Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Kükentod: Schluss mit Kollateralschäden
> Ein Gericht in Nordrhein-Westfalen hat verboten, männliche Küken zu
> vergasen. Das ist der Ansatz für eine neue Agrarpolitik
Bild: Die Zeichenstehen auf Veränderung.
Als in Tschernobyl die evakuierten Anwohner ihre Haus- und Nutztiere
zurücklassen mussten, sollen einige der Betroffenen kleine Zettel an
Halsbändern und Käfigen angebracht haben. Sie baten die Tiere um
Verzeihung. Für die 280 Millionen männlichen Küken, die in der EU jedes
Jahr geschreddert oder mit Gas getötet werden, weil sie das falsche
Geschlecht haben und keine Eier legen, entschuldigt sich schon lange
niemand mehr.
Ausgerechnet Küken, diese flauschig-anrührenden Unschuldswesen, Prototyp
des Kindchenschemas. Der gemeinhin als „süüüß!“ bezeichnete Nachwuchs v…
Tieren löst instinktiv unser Fürsorgeverhalten aus, spezielle Hirnregionen
werden angesprochen.
Wenn statt des Fürsorgeinstinkts aber der Kükenvermuser aktiv wird, muss
man von Barbarei sprechen. Sie ist fester Bestandteil unseres Agromolochs,
nicht nur bei Küken: Männlichen Ferkeln werden seit jeher die Hoden mit der
Kneifzange abgeknipst – ohne Betäubung. Hühnern werden die Schnabelspitzen
weggeätzt, Schweinen die Schwänze kupiert. Alles ganz normal, unvermeidbare
Kollateralschäden.
Doch jetzt endlich, nach langen Jahren apathischen Wegsehens, scheint das
Unbehagen der Gesellschaft groß genug, um ein „Weiter so“ zu verhindern. Da
ist plötzlich ein mutiger Staatsanwalt, der ausspricht, was offensichtlich
ist. Küken vergasen ist strafbar. Da ist eine neue widerspenstige
Agrarbewegung („Wir haben es satt“), und da sind grüne Umwelt- und
Landwirtschaftsminister, die sich langsam vortasten in Richtung einer
anderen Landwirtschaft.
So stehen die Zeichen nun auf Veränderung, ein frischer Wind weht im
Hühnerstall. Das Küken könnte nun zum Testfall werden, wie ernst wir es
meinen und wie stark die neue Agrarbewegung und ihre politischen Arme
wirklich sind.
20 Nov 2013
## AUTOREN
Manfred Kriener
## TAGS
Essen
Tierhaltung
Agrarpolitik
Tierschutz
Nordrhein-Westfalen
Landwirtschaft
Ferkel
Eier
Küken
Legehennen
Wiesenhof
## ARTIKEL ZUM THEMA
Pläne der Agrarminister: Das Ende des Kükentodes
50 Millionen Eintagesküken werden jährlich getötet. Das wollen die
Umweltminister von Bund und Ländern jetzt ändern. Die Eierbranche wehrt
sich gegen die Pläne.
Landwirte lassen männliche Küken leben: Bruder Hahn gedeiht
Auf die Brüder von Legehennen wartet der frühe Tod. Nicht so bei der
„Bruderhahn Initiative“ – der erste Schritt zu einer besseren
Geflügelproduktion.
NRW ändert Hühnerzuchtbedingungen: Massentötungen werden untersagt
In Deutschland werden jedes Jahr rund 50 Millionen männliche Eintagsküken
umgebracht. NRW hat dieses Vorgehen der Züchter als erstes Bundesland
untersagt.
Sachbuch zur Industrialisierung: Im Maschinenraum
Wer sind die Produzenten? Was machen die Maschinen? Constanze Kurz und
Frank Rieger liefern das futuristische Manifest des 21. Jahrhunderts.
Tierschützer gegen Ferkeltötung: Mörderischer Schweinekapitalismus
Animal Rights Watch geht gegen Schweinezüchter vor: Schwache Ferkel, die
wenig Ertrag versprächen, würden gesetzeswidrig erschlagen, klagen die
Tierschützer.
Tötung von Küken: Brüder, zur Sonne, zum Kochtopf
100.000 männliche Küken werden hierzulande täglich getötet – mit Gas oder
durch Schreddern. Einige Biohöfe machen das nicht mehr mit.
NRW sucht Legehennen-Küken-Lösung: Mästen statt Schreddern
Der Agrarminister in NRW droht, in einem Jahr die Tötung männlicher
Legehennen-Küken zu verbieten. Doch was wird dann aus den Tieren?
Tötungsstopp in der Legehennenzucht: NRW rettet männliche Küken
Weil sie weder Eier legen noch Fleisch ansetzen, werden männliche
Eintagsküken in Brütereien gleich nach ihrem Schlüpfen geschreddert. NRW
macht der Praxis ein Ende.
Tierquälerei trotz Tierschutz-Label: Wertlose Wiesenhof-Garantie
Aktivisten veröffentlichen dramatische Bilder aus Ställen des Marktführers
Wiesenhof. Das Fleisch von dem Hof trug ein weitverbreitetes
Tierschutz-Siegel.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.