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# taz.de -- Trauerfeier für Nelson Mandela: Ein Leben wie kein anderes
> Mit Stolz und Dankbarkeit gedenken die Südafrikaner ihres Befreiers - und
> geloben, sein Werk zu vollenden. Präsident Jacob Zuma hat dabei keinen
> Platz.
Bild: Mandela-Fans trotzen dem heftigen Regen im Stadion von Soweto.
JOHANNESBURG taz | „Viva Madiba - Viva!“ Das Echo im Fußballstadion in
Soweto hallt nach, schallt durch die vollen Ränge und zum offenen Dach
hinaus. Tausende von Zuschauern singen im Toyi-toyi-Tanzschritt, behängt
mit Flaggen Südafrikas und den grün-gelb-schwarzen Farben des Afrikanischen
Nationalkongresses. Ein Meer von bunten Regenschirmen tanzt am
Spielfeldrand. „Amandla – Awethu“! (Die Macht dem Volke) – der alte Ruf…
dem Befreiungskampf findet ein neues Echo: Abertausende von Menschen sind
am Dienstag bei strömendem Regen in das große Stadion gezogen, um von
Nelson Rolihlahla Mandela Abschied zu nehmen, ihrem Helden.
Ein letztes Mal sind sie vereint mit dem Geist Mandelas. Erinnerungen
werden wach: In diesem Stadion in Soweto, in Soccer City, bekam Mandela
tosenden Applaus, als er 2010 die Welt grüßte, zum letzten Mal. Jetzt
reiste die Welt an, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Oberhäupter und
politische Führer aus über 90 Ländern hielten Einzug, um sich zu einer der
größten Gedenkveranstaltungen der südafrikanischen Geschichte mit über
50.000 Menschen zu versammeln.
In aller Frühe hatten die glühendsten Anhänger Mandelas das Stadion für
sich erobert. Der Regen konnte niemanden abhalten, stundenlang auf Einlass
zu warten. Auf Pappschildern klebte Mandelas Porträt, aus den Titelseiten
der Zeitungen geschnitten und aufgeklebt. Wer keinen Regenschirm hatte, kam
in zum Regenmantel umgewandelten Plastiksäcken. Pula, Regen in der
Sesotho-Sprache dieser Region, ist ein Segen, sagen die Einheimischen: Die
Ahnen heißen damit einen Sohn ihrer Erde willkommen.
Auf den Großbildleinwänden des Stadions erinnert Mandelas Porträt an sein
Leben, seinen Kampf für ein bessere Welt und für Gleichberechtigung. „Es
ist eine einzige Ehre, heute bei euch zu sein, um ein Leben wie kein
anderes zu feiern“, sagte US-Präsident Barack Obama unter einem Beifall,
der kaum rauschender sein könnte.
Auch kann kein Kontrast könnte schärfer sein, wenn es um den
Beliebtheitsgrad der Gäste geht: Nach dem Jubel für Obama schallen wenig
später Buhrufe für den eigenen Präsidenten Jacob Zuma durch den Regen.
Schon beim Eingang ins Stadion zeigen die Zuschauer: Zuma ist nicht mehr
ihr Mann. Es ist Mandela. Er brachte Frieden im Kampf um Gerechtigkeit.
„Er bringt mich dazu, dass ich ein besserer Mensch sein will“, sagt Obama.
Er kritisiert politische Verfolgung und Diktaturen, lobt Mandela für seinen
Rücktritt als Präsident nach nur einer Amtszeit, zitiert seinen berühmten
Satz, dass er bereit sei, für sein Ideal einer freien und demokratischen
Gesellschaft zu sterben. Unbewegt hören andere Präsidenten ihm zu, wie er
Sätze sagt, die sie ins Mark treffen müssten.
## Obama am Puls Südafrikas
Obama, keiner sonst, hat den Finger am Puls Südafrikas. Bei dem Treffen der
Weltgrößen vergleicht Obama die südafrikanische Ikone mit den verstorbenen
Freiheitshelden Mahatma Gandhi und Martin Luther King und würdigt ihn als
„den letzten großen Befreier des 20. Jahrhunderts“.
Die Massen im Stadion sind bewegt. „Wir brauchen diese große Feier, das ist
unsere Art zu trauern“, sagt Elisabeth Mokoena, eine Krankenschwester im
Publikum. „Das wird die jetzige Regierung daran erinnern, was sie zu tun
hat.“ Ein gutes Beispiel zu geben, das sei wichtig. „Wir sind noch nicht da
angelangt, wo Mandela hinwollte. Ich habe Vertrauen in uns und hoffe, wir
ruinieren es nicht.“
Ein neues Selbstbewusstsein ist zu spüren. „Ich bin stolz darauf, dass er
für uns gekämpft hat“, sagt Mokoenas 13-jährige Nichte Dora Matlala. „Und
wir werden als Jugendliche da weitermachen, wo er aufgehört hat.“ Mokoenas
12-jährige Tochter Teso fühlt sich bei dieser Gedenkfeier Madiba nahe wie
nie zuvor. „Wir sind eine Nation. Wir können Verantwortung übernehmen und
unsere Träume erfüllen.“ Die junge Generation ist voller Respekt, gepaart
mit Hoffnung, sie feiert Mandela im Stadion genauso wie ihre Eltern und
Großeltern.
Der Schmerz ist seiner Familie besonders anzusehen. Die Witwen Graca Machel
und Winnie Mandela umarmen sich, halten kurz inne. ANC-Vizepräsident Cyril
Ramaphosa hat Mühe, um die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu bitten. Dreimal
ruft er sie zur Disziplin auf, doch sie unterbrechen Reden, um Obama und
Clinton zuzujubeln. Die Geräuschkulisse ist überwältigend. Brasiliens
Präsidentin Dilma Rousseff und der chinesische Vize Li Yuanchao sind kaum
zu hören. Mandelas Porträt verschwindet vom Großbildschirm, „Ruhe bitte“
taucht auf.
Der Stolz der Südafrikaner auf Madiba, den Vater der Nation, und ihre
Dankbarkeit ist sichtbar. Auf T-Shirts prangt „Thank you Madiba!“ Auch wenn
er nicht mehr da ist, sie werden ihn immer lieben. Das ist die Stimmung
unter trübem Himmel, getragen vom Gesang.
10 Dec 2013
## AUTOREN
Martina Schwikowski
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