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# taz.de -- Indische Landtagswahlen: Achtungserfolg für „Normalbürger“
> Die regierende Kongresspartei verliert vier Landtagswahlen, die reche BJP
> gewinnt. In der Hauptstadt Delhi punktet überraschend eine neue
> Antikorruptionspartei.
Bild: Anhänger der überraschend erfolgeichen Anti-Korruptionspartei AAP feier…
BERLIN taz | Reisigbesen schwingend haben Anhänger der Aam Aadmi Partei
(AAP – „Partei des Normalbürgers“) am Montag in Delhi enthusiastisch den
Überraschungserfolg ihrer neuen Antikorruptionspartei bei der Landtagswahl
in der indischen Hauptstadtregion gefeiert. Die erst vor einem Jahr
gegründete AAP, deren Parteisymbol ein Besen ist, kam hier auf Anhieb auf
28 der 70 Sitze.
Die AAP verwies damit die seit 15 Jahren die Hauptstadt regierende
Kongresspartei auf Rang drei. Sie kam nur noch auf acht Sitze. Der
AAP-Spitzenkandidat, der Sozialaktivist und frühere Finanzbeamte Arvind
Kejriwal, nahm Delhis bisheriger Ministerpräsidentin Sheila Dikshit sogar
direkt ihren Wahlkreis ab.
Mit ihrem Erfolg verhinderte die AAP in Delhi die Machtübernahme der
hindunationalistischen BJP. Die verfehlte mit 32 Sitzen knapp die Mehrheit.
Doch da jetzt weder BJP noch AAP die Regierung bilden können, könnte es
bald Neuwahlen geben. Denn eine Koalition mit dem Kongress schließen beide
aus.
Die Kongresspartei ist die große Verliererin der fünf Landtagswahlen vom
November und Dezember, deren Ergebnisse jetzt am Sonntagabend und Montag
vorgelegt wurden. Gleich in vier Staaten verlor der Kongress gegen die BJP.
Nur im winzigen nordöstlichen Mizoram bestand er gegen eine Regionalpartei.
## „Demütigende“ Niederlage für Kongresspartei
Die Tageszeitung The Hindu nannte die Kongress-Niederlage in den vier
Staaten mit zusammen 180 Millionen Einwohnern „demütigend“. In Delhi und in
Rajasthan verlor der Kongress die Macht an die BJP, in Madhya Pradesh und
Chhattisgarh konnte sich die BJP behaupten, in Madhya Pradesh gar mit einer
erdrückenden Mehrheit von 162 der 200 Sitze gegenüber nur 21 für den
Kongress.
Viele Kommentatoren sehen die konservative BJP bei den Parlamentswahlen,
die spätestens im Mai stattfinden müssen, schon als sichere Siegerin. Doch
verweisen manche Beobachter darauf, dass die BJP im Norden Indiens schon
immer stärker gewesen ist als im Rest des Landes und es ihr bisher noch nie
gelang, im Süden die dortigen Regionalparteien zu dominieren. Ohnehin wird
es wegen der vielen Regionalparteien wieder auf eine Koalitionsregierung
hinauslaufen.
Unklar bleibt, wie die AAP abschneidet, wenn sie nach ihrem jetzt
erfolgreichen Test in der Hauptstadt landesweit antritt. Viele zweifeln
jedoch, dass die sich als unverbraucht darstellende
Anti-Establishment-Partei jenseits der großen Städte Erfolg haben wird.
## Wirtschaft begrüßt Erfolg der rechten BJP
Im Unterschied zur verbraucht erscheinenden und korruptionsgeplagten
Kongresspartei hat die BJP mit dem wirtschaftsfreundlichen und effizient
regierenden Modi den Generationswechsel vollzogen. Indiens Aktienindex und
Währungskurs reagierten am Montag entsprechend positiv auf die Wahlsiege
der BJP.
Bei der Kongresspartei hatte der mutmaßliche Kronprinz Rahul Gandhi zwar
jetzt eine wichtige Rolle als Wahlkampfstratege gespielt. Doch war der
zögerliche Sohn von Parteichefin Sonia Gandhi bisher nicht nur wenig
erfolgreich, sondern scheut auch noch davor zurück, Regierungsverantwortung
zu übernehmen und damit seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Auch ist
er noch nicht zum Spitzenkandidaten gekürt worden.
Der amtsmüde erscheinende Ministerpräsident Manmohan Singh gilt dagegen mit
seinen 81 Jahren als viel zu alt, um das Land weiterzuregieren und ihm eine
neue Dynamik verpassen zu können.
## Agonie unter Regierungschef Manmohan Singh
##
Demgegenüber regiert der BJP-Spitzenkandidat Modi (63) seit zwölf Jahren
den wirtschaftsstarken westlichen Bundesstaat Gujarat. Umstritten ist er
allerdings, weil seine Regierung 2002 dort in antimuslimische Pogrome mit
bis zu 2.000 Toten verwickelt war.
Ernüchternd für die Kongresspartei war jetzt auch, dass ihr umstrittenes
21-Milliarden-Dollar-Programm zur Ernährungssicherung, an dem jüngst die
WTO-Verhandlungen in Bali fast gescheitert wären, ihr nicht den Sieg
sichern konnte. Vielmehr scheinen die Wähler der Korruption überdrüssig und
vom geringen Wirtschaftswachstum enttäuscht.
9 Dec 2013
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Wahlen in Indien
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