# taz.de -- Die EU und ihre östlichen Nachbarn: Suche nach einem Plan B für K… | |
> Kurz vor dem Gipfelstart in Vilnius ist Ukraines Präsident Viktor | |
> Janukowitsch der gefragteste Gesprächspartner. Wie soll es weitergehen | |
> mit der Ukraine? | |
Bild: Verschwommen: Ob die Ukraine unter Janukowitsch überhaupt noch Interesse… | |
VILNIUS taz | Für Litauen hatte der Gipfel zur Östlichen Partnerschaft ein | |
Triumph werden sollen. Stolz wollte sich die Hauptstadt Vilnius den | |
Premierministern und Staatschefs aus fast allen 28 EU-Mitgliedsländern und | |
den sechs östlichen EU-Nachbarn präsentieren. Die lang vorbereiteten | |
Assoziierungs-Verträge sollten feierlich unterzeichnet und so zum Höhepunkt | |
der ersten EU-Ratspräsidentschaft Litauens seit seinem EU-Beitritt 2004 | |
werden. Doch im letzten Moment machte die Ukraine, das größte und | |
wichtigste Nachbarland, einen Rückzieher. | |
Das löste unter Litauens Politikern zwar zunächst eine verständliche | |
Enttäuschung aus. Doch von einem Fiasko ist der Gipfel weit entfernt. Denn | |
die Abkommen mit den anderen Staaten, allen voran der Republik Moldau und | |
Georgien, werden wie geplant unterzeichnet, und für die künftigen | |
Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine muss eben ein Plan B her. | |
Noch vor dem offiziellen Beginn des Gipfels am Donnerstagabend um 19 Uhr | |
gibt es mehrere kurzfristig anberaumte Treffen des ukrainischen Präsidenten | |
Viktor Janukowitsch mit EU-Spitzenpolitikern. Zunächst muss geklärt werden, | |
ob die Ukraine unter Janukowitsch überhaupt noch Interesse an einem | |
Assoziierungsabkommen mit der EU hat oder ihre Zukunft in einer engeren | |
Bindung an Russland sieht. | |
In Deutschland und Polen wiesen bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel und | |
Außenminister Radoslaw Sikorski darauf hin, dass es für die Ukraine nicht | |
um eine Politik des Entweder-Oder gehe. Die Annäherung an die EU, an deren | |
Werte wie an deren Wirtschaftsystem müsse keine Abwendung von Russland | |
bedeuten. Sikorski betonte in Warschau, dass Polen seine Handelsbilanz mit | |
Russland seit seinem Beitritt zur EU um ein Vielfaches steigern konnte. | |
Die Forderung Janukowitschs nach trilateralen Gesprächen zwischen der | |
Ukraine, Russland und der EU stieß zunächst bei den meisten EU-Politikern | |
auf Unverständnis. Soll Moskau mitbestimmen dürfen, zu welchen Bedingungen | |
die Ukraine einen Assoziierungsvertrag mit der EU schließen darf? | |
## Moskau immer mit am Tisch | |
Dies würde bedeuten, dass die ukrainischen Politiker nicht nur heute | |
bereits einen Teil der Souveränität der Ukraine an das Nachbarland | |
abgetreten haben, sondern diesen Zustand auch in die Zukunft fortschreiben | |
wollen. Denn natürlich würde Moskau nach einem ersten solchen Treffen immer | |
mit am Verhandlungstisch sitzen wollen, wenn es um die Aussenpolitik der | |
Ukraine ginge. | |
Auch EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José | |
Manuel Barroso haben sich daher mit Janukowitsch zu einem informellen | |
Gedankenaustausch in Vilnius verabredet. Immerhin hat die Ukraine schon | |
einen Teil des langen Reformweges hinter sich gebracht, an dessen Ende die | |
in der EU verpflichtenden Standards von Recht und Demokratie stehen. Es | |
geht also auch darum, Janukowitsch den Rücken zu stärken und ihm | |
finanzielle und organisatorische Hilfe für weitere Reformen zuzusagen. Dies | |
kann aber nicht bedeuten, dass die EU die Gas- und Ölrechnungen der Ukraine | |
bezahlen wird. | |
Der ukrainische Vize-Regierungschef Sergej Arbusow hatte zuvor beklagt, | |
dass Brüssel beim Aushandeln des EU-Abkommens keine Entschädigung für die | |
Verluste angeboten habe, die der Ukraine durch den Wegfall von Vorteilen | |
auf dem russischen Markt entstünden. Andere ukrainische Politiker hatten | |
gar von einem Almosen der EU gesprochen, das Brüssel der Ukraine wie einem | |
Bettler zuwerfen wolle. Das sei nicht akzeptabel. | |
Martin Schulz, der Präsident der EU-Parlaments, räumte allerdings ein, dass | |
auch die EU in den Verhandlungen mit der Ukraine Fehler begangen und so das | |
Land „an Russland verloren“ habe. Die Ukraine sei „wirtschaftlich und vor | |
allen Dingen finanziell in der tiefsten Krise“ seit ihrer Unabhängigkeit, | |
sagte der SPD-Politiker kurz vor Beginn des Gipfels. „Ich glaube, wir haben | |
auch die Dramatik der innenpolitischen Situation in der Ukraine | |
unterschätzt.“ Der Ukraine müsse ein umfassendes Hilfsangebot unterbreitet | |
werden. | |
28 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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