# taz.de -- Umzug am Spreeufer: „Clubs retten klappt nur mit Glück“ | |
> An Ostern feiern Yaam und Magdalena ihre Abschiedspartys an ihren | |
> bisherigen Standorten. Ein Gespräch mit Jan Lerch vom Yaam-Vorstand. | |
Bild: Noch steht die Magdalena auf Techno. In einigen Wochen wird das anders se… | |
taz: Herr Lerch, lohnt es sich, für den Erhalt von Clubs zu kämpfen? | |
Jan Lerch: Auf alle Fälle. Aber man braucht, das zeigt unsere Erfahrung aus | |
den vergangenen zwei Jahren, viel Durchhaltevermögen – und eine ganze Menge | |
Glück. | |
Sie waren erfolgreich: Ende Mai eröffnet das Yaam im einstigen Club | |
Magdalena beziehungsweise Maria an der Schillingbrücke. Der Deal mit der | |
Politik wurde schon vor eineinhalb Jahren geschlossen. Warum hat es so | |
lange gebraucht? | |
Den Kompromiss zu schmieden und umzusetzen hat so lange gedauert, weil es | |
ein großer Schritt war – für den Bezirk und für den Senat. Das | |
Magdalena-Gelände hätte das Land wahrscheinlich für viel Geld verkaufen | |
können. Darauf verzichtet es – zunächst – und wir bekommen eine | |
Nutzungszeit von zehn Jahren. Diese gewichtige Entscheidung musste durch | |
die verschiedenen politischen Gremien. Und die politischen Mühlen mahlen | |
langsam: Wir mussten sehr viele Menschen überzeugen von unserer Idee. | |
Das Yaam gilt als mögliches Vorbild für die vom Senat angekündigte neue | |
Liegenschaftspolitik: Bei der Vergabe von Grundstücken soll künftig nicht | |
nur der Erlös, sondern auch die geplante Nutzung eine Rolle spielen. | |
Tatsächlich sind die Beispiele Yaam und Magdalena Zeichen dafür, dass sich | |
etwas verändert. Aber ich würde nicht so weit gehen, dass sie als Belege | |
gelten können, dass die neue Liegenschaftspolitik funktioniert. | |
Was verändert sich denn? | |
Das Denken bei den Politikern. Vor einigen Jahren noch waren die Plädoyers | |
für die hiesige Clublandschaft doch nur Sonntagsreden. Inzwischen ist | |
erkannt worden, dass Reden allein nicht mehr helfen, wenn man diesen | |
Standortvorteil Berlins erhalten will. In Fall des Yaam hat das Land | |
konkret auf Einnahmen durch einen Verkauf verzichtet und es uns zur | |
Verfügung gestellt. Das war unsere einzige Chance. | |
Welche Rolle hat der Bezirk dabei gespielt? | |
Ohne die Hilfe des Bezirks wäre es gar nicht gegangen, aber ein Bezirk kann | |
ein Projekt dieser Dimension nicht alleine stemmen. Wir bekamen auch auf | |
Senatsebene Unterstützung, sowohl vom Finanz- wie auch vom | |
Stadtentwicklungssenator, dem Chef der Senatskanzlei und auch von der CDU. | |
Insgesamt kann man sagen, es gab von nirgendwo mehr ernsten Widerstand – | |
sonst wäre das Projekt auch nicht erfolgreich gewesen. | |
Das Yaam ist in der Clublandschaft ein besonderes Projekt: Sie machen nicht | |
nur Parties und Konzerte, sondern auch offene Jugendarbeit und sind als | |
Verein organisiert. Ist die Rettung des Yaam trotzdem ein Vorbild für | |
andere bedrohte Clubs ? | |
Ja. Wobei die Politik sich nicht für jeden x-beliebigen Club so hätte | |
einsetzen können wie für uns. Das wäre nicht durchgegangen. Aber man sieht | |
am Beispiel der Magdalena … | |
… die als Ausweichort ein Grundstück am Osthafen bekommt … | |
… dass es auch für andere Clubs Lösungen geben kann. Man muss im Einzelfall | |
schauen: Was ist möglich? Aber ich muss noch mal betonen: Wir sind kein | |
öffentlich geförderter Club und waren es auch nie in unseren 20 Jahren. Und | |
wir werden ganz normal Miete zahlen wie jeder andere. | |
Was wollen Sie denn am neuen Standort machen? Das Yaam hat immer große | |
Freiflächen bespielt. Zuletzt häuften sich aber am Spreeufer die | |
Lärmbeschwerden von Anwohnern. | |
Wir sind es gewohnt, dass wir nicht viel Lärm machen dürfen, weil wir immer | |
in Nähe von Wohnungen untergebracht waren. Wir werden fast keine Konzerte | |
im Freien machen: Hier am neuen Standort haben wir drinnen viel mehr | |
Möglichkeiten. Das Hauptproblem, das wir sehen, ist der Lärm von Sportlern: | |
Auf unserem Gelände soll es Basketball-, Volleyball- und Fußballplätze | |
geben, vielleicht auch einen Ort für Skater. Diese Möglichkeiten gehören | |
zum Yaam einfach dazu. Da müssen wir Regelungen finden, auch mit den | |
Nachbarn. Und es kann nicht sein, dass Sportlärm strenger beurteilt wird | |
als beispielsweise der Verkehrslärm an Brücken. | |
Das Yaam übernimmt mit der einstigen Maria bzw. Magdalena einen weltweit | |
bekannten Ort für elektronische Musik. Wie machen Sie aus dem Technotempel | |
eine Reggae-Bude? | |
Das Yaam war nie eine reiner Reggae-Club. Wir waren die ersten, die | |
Drum‘n‘Bass in Berlin gespielt haben. Wir waren und sind musikalisch offen. | |
Wir werden die Leute überraschen, hier drin viel verändern und durch die | |
Erschließung der vielen Außenflächen und des Dachs einen Ort schaffen, an | |
dem keiner mehr denken kann: Das war mal ein Technotempel. | |
Dafür ist der 28. Mai als Eröffnungstermin aber reichlich ambitioniert. | |
Wir werden dann sicherlich noch Work in Progress sein, aber auch etliche | |
Sachen fertig haben. | |
Sie haben sich mit den Machern der Magdalena in den vergangenen vier | |
Monaten gemeinsam für den Erhalt der Clubkultur eingesetzt. Da gab es | |
anfangs auch die Idee, dass die Magdalena Teile des Gebäudes nutzt. | |
Das ist keine mir bekannte Idee. Aber die Magdalena findet ja auch eine | |
Anschlusslösung. Auch, weil wir gemeinsam getrommelt haben. Obwohl es | |
anfangs nicht einfach war: Am Anfang stand der Verdacht im Raum, dass da | |
ein Club einen anderen verdränge. De facto war das nie so: Die Magdalena | |
hätte keine Chance gehabt, auf diesem Gelände zu bleiben. Wären wir nicht | |
gekommen, wäre es Anfang 2014 verkauft worden. Dieser Verdacht wurde dann | |
rasch ausgeräumt, weil allen klar wurde: Es geht darum, überhaupt solche | |
Orte zu erhalten. Und sich gegenseitig zu unterstützen. In Berlin werden | |
sich immer Sachen verändern, es kann also nicht darum gehen, dass | |
Clubkultur zementiert wird, so wie sie ist. Wir müssen vielmehr gemeinsam | |
dafür streiten, dass es auch künftig Freiflächen und -räume für Clubs gibt. | |
Das Yaam investiert viel in den neuen Ort. Reichen da die zehn Jahre als | |
Perspektive aus, die ihnen gewährt wurden? | |
Es ist das größte Abenteuer für das Yaam in seiner Geschichte. Für uns ist | |
der Sprung von drei Monaten Sicherheit auf zehn Jahre Sicherheit sehr groß. | |
Und dafür sind wir erstmal dankbar. Wir richten natürlich das, was wir | |
investieren, daran aus, dass es endlich ist. | |
14 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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