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# taz.de -- Zentralafrikanische Republik: Täglich zehntausend neue Flüchtlinge
> Mittlerweile sind über 210.000 Menschen vor den mordenden Milizen in
> Bangui auf der Flucht – doch nur der kleinere Teil von ihnen wird
> versorgt.
Bild: Warteschlange bei einer Essensausgabe außerhalb von Bangui. Die Lebensmi…
BERLIN taz | Auf Satellitenbildern sind sie gut zu sehen: lauter kleine
weiße Punkte an verschiedenen Stellen links neben dem Flughafengebäude,
einmal Richtung Zufahrtsstraße, einmal Richtung Piste und noch einmal
weiter draußen im Busch. Es sind Zeltstädte am Flughafen von Bangui,
Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik.
Dort leben rund 40.000 Menschen unter Flugzeugwracks oder unter freiem
Himmel. Sie erhoffen sich Schutz durch die französische Militärbasis auf
der anderen Seite des Flughafengebäudes. Denn ihre Stadt Bangui ist
Schlachtfeld für Milizen.
Seit fast zwei Wochen nun ist Frankreichs Militär in der
Zentralafrikanischen Republik im Kampfeinsatz, mit insgesamt 1.600 Mann
zusammen mit Eingreiftruppen aus afrikanischen Nachbarländern. Aber die
Zahl der Vertriebenen und Fliehenden in Bangui steigt unablässig: 127.000
Anfang vergangener Woche, 189.000 am Wochenende, 214.000 am Dienstag. Die
meisten halten sich, je nach Religionszugehörigkeit, auf Moscheen- oder
Kirchengeländen auf.
Die Franzosen hatten als erstes die in Bangui regierende ehemalige
Rebellenarmee Séléka aufgefordert, sich aus den Straßen zurückzuziehen und
die Waffen abzugeben, und dieser Forderung ab 9. Dezember mit Gewalt
nachgeholfen.
Die Séléka-Gegner in den als „Anti-Balaka“ (Gegen die Macheten) bekannten
lokalen Milizen, die mit Soldaten des im März von Séléka gestürzten
Präsidenten François Bozizé zusammenarbeitet, blieben hingegen zunächst
unbehelligt. Kein Wunder, dass daraufhin die Séléka-Regierung unter
Präsident Michel Djotodia den Franzosen misstraute und auch die Gewalt in
Bangui andauerte.
Séléka wird von Muslimen geführt, und ihre christlichen Gegner in den
Anti-Balaka sehen sie als fremde Besatzer an. Wo die christlichen Milizen
herrschen, müssen Muslime damit rechnen, gelyncht zu werden. Séléka
wiederum zögert nicht vor blutiger Rache. Auf den Hauptstraßen von Bangui,
wo vorher Séléka herrschte, geben jetzt die Franzosen den Ton an; in den
Slumvierteln sind die christlichen Milizen in der Oberhand.
Erst am 17. Dezember begannen die Franzosen, auch in die
Anti-Balaka-Hochburg Boy-Rabe vorzudringen und Milizionäre zu entwaffnen –
zu spät für zahlreiche Gewaltopfer.
## Schwere Vorwürfe gegen die UN-Hilfswerke
„Trotz der Anwesenheit französischer und afrikanischer Streitkräfte werden
täglich Zivilisten willkürlich umgebracht“, so die
Menschenrechtsorganisation Amnesty International in einem Bericht zur Lage
in Bangui, der am Donnerstag vorgestellt wird. „Seit 8. Dezember wurden
mindestens 90 Menschen getötet. Manche wurden erschossen, andere mit
Macheten getötet oder gar gesteinigt.“ Um den „Kreislauf der Gewalt“ zu
brechen, müssten alle Milizen entwaffnet und die Entwaffneten auch vor
Rache geschützt werden. Eine Aufstockung der internationalen Militärpräsenz
sei nötig.
Internationale Hilfe gestaltet sich schwierig. In einem offenen Brief erhob
Ärzte ohne Grenzen am 12. Dezember schwere Vorwürfe gegen die „inakzeptable
Leistung“ der UN-Hilfswerke: „Wiederholte Evaluierungen angesichts
dringender Bedürfnisse und zahlreiche Koordinationstreffen haben zu
keinerlei konkretem Handeln außerhalb der wichtigsten Hotspots geführt“, so
der Brief. Die UN-Agenturen würden nichts tun, außer Zahlen
zusammenzustellen.
Das UN-Welternährungsprogramm WFP begann nach eigenen Angaben erst am 13.
Dezember mit Lebensmittelverteilungen am Flughafen. Und nach wie vor
erreicht das WFP nur 80.000 der 214.000 Vertriebenen in Bangui. Und noch
viel weniger Versorgung gibt es außerhalb der Hauptstadt, wo der
wechselseitige Terror von Milizen ganze Landstriche entvölkert hat.
19 Dec 2013
## AUTOREN
Dominic Johnson
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