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# taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Deutschland droht kein Blackout“
> RWE-Chef Peter Terium hatte noch vor Blackouts in Europa gewarnt. Jetzt
> sagt er: Stromverbraucher in Deutschland müssen sich keine Sorgen machen.
Bild: Die Lichter bleiben an
In Deutschland wird es keinen Stromengpass geben, glaubt RWE-Chef Peter
Terium. Im aktuellen sonntaz-Streit schreibt er: „Deutschland droht kein
Blackout. Nicht in diesem Winter, und auch nicht im nächsten Winter. Zumal
Netz- und Kraftwerkbetreiber alles tun, um Stromausfälle zu verhindern.
Aber solange es keine Stromspeicher gibt, müssen wir den wachsenden Anteil
erneuerbarer Energien durch konventionelle Kraftwerke absichern.“ In einem
Interview mit der Süddeutschen Zeitung hatte Terium noch vor gefährlichen
Blackouts in Europa gewarnt.
Wolfram Geier vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
glaubt hingegen: Das Risiko für einen Blackout sei gewachsen und werde
weiter steigen. Die Gründe dafür wären die europaweiten Liberalisierung,
die wettbewerbsorientierte Ökonomisierung, aber auch die hohe
Systemkomplexität der Stromversorgung. Bereits kleine Störungen könnten
enorme Folgen haben.
Luise Neumann-Cosel ist im Vorstand von „Bürger Energie Berlin“ und will
gemeinsam mit Bürgern und Bürgerinnen das Berliner Stromnetz kaufen. Sie
hält einen Blackout für nicht wahrscheinlich, da Deutschland dank der
Energiewende mehr Strom produziere, als verbraucht werden könne. „Auch
dieses Jahr wird wohl mal wieder der Rekord beim Netto-Stromexport
gebrochen. Wer angesichts solcher Zahlen ernsthaft von einem Blackout
redet, der will ganz offensichtlich Ängste schüren“, sagt sie.
Kraftwerke könnten zudem durch die Winterreserve-Gesetzgebung, die eine
verbindliche Versorgung garantieren soll, nicht einfach stillgelegt werden,
erklärt NRW-Umweltminister Johannes Remmel. „Kraftwerksstilllegungen sind
meldepflichtig – wenn es für die Systemstabilität nötig ist, kann die
Bundesnetzagentur den Weiterbetrieb anordnen.“
Die Hinweise auf akute Blackout-Szenarien seien Panikmache und meist den
Interessen der Energiekonzerne geschuldet, merkt die
SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer an.
## Kapazitäten sind vorhanden, aber das Netz muss ausgebaut werden
Auch Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND, kann die Drohungen nicht ernst
nehmen: „Der Atomausstieg oder der Ausbau der Erneuerbaren werden stets als
Angriff auf die Versorgungssicherheit gebrandmarkt. Das ist gezielte
Irreführung, um bei der Politik Extrazahlungen herauszuschlagen.“ Außerdem
seien nach einer Analyse des BUND noch bis deutlich nach 2020 genügend
Kapazitäten vorhanden. Auch Bärbel Höhn von den Grünen erinnert daran, dass
das Netz technisch beherrschbar sei, auch wenn es bei der Netzstabilität
Probleme gäbe.
Langfristig gesehen sei aber der Netzausbau eine Schwachstelle, erklärt
Ingeborg Neumann vom Bundesverband der Deutschen Industrie: „Wenn es nicht
gelingt, die Verzögerungen beim Netzausbau aufzuholen, dann kann es mit der
Stromversorgung gerade in Süddeutschland sehr kritisch werden. Gegenwärtig
liegen 14 von 23 Ausbauprojekten des Transportnetzes hinter dem Zeitplan.“
Angelika Westerwelle von der Monopolkommission sieht das genauso.
Ein bewusster und höchst sorgfältiger Umgang mit der Gefahr eines Blackouts
sei unumgänglich, sagt Christoph von der Heiden, Geschäftsführer von der
IHK Ostwestfalen zu Bielefeld: „Denn die ununterbrochene
Versorgungssicherheit ist für viele Industriebetriebe oft von
existenzieller Bedeutung. Stromausfälle können an Produktionsanlagen zu
immensen, manchmal irreparablen Schäden führen.“
Herbert Saurugg, der Initiator von „Plötzlich Blackout!“, warnt ebenfalls
vor möglichen Konsequenzen: „In unserer hochvernetzten Welt wäre ein
solches Szenario mit einem Kollaps fast der gesamten kritischen
Infrastruktur verbunden. Besonders schwerwiegend wäre die europäische
Lebensmittelversorgung davon betroffen, da diese nur mehr
hochsynchronisiert funktioniert. Unsere Gesellschaft ist auf ein solches
Ereignis nicht vorbereitet.“
Die Streitfrage beantworteten außerdem Jochen Homann von der
Bundesnetzagentur, Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für
Wirtschaftsforschung, Felix Finkbeiner, der Botschafter für
Klimagerechtigkeit von Plant-for-the-Planet und taz-Leser Thomas Leitert –
in der //:sonntaz vom 23./24. November 2013.
[1][http://www.taz.de/Ausgabe-vom-23/24-November/!127973/]
23 Nov 2013
## LINKS
[1] /Ausgabe-vom-23/24-November/!127973/
## AUTOREN
Saskia Hödl
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