisepass des damaligen KWI-Leiters
Fischer ausgestellt. Er war 1908 kurz nach der Ermordung von Zehntausenden
Hereros selbst in Südwestafrika, um nach Schädeln zu graben. Um zu
beweisen, dass die „arische“ Rasse allen anderen überlegen sei, untersuchte
er Kinder, die holländische Siedler mit Khoikhoi-Frauen hatten. Später
galten seine Forschungen als Grundlage für die Rassenlehre der Nazis, etwa
die Studie zu den „Rheinlandbastarden“.
Der Historiker Hans-Walter Schmuhl hat sich für die MPG in einer Studie aus
dem Jahr 1999 vor allem mit der Nazi-Vergangenheit der KWIs beschäftigt. In
der Ausstellung sind Videointerviews mit ihm zu sehen. Auch er empfindet
die Eingrenzung der Studie auf den Zeitraum zwischen 1933 und 1945, mit dem
sich das MPG bisher beschäftigte, als eine Verkürzung. „Es suggeriert, dass
am KWI normale Wissenschaft betrieben wurde, die unter den Nazis dann zu
verbrecherischer Forschung mutierte.“
Die Ausstellung zeigt, dass die Forscher schon zuvor versuchten, deutsche
Kolonialverbrechen wissenschaftlich zu rechtfertigen. OSI-Direktor Risse
will die MPG jetzt auffordern, die Arbeit seiner Studierenden
weiterzuführen. „Das Projekt ist abgeschlossen“, heißt es aus der MPG.
14 Nov 2013
## LINKS
[1] http://www.polsoz.fu-berlin.de/polwiss/termine/Ausstellung-Manufacturing-Ra…
## AUTOREN
Lisa Schnell
## TAGS
Max-Planck-Gesellschaft
Kolonialismus
Ausstellung
Freie Universität Berlin
Schädel
Schwerpunkt Korruption
Paul von Lettow-Vorbeck
Asylsuchende
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