| # taz.de -- Musik zum neuen Coen-Film: Als der Folk neu erfunden wurde | |
| > „Inside Llewyn Davis“, der neue Film der Coen-Brüder, kommt nächste Woc… | |
| > in die Kinos. Die Musik darin kann man jetzt schon hören. | |
| Bild: Dave Van Ronk, dessen Leben die Coens inspirierte. | |
| Musik spielt in den Filmen der Gebrüder Coen eine zentrale Rolle. So auch | |
| als Inspirationsquelle für ihren neuen, kommende Woche anlaufenden Film | |
| „Inside Llewyn Davis“, dem Ethan und Joel Coen die Autobiografie „The May… | |
| of MacDougal Street“ des wenig bekannten New Yorker Folkmusikers Dave Van | |
| Ronk dient. | |
| Handlungsort ist der Washington Square Park im Greenwich Village, zur Zeit | |
| des ersten großen Folk-Revivals. Jener Park, der auch der bevorzugte | |
| stomping ground von Dave Van Ronk war. | |
| Auch der Filmtitel ist ein Zitat des Albums „Inside Dave Van Ronk“. Anders | |
| als Van Ronk, der in Brooklyn geboren wurde, kommt der Folkie Llewyn Davis | |
| im Film im Winter 1961 erst nach New York, um sein Glück zu versuchen, kurz | |
| bevor Bob Dylan die Folk-Welt von Grund auf reformieren sollte. Denn die | |
| reale Lebensgeschichte Van Ronks hat nur wenig mit der des Llewyn Davis | |
| gemein. | |
| 1951 war der 15-jährige Van Ronk zum ersten Mal an den Washington Square | |
| gekommen, wo sich traditionell Folkies und Jazzmusiker trafen, um unter | |
| freiem Himmel zu spielen. Hier entwickelte Van Ronk seine | |
| Fingerpicking-Techniken an der Gitarre, erlernte ein klassisches | |
| Folk-Repertoire und schloss lebenslange Freundschaften. | |
| ## Er sah sich nie als Folksänger | |
| Dylan erinnert sich in seinen „Chronicles“, wie er als Neuankömmling dem | |
| raubauzig auftretenden Van Ronk in einer Instrumentenhandlung einen Song | |
| vorspielt und der bereits Etablierte das Greenhorn aus Minnesota einlädt, | |
| am Abend Songs in seinem Set zu spielen. Später ließ Van Ronk Dylan bei | |
| sich auf dem Sofa übernachten. Als Mentor half Van Ronk auch anderen | |
| Musikern wie Joni Mitchell, in der New Yorker Musikszene Fuß zu fassen. | |
| Sich selbst sah er nie als Folksänger, sondern eher als lebendige | |
| Salatschüssel, in der er Einflüsse aus Jazz und Blues mit traditionellem | |
| Fingerpicking vermengte. | |
| Fingerpicking ist eine Technik, die in den vierziger Jahren eigentlich für | |
| das Banjo entwickelt wurde. Dabei wird der Bass durch eine spezielle | |
| Grifftechnik gleich mitgespielt. Van Ronk machte mit seinen Fingern, wie er | |
| einmal selbst sagte, eine Backingband überflüssig. | |
| Gut zu hören ist das auf dem Dreifachalbum „Down in Washington Square“, die | |
| das Americana-Label Folkways begleitend zum Start von „Inside Llewyn Davis“ | |
| nun veröffentlicht. Die 54 Songs, zwischen 1958 und 2001 aufgenommen, sind | |
| zumeist urwüchsige Folk-Traditionals, in denen Van Ronks Liebe zu Blues und | |
| Jazz zum Tragen kommt. Eine der wenigen Eigenkompositionen ist „Losers“ von | |
| 1988. Auf seinem filigranen Intro schaffen die zehn Finger tatsächlich den | |
| Klang eines ganzen Orchesters. | |
| Die Entscheidung, ihren Protagonisten klassische Folksongs interpretieren | |
| zu lassen, stellte die Coen-Brüder beim Casting für „Inside Llewyn Davis“ | |
| vor Probleme. Es brauchte dafür einen Schauspieler, der als Musiker | |
| glaubwürdig die Tatsache verkörpert, dass Talent und Erfolg nicht | |
| zwangsläufig in kausalem Zusammenhang stehen. | |
| ## Perlen aus dem Sumpf | |
| Ihre Wahl fiel auf Oscar Isaac, dessen Anfänge als Sänger und Gitarrist | |
| einer Skapunk-Band in Miami begründet liegen. Wie man auf dem bereits | |
| veröffentlichten Soundtrack von „Inside Llewyn Davis“ hören kann, hat der | |
| 33-Jährige die musikalische Herausforderung elegant bewältigt. Wie | |
| selbstverständlich wirkte er an den Arrangements der von ihm vorgetragenen | |
| Songs mit. Produziert wurde der Soundtrack vom ehemaligen | |
| Dylan-Bandmitglied T-Bone Burnett. | |
| Dessen Songauswahl machte bereits den Soundtrack zum Coen-Brüder-Film „O | |
| Brother Where Art Thou“ unsterblich. Auch für „Inside Llewyn Davis“ hat … | |
| einige der schönsten Perlen aus dem Sumpf des alten, unheimlichen Amerika | |
| gezogen. | |
| Isaacs Version des Traditionals „Hang Me, Oh, Hang Me“, das auch Dave Van | |
| Ronk 1963 für sein Album „Folksinger“ eingespielt hat, perlt klar und | |
| geradezu aufdringlich schnörkellos. Seine Fingerpicking-Skills kommen | |
| keineswegs an die des Dave Van Ronk heran, doch Isaacs Interpretation | |
| besticht durch heutzutage ungewöhnliche Zurückgelehntheit. Zusammen mit | |
| Marcus Mumford treibt Isaac mit „Fare Thee Well“ den Hörern ein paar Trän… | |
| in die Augen. | |
| Ein Traditional, das 1908 von einer Texanerin namens Dink beim | |
| Wäschewaschen am Rio Bravo gesungen wurde und ob seiner | |
| melancholisch-rauhen Schönheit den Weg in die Folk-Annalen fand. In der | |
| zweiten, solo eingespielten Version des Songs orientiert sich Isaac stark | |
| an der Version, die Dave Van Ronk 1960 unter dem Titel „Dink’s Song“ | |
| eingespielt hat. | |
| Dem Finale des Soundtracks bleiben zwei Originale vorbehalten, die „Inside | |
| Llewyn Davis“ Seele einhauchen. Ein bisher unveröffentlichtes | |
| Dylan-Original namens „Farewell“, das aus den Sessions zu seinem Album „T… | |
| Times They Are A-Changin‘“ von 1964 stammt, und Dave Van Ronks zärtliche | |
| und zugleich brutal abgeklärte Version von „Green, Green Rocky Road“, die | |
| verdeutlicht, warum der 2002 verstorbene Musiker „The Mayor of MacDougal | |
| Street“ genannt wurde. | |
| 1 Dec 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Sylvia Prahl | |
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