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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Klubkohle für Polizeieinsätze
> Grund ist ein Vorschlag der Genossen zur Finanzierung von
> Polizeieinsätzen im Fußball. Werder-Boss Fischer tritt nach 50 Jahren aus
> der SPD aus – zu Recht.
Bild: Lauschig: Polizisten zwischen Dortmunder und Schalker Fanhorden
BREMEN taz | Das hatte Sigmar Gabriel sich anders vorgestellt. Gerade hatte
er stolz verkündet, der Mitgliederentscheid zum Koalitionsvertrag habe der
Partei 3.000 neue Mitglieder beschert – da sorgt ein einziger
Parteiaustritt für weit größere Schlagzeilen. Werder Bremens Präsident
Klaus-Dieter Fischer gab den Genossen sein Parteibuch nach 50 Jahren tief
enttäuscht zurück.
Fischers Groll gilt allerdings nicht der Großen Koalition, sondern einem
Prüfauftrag der vergleichsweise kleinen Bremer SPD-Fraktion, ob die Kosten
für Polizeieinsätze bei Bundesligaspielen künftig der Deutschen Fußball
Liga (DFL) als Veranstalter auferlegt und auch „gegen den Willen des
Zahlungspflichtigen“ durchgesetzt werden könnten.
Während die offizielle Stellungnahme von Werder Bremen relativ gelassen
ausfällt, droht DFL-Präsident Reinhard Rauball mit dem Gang vor das
Bundesverfassungsgericht und sieht in der Forderung einen „populistischen
Dauerbrenner“. So richtig poltert aber Fischer los, der auch einer von drei
Geschäftsführern der ausgegliederten SV Werder Bremen GmbH & Co KGaA ist.
Von „mangelnder Wertschätzung gegenüber einem der Leuchttürme, die die
Stadt Bremen auch nach außen repräsentieren und dazu noch für erhebliche
Einnahmen des Landes sorgen“, ist da die Rede. Und aus der Tatsache, dass
die SPD den Verein vorher nicht gefragt hat, wird ein „erheblicher Mangel
an Demokratieverständnis“.
Das ist natürlich maßlos übertrieben. Warum sollen sich Volksvertreter
nicht auch einmal unabhängig von einflussreichen Akteuren eine Meinung
bilden? Die miserable Haushaltslage des kleinsten Bundeslandes erlaubt
keine Rücksichten auf alte Freundschaften mehr, und da ist es verständlich,
darüber nachzudenken, ob man sich die Kosten für „Polizeidienststunden zur
Sicherung von Bundesligaspielen“, die sich in der Saison 2012/2013 auf rund
45.328 Stunden und Kosten von 2,8 Millionen Euro summierten, nicht von
denen wiederholen kann, die an diesen Veranstaltungen mehr als gut
verdienen.
Den ganz großen Konflikt mit Werder will die Bremer SPD offensichtlich
dadurch umgehen, dass sie die Inkassotrupps nach Frankfurt zur DFL und
nicht direkt zum Weserstadion schicken will. Dennoch wird die Rechnung
nicht aufgehen – nicht nur, weil es „keine rechtliche Grundlage für eine
Beteiligung der DFL an den Kosten des Polizeieinsatzes gibt“, wie Werder
Bremen mitteilte.
## Schutz im öffentlichen Raum
Selbst wenn eine geschaffen würde, zöge die Grenzziehung, welche
Veranstaltung dann überhaupt noch auf Staatskosten geschützt werden kann,
einen Rattenschwanz an Prozessen nach sich. Schließlich geht es auch bei
Bundesliga-Spielen um den Schutz im öffentlichen Raum – im Stadionbereich
zahlen Vereine und DFL schon jetzt die Sicherheitsdienste. Wie sieht es mit
Rockkonzerten, Volksfesten und Demonstrationen aus? Sollte die
Stadtreinigung dann auch entschädigt werden? Und die Krankenkassen?
Die Grenze bei „kommerziell veranlassten Polizeieinsätzen“ zu ziehen, wie
es die Bremer SPD tut, zeugt von wenig Kenntnis der Fankultur. Die meisten
der von Polizeieinsätzen betroffenen Fußballanhänger organisieren ihre
Teilhabe am Fußball explizit gegen dessen Kommerzialisierung. Ein großer
Teil der Einsätze wäre ohnehin verzichtbar, wenn die Polizei mehr von
Jugendkulturen verstehen würde.
Eine andere Grenze sollte dagegen strikt eingehalten werden: die zwischen
Zivilgesellschaft und repressiven Staatsorganen. Wenn diese verwischt wird
und Vereine und Polizei den Fans als gemeinsamer Block gegenüberstehen,
würden die sich die Fans in ihrem Handlungsspielraum noch bedrohter fühlen.
Es ist nicht die Aufgabe der Bundesliga-Vereine, Reiterstaffeln und
Pfefferspray zu bezahlen. Sie sollten dafür aber einen weitaus größeren
Teil ihrer Umsätze in Fanbetreuung und soziokulturelle Projekte stecken.
Pech für die Bremer SPD, dass ihr ehemaliger Genosse Klaus-Dieter Fischer
mit Recht darauf hinweisen kann, dass der SV Werder in diesem Bereich
weiter ist als viele andere Klubs.
7 Dec 2013
## AUTOREN
Ralf Lorenzen
## TAGS
Fußball
Polizei
Werder Bremen
DFL
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Fußball
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