# taz.de -- Korruptionsskandal in der Türkei: AKP sucht Ausgleich mit Gülen | |
> Während Regierungschef Erdogan hart bleibt und Drohreden gegen seine | |
> Gegner hält, schlägt Außenminister Davutoglu versöhnlichere Töne an. | |
Bild: Regierungschef Erdogan spricht vor Anhängern in Ankara. | |
ISTANBUL taz | Mit widersprüchlichen Signalen reagiert die türkische | |
AK-Partei derzeit auf die Korruptionskrise, die die Regierung seit zwei | |
Wochen erschüttert. Während Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan nach wie | |
vor die Flucht nach vorn sucht und mit Drohreden gegen vermeintliche oder | |
tatsächliche Gegner täglich Auftritte in verschiedenen Städten absolviert, | |
wandte sich sein Außenminister Ahmet Davutoglu jetzt erstmals direkt an die | |
Gülen-Bewegung und forderte die Vertreter des greisen Predigers Fethullah | |
Gülen zum Gespräch auf. | |
Seit dem 17. Dezember wurde die Regierung von Erdogan durch mehrere | |
Korruptionsermittlungen in eine schwere Krise gestürzt. Da auch vier | |
Minister und deren Angehörige von Korruptionsvorwürfen betroffen waren, | |
musste Erdogan sein Kabinett umbilden und tauschte vergangene Woche zehn | |
Minister aus. Seit mehreren Tagen hält sich hartnäckig das Gerücht, die | |
ermittelnden Staatsanwälte hätten auch eine Akte gegen Bilal Erdogan, den | |
jüngeren Sohn des Ministerpräsidenten. | |
Erdogan hat in den letzten Tagen als Reaktion auf die Ermittlungen | |
mindestens 600 Polizisten strafversetzt oder entlassen, darunter die Chefs | |
der Sondereinheiten für organisierte Kriminalität und des polizeilichen | |
Nachrichtendienstes. | |
## Zwist über israel und Syrien | |
Erdogan, wie nahezu alle politischen Beobachter in der Türkei, geht davon | |
aus, dass die ermittelnden Staatsanwälte und die wichtigsten | |
Polizeioffiziere, die an den Ermittlungen beteiligt sind, Mitglieder oder | |
Sympathisanten der islamischen Gülen-Bewegung sind, mit der die AKP sich in | |
einem heftigen Streit befindet. Doch die Korruptionsvorwürfe sind so | |
substanziell, dass Erdogan und seine Minister sie kaum glaubhaft bestreiten | |
können. | |
Schon vor einigen Tagen veröffentlichte ein Berater von Erdogan auf | |
Facebook einen Beitrag, in dem er davon sprach, bei dem Streit zwischen der | |
Regierung und der Gülen-Gemeinde könnten beide Seiten nur verlieren. | |
Davutoglu hat diesen Gedanken jetzt aufgegriffen und die „Freunde“ der | |
Gülen-Bewegung zum Dialog aufgefordert. Auslöser für den Konflikt sind | |
neben Verteilungsfragen auch politische Meinungsverschiedenheiten, darunter | |
der Umgang mit Israel und den islamistischen Gruppen in Syrien. | |
## Sechs Prominente haben die AKP letzte Woche verlassen | |
Weil Gülen, der seine Bewegung von den USA aus steuert, stärker auf der | |
Linie Washingtons liegt, kritisiert er Erdogans Zerwürfnis mit Israel schon | |
lange und lehnt auch die Unterstützung al-Qaida-naher Gruppen in Syrien ab, | |
die die CIA Erdogan und dem türkischen Geheimdienst MIT vorwirft. | |
Ob eine Verständigung zwischen der AKP und der Gülen-Gemeinde jetzt noch | |
möglich ist, scheint allerdings fraglich. Vor allem Ministerpräsident | |
Erdogan denkt nicht daran, auf seine Gegner zuzugehen. Bei seiner letzten | |
Veranstaltung wiederholte er seine Vorwürfe und rief der Menge zu, | |
diejenigen, die versuchten ihn zu stürzen, würden genauso scheitern, wie | |
die Gezi-Demonstranten im Sommer. | |
Die harte Haltung Erdogans führt mittlerweile aber zu einem bis vor Kurzem | |
noch undenkbaren Widerspruch in der AKP. Ausdruck davon sind auch diverse | |
Parteiaustritte: Allein in der vergangenen Woche haben sechs prominente | |
AKPler die Partei verlassen, darunter zwei ehemalige Minister. | |
30 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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