| # taz.de -- SPD nach dem Parteitag: Das Ihr entscheidet | |
| > Nach dem Parteitag ist vor der Mitgliederbefragung: Wie tickt die Basis? | |
| > Reicht es ihr, wenn Mindestlohn und Regulierung prekärer Arbeit kommen? | |
| Bild: Leicht verunsichert: Die SPD-Spitze mit Sigmar Gabriel. | |
| BERLIN taz | Am Ende ging Parteichef Sigmar Gabriel in Leipzig noch mal ans | |
| Rednerpult, um den Genossen die Meinung zu sagen. Er erregte sich, dass die | |
| Delegierten dem Parteirechten Olaf Scholz, der doch in Hamburg mit | |
| absoluter SPD-Mehrheit regiert, bei der Wahl zum Parteivorstand ein so | |
| mieses Ergebnis bescherten. | |
| Nach dieser Schelte versuchte der SPD-Chef die trübsinnige Stimmung beim | |
| Leipziger Parteitag am Samstag aufzuhellen. „Wir werden“, so das | |
| Versprechen, den SPD-Mitgliedern „keinen Koalitionsvertrag vorlegen, der | |
| unklar ist“. Es werde ein Bündnis mit Angela Merkel nur geben, wenn die | |
| zentralen SPD-Forderungen fixiert seien – gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 | |
| Euro, Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen, abschlagfreie Rente mit | |
| 63 nach 45 Arbeitsjahren. | |
| „Ich werde der SPD keinen Koalitionsvertrag vorlegen, in dem die doppelte | |
| Staatsbürgerschaft nicht drinsteht“, so Gabriel. Wenn es aber diesen | |
| Koalitionsvertrag mit sozialdemokratischer Handschrift dann gibt, so | |
| Gabriel lautstark, „dann dürft ihr nicht zweifeln“. Es ist ein glitzernder | |
| Moment auf diesem verschatteten Parteitag. | |
| Die SPD-Spitze braucht solche Dramatisierungen, Weckrufe, Zuspitzungen. Wer | |
| mit SPD-Führungsleuten über das Mitgliedervotum spricht, bekommt von fast | |
| allen das Gleiche zu hören: Alles ist unklar. Alarmierende Zahlen schwirren | |
| umher, bei denen niemand genau weiß, woher sie stammen. 90 Prozent der | |
| Funktionäre im Norden seien gegen die Große Koalition, hört man. | |
| ## Die Unsicherheit ist groß | |
| Generalsekretärin Andrea Nahles glaubt indes nicht, dass die Aktiven in der | |
| SPD, die knapp 20 Prozent der 470.000 Mitglieder ausmachen, entscheidend | |
| sein werden. Sondern das Gros der Parteimitglieder, das sich nie im | |
| Ortsverband blicken lässt. Und die, so Nahles’ Hoffnung, denken eher so wie | |
| der Rest der Republik und halten die Große Koalition für eine gute Sache. | |
| Doch die Unsicherheit ist groß. Ein führender SPD-Mann glaubt: „Viele | |
| werden mit Nein stimmen, weil sie endlich der Führung mal die Meinung sagen | |
| wollen.“ Die Furcht, dass sich jahrelang aufgestauter Ärger entladen | |
| könnte, ist berechtigt. Es gibt kaum Erfahrungen mit Mitgliedervoten. Das | |
| letzte fand 1993 statt. Hätte man bereits die Kanzlerkandidatur so | |
| entschieden, wäre die Basis ein nicht mehr ganz so unbekanntes Wesen. | |
| Die Entscheidungen werden in den nächsten zweieinhalb Wochen fallen. Am 27. | |
| November soll der Koalitionsvertrag fertig sein. Die SPD-Spitze wird schon | |
| ab dem 22. November bundesweit, zuerst in Baden-Württemberg bei | |
| Regionalkonferenzen für die Regierungsbeteiligung werben. Widerstand gegen | |
| das Bündnis mit der Union regt sich auch jenseits der SPD in der Initiative | |
| „Wider die große Koalition“ (siehe Text links). | |
| Jan Stöß, SPD-Chef in Berlin und Parteilinker, ist skeptisch. Beim jetzigen | |
| Verhandlungsstand sei „völlig offen, ob es zu einer Großen Koalition | |
| kommt“. | |
| ## Woher kommt das Geld? | |
| Einen Dämpfer bekam in Leipzig nicht nur Olaf Scholz wegen Wirtschaftsnähe | |
| und rigider Flüchtlingspolitik, auch zwei ausgewiesene Linke zählen zu den | |
| Verlierern. Der AfA-Chef Klaus Barthel und die Flügelfrau Hilde Mattheis | |
| wurden nicht mehr in den Parteivorstand gewählt. Mattheis ist eine der | |
| wenigen in der SPD, die offensiv Rot-Grün-Rot wollen. „Ich bin enttäuscht, | |
| aber nicht überrascht“, so Mattheis zur taz. Und: „Die Neigung, die Große | |
| Koalition positiv zu sehen, ist durch diesen Parteitag nicht gestiegen“, so | |
| ihre Einschätzung. „Schöne Projekte im Koalitionsvertrag“, ohne dass klar | |
| sei, woher das Geld komme, werde für ein Ja der Basis nicht reichen, so | |
| Mattheis’ Prognose. Auf Steuererhöhungen aber hat die SPD als Erstes | |
| verzichtet. | |
| 17 Nov 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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