# taz.de -- Kommentar Nelson Mandela: Das große Vermächtnis | |
> In Soweto ist nicht nur der Vorkämpfer gegen Apartheid beerdigt worden. | |
> Mit Mandela bekam Afrika eine eigene politische Kultur, die sich jedem | |
> Vergleich stellen kann. | |
Bild: Südafrika verabschiedet sich von „Madiba“. | |
Mandela lebt. Kein Staatsmann der jüngeren Geschichte hat nach seinem Tod | |
so viele und so unterschiedliche Kollegen aus aller Welt zusammengebracht, | |
selten gab es auf einer Trauerfeier so lebendige und brisante Reden und | |
Reaktionen. | |
Castro und Obama geben sich die Hand, Hollande und Sarkozy scherzen | |
miteinander, das südafrikanische Publikum buht lustvoll den eigenen | |
Präsidenten aus und jubelt begeistert dem US-Präsidenten zu, wenn er das | |
Fortdauern politischer Verfolgung auf der Welt geißelt. | |
Im strömenden Regen von Soweto zeigt sich, dass der Funken, der von Nelson | |
Mandelas Leben ausgeht – nämlich der Mut, Bestehendes infrage zu stellen –, | |
auf das Volk übergesprungen ist und seinen Tod überdauert. | |
Allzu leicht wäre es, Nelson Mandela als Vorkämpfer gegen die Apartheid zu | |
ehren, ihn zu beerdigen und zu vergessen. So manche in Südafrika und | |
darüber hinaus wünschen sich das wohl. Aber wenn es nicht nur um den Kampf | |
gegen überwundene Unrechtssysteme geht, sondern um die persönliche Haltung, | |
die die dauerhafte Überwindung von Unrecht erst möglich macht, dann bleibt | |
Mandelas Vermächtnis gerade nach seinem Tod aktuell, in Südafrika, in | |
Afrika und darüber hinaus auf der ganzen Welt. Das hat Barack Obama in | |
Soweto begriffen und ausgesprochen, und dafür danken ihm die Südafrikaner. | |
Dass der US-Amerikaner sich selbst explizit in die Reihe jener stellt, die | |
erst durch Mandelas Kampf Erfolg auch im eigenen Land haben konnten, hebt | |
ihn über die Ränge seiner europäischen Amtskollegen hinaus. | |
## Marginale Rolle Europas | |
Einmal mehr zeigt sich dieser Tage, welche marginale Rolle Europa heute | |
noch im Rest der Welt spielt. Kein einziger europäischer Politiker durfte | |
in Soweto das Wort ergreifen. Es sprachen neben Obama als auswärtige Gäste | |
die Präsidenten von Brasilien, Namibia, Indien und Kuba, der Vizepräsident | |
Chinas, der UN-Generalsekretär. | |
Wenn ein Europäer derzeit in Afrika Eindruck machen will, wie der Franzose | |
Hollande, schickt er Soldaten nach Bangui – das Gegenteil von Mandelas | |
Vermächtnis. | |
Mit Mandelas Eintritt in die Ewigkeit bekommt Afrika endgültig eine eigene | |
politische Kultur, die sich vor keinem Vergleich zu scheuen braucht und die | |
endgültig Europas Anspruch auf ein Monopol globaler Werte bricht. Das | |
ermöglicht es Afrikas Jugend, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. | |
An diesem historischen Tag ist diese Vision in Soweto sichtbar geworden. | |
10 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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