# taz.de -- Flüchtlinge am Berliner Oranienplatz: Guten Hirten gefunden | |
> Nach langem Ringen finden Bezirk und Senat eine Lösung für die | |
> Flüchtlinge in Berlin-Kreuzberg: Ein ehemaliges Seniorenheim steht für | |
> sie bereit. | |
Bild: Zum Campen ist es eigentlich inzwischen zu kalt: die Zeltstadt auf dem Or… | |
Die Flüchtlinge vom Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg könnten in eine | |
Unterkunft im Wedding ziehen. Der Caritasverband stellt ihnen am Freitag | |
überraschend ein früheres Seniorenheim in der Residenzstraße für den Winter | |
zur Verfügung. „Der Senat hat uns gebeten, eine Notunterkunft für die | |
Menschen zu besorgen, die seit mehr als einem Jahr unter freiem Himmel | |
campieren“, sagte Caritas-Sprecher Thomas Gleißner der taz. „Wir sind der | |
Bitte gern nachgekommen.“ | |
Der Caritasverband wird die Unterkunft für bis zu 80 Flüchtlinge auch | |
betreiben. Finanziert werde sie aus extra dafür zur Verfügung gestellte | |
Mitteln der Kältehilfe sowie durch ehrenamtliches Engagement des | |
Caritasverbandes, erklärten Caritas, die Senatsverwaltung für Soziales und | |
der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg in einer gemeinsamen Mitteilung. Der | |
Senat hatte bereits 136.000 Euro an Unterstützung in Aussicht gestellt. | |
„Ich freue mich über die Lösung“, sagte die grüne Bezirksbürgermeisterin | |
Monika Herrmann. Auch Sozialsenator Mario Czaja (CDU) äußerte sich | |
zufrieden, „dass eine humanitäre Lösung für die Flüchtlinge gefunden | |
wurde“. | |
Die Zeit für eine Lösung war knapp geworden. Die Nächte wurden immer | |
kälter, die Lage der Flüchtlinge in ihren Zelten zunehmend schwierig. Im | |
Verlauf der Woche scheiterten zudem die Verhandlungen über ein Hostel im | |
Friedrichshain, das seit drei Wochen für die Flüchtlinge als Unterkunft im | |
Gespräch war. Wie die taz erfuhr, hat der Besitzer der Immobilie sein | |
Angebot zurückgezogen. | |
Der Umzug in die Unterkunft, das ehemalige Seniorenheim „Zum Guten Hirten“, | |
soll laut Sozialverwaltung „kurzfristig“ erfolgen. Am Freitag fand die | |
Abnahme des Gebäudes durch die Feuerwehr statt, die letzte Hürde. Ulrike | |
Kostka, Direktorin der Berliner Caritas, nannte es „eine christliche | |
Aufgabe, humanitäre Hilfe für Flüchtlinge zu leisten“. | |
Die rund 100 afrikanischen Flüchtlinge im Kreuzberger Camp sind überwiegend | |
über die Mittelmeerinsel Lampedusa nach Europa gekommen. Nach Angaben des | |
Jesuiten-Flüchtlingsdienstes befinden sich darunter auch Afrikaner, die in | |
Italien zwar Asyl erhalten haben, aber nicht versorgt wurden. Ihre | |
Unterstützerin Taina Gärtner berichtet, Italien hätte ihnen erklärt, sie | |
dürften in jedem anderen EU-Staat arbeiten. „Viele sind dann durch Europa | |
geirrlichtet und haben festgestellt, dass das nicht stimmt“, so Gärtner. | |
Laut Gärtner seien die Männer im Camp ausgelaugt. „Die Zelte sind zum Teil | |
marode, bei Frost gibt es auch kein Trinkwasser mehr, weil die Anlage | |
Schaden genommen hat“, sagte sie. Anders als in Berlin angemeldete | |
Asylbewerber erhalten die Lampedusa-Flüchtlinge keine Sozialleistungen. | |
Wenn ihnen niemand etwas spendet, herrscht Hunger auf dem Oranienplatz. | |
Ob der Umzug in den Wedding klappt und damit die mehr als einjährige | |
Geschichte des Camps zu Ende geht, liegt jetzt allein in den Händen der | |
Flüchtlinge. Einer ihrer Sprecher sagte der taz am Freitag, dass sie das | |
Haus erst besichtigen werden. Danach würden sie entscheiden. Taina Gärtner | |
ist sich sicher: „Ich denke, sie werden jedes Angebot für ein festes Haus | |
annehmen, das sie bekommen, weil sie einen zweiten Winter im Zelt nicht | |
durchstehen.“ | |
22 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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