# taz.de -- Berliner Clubs: Totentanz an der Spree | |
> Drei Clubs stehen vor dem Aus, selbst die CDU will ihnen helfen. Trotzdem | |
> könnte die Rettung zu spät kommen. | |
Bild: Hier wird noch gefeiert - aber viele Läden kämpfen gegen Investoren und… | |
So viel Harmonie war selten, wenn es um die Verdrängung von Clubs geht: | |
Gleich zehn Menschen sitzen Dienstagmorgen auf einem Podium im Club | |
Magdalena am Ostbahnhof, darunter Vertreter von bedrohten Clubs, Politiker | |
von SPD und CDU, Kulturlobbyisten. Und eigentlich sind sich fast alle | |
einig: Zwar sind die Zeiten für Berlins Clubs nicht rosig. Aber immerhin | |
habe das sogar die rot-schwarze Koalition erkannt und engagiere sich für | |
sie – zumindest mehr als früher. Im Hintergrund läuft Reggae von Bob | |
Marley, gepaart mit Elektrobeats. Klingt alles etwas seltsam. | |
Denn die Situation ist tatsächlich nicht rosig, vor allem für jene drei | |
Läden, um die es an diesem Morgen geht. Der Reggae-Club Yaam darf noch bis | |
Ende Januar an seinem Standort an der Spree bleiben, gleiches gilt für die | |
Magdalena, früher Maria. Der Lichtpark auf der anderen Uferseite muss Ende | |
Dezember schließen. Keiner kann auf eine Vertragsverlängerung hoffen. Das | |
ist auch der Grund für den solidarischen Auftritt. | |
Besonders prekär ist die Situation für das Yaam: Vor gut einem Jahr hatten | |
Senat und Bezirk nach zähen Verhandlungen dessen Rettung verkündet. Es soll | |
in das Gebäude der Magdalena ziehen, für die das an diesem Standort das Aus | |
bedeutet. Um den Deal perfekt zu machen, muss das Grundstück vom Land an | |
den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg übertragen werden. Da hakt es: Die | |
nötige Zustimmung des Vermögensausschusses des Abgeordnetenhauses ist | |
bislang ausgeblieben. „Schon im Frühjahr 2013 hätte es so weit sein | |
sollen“, sagt Yaam-Vorstand Jan Lerch am Dienstag. Nun ist die | |
Ausschusssitzung nächste Woche die letzte Chance. | |
## Zweifel an Beteuerungen | |
Diese Hängepartie lässt Zweifel aufkommen, ob die Beteuerungen von | |
Rot-Schwarz wirklich zutreffend sind. „Wir haben einen anderen Umgang mit | |
der Clubszene als in der vorigen Legislatur“, betont der CDU-Abgeordnete | |
Christian Goiny. Als Beispiel nennt Clara West (SPD), dass landeseigene | |
Liegenschaften nicht mehr nur nach Höchstpreis vergeben würden. Zudem | |
müssten bei Neubauten in Nachbarschaft zu Clubs seit Sommer nun die | |
Investoren für den Lärmschutz sorgen. Kurz: Rot-Schwarz habe die Bedeutung | |
der Szene erkannt. | |
Nur warum ist dann eine zwischen fast allen Parteien eingefädelte | |
Verabredung auch nach fast einem Jahr nicht unter Dach und Fach? Denn | |
geblockt haben alle: Viele Monate sah sich die Finanzverwaltung nicht in | |
der Lage, die nötige Vorlage für den Vermögensausschuss zu verfassen. | |
Später hat der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit irritierenden Aussagen | |
für Verwirrung gesorgt. Und schließlich – bei der letzten Ausschusssitzung | |
– wollten die CDU-Abgeordneten nicht abstimmen. | |
Natürlich geht es um Geld: Streitpunkt ist die mehrere Millionen Euro teure | |
Sanierung der Spreeuferwand auf dem Gelände – und wer dafür aufkommt. Doch | |
braucht es für die Klärung dieser Frage so lange, wenn der politische Wille | |
über Parteigrenzen hinweg vorhanden ist? | |
Die Betreiber der Magdalena haben sich inzwischen mit „der Situation | |
angefreundet“, sagt Sprecher Marco Archidiacono. „Eine Tür schließt sich, | |
eine öffnet sich.“ Lange war die Suche nach einem Ersatzstandort erfolglos. | |
Dabei sei er auf „großes Unverständnis“ bei den Behörden gestoßen, | |
berichtet Ben de Biel, der den Vorgängerclub Maria betrieben hatte. Jetzt, | |
nachdem die Betreiber an die Öffentlichkeit gegangen sind, gebe es | |
Verhandlungen mit dem Hafenbetreiber Behala. | |
3 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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