# taz.de -- Hannes Wader über politische Lieder: „Ich bin dazu gezwungen wor… | |
> Der Liedermacher geht wieder auf Deutschland-Tournee. Ein Gespräch über | |
> das, was gestern noch galt und heute oder morgen vielleicht nicht mehr. | |
Bild: Hannes Wader: „Hüsch tot, Degenhardt tot, da blieb ja nur noch ich als… | |
Hannes Wader hört schlecht. Hinter den Ohren klemmen Hörgeräte und er würde | |
sich lieber umsetzen, irgendwohin, wo er nicht das Gefühl hat, brüllen zu | |
müssen, um sich verständlich zu machen. Nicht, dass der Linken liebster und | |
zugleich umstrittenster Liedermacher nicht auch mit 71 Jahren klare | |
Meinungen und was zu sagen hätte – es muss nur nicht mehr so laut sein. | |
sonntaz: Herr Wader, erzählen Sie uns bitte einen richtig schlechten Witz. | |
Hannes Wader: Ja, gern. Aber der ist gar nicht so schlecht. | |
Trotzdem. | |
Sie haben es nicht anders gewollt. Herr Kästner hat 100. Geburtstag. Es | |
klopft an der Tür, draußen steht die Gemeindeschwester Martha und sagt: | |
Herr Kästner, gleich kommen der Bürgermeister, die Blaskapelle und die | |
Presse zum Gratulieren, aber Sie stinken. Ab ins Badezimmer, ich schrubbe | |
Sie ab. Sie gehen ins Badezimmer, sie schrubbt ihn ab, und als sie in die | |
entsprechenden Regionen vordringt, bekommt Herr Kästner einen Ständer. Was | |
muss ich da sehen, Herr Kästner, eine Erektion? Sie in Ihrem Alter, | |
schimpft Martha. Sagt der Alte: Es tut mir leid. Früher konnte ich immer | |
noch einen 10-Liter-Eimer drüberhängen. Heute geben die Knie immer gleich | |
nach. | |
Der ist nicht wirklich schlecht. | |
Stimmt, der ist nicht schlecht genug. Der ist eigentlich ganz gut. | |
Lachen Sie denn gerne über schlechte Witze? | |
Ja, allerdings. | |
Ist dieser Hang zum Scherz auch mal in Ihren Liedern drin? | |
Ja, denke ich schon. Aber die Leute merken es meist nicht. Außerdem | |
versuche ich natürlich, in Liedern nicht ganz so dumme Witze zu machen. | |
Und auf der Bühne? | |
Hab ich schon gemacht. Da schrecke ich nicht vor zurück. | |
Macht Ihnen das auch deshalb so einen Spaß, weil Sie damit gegen Ihr | |
eigenes Image vorgehen? | |
Darüber habe ich noch nie so nachgedacht. | |
Aber das konterkariert schon Ihr Image vom eher spröden, ernsten Sänger. | |
Ja, aber umso größer sind die Lacher, wenn es mir gelingt, den Witz schön | |
trocken zu erzählen. Das erhöht natürlich die Wirkung, wenn es nicht | |
erwartet wird. Mir macht das schon Spaß, das Publikum zu irritieren. Da | |
fällt mir gerade Peter O’Toole ein, der gerade gestorben ist. Der wurde, da | |
war er bereits hoch in den Siebzigern, mal gefragt, wie er sich fit hält. | |
Er hat gesagt: Indem ich ständig hinter den Särgen meiner Freunde | |
hinterherlaufe. Das ist geistreich, aber auch ein Kalauer. Ich mag Kalauer, | |
aber in Liedern vermeide ich sie lieber. | |
Warum eigentlich? | |
Kalauer nützen sich schnell ab. Aber so ein Lied will man ja öfter spielen. | |
Vielleicht. Könnte es aber andererseits nicht sein, dass ein politisches | |
Lied eine größere Wirkung hätte, wenn es nicht so todernst wäre wie die | |
meisten politischen Lieder sind? | |
Ja, da ist was dran. Politische Lieder bekommen schnell etwas Papiernes, | |
wenn sie anklagend sind. Aber wie soll man das machen? Wenn es um eine | |
unerträgliche Tatsache geht wie den Tod von hungernden Kindern? Wie soll | |
man das denn lustig formulieren? Das ist nicht möglich. Oder vielleicht ist | |
es auch möglich, aber ich jedenfalls bin dazu unfähig. | |
Ihre Lieder haben es auch ohne Humor geschafft, eine große Wirkung zu | |
entfalten. Glaubt jedenfalls Ihr Kollege und Freund Reinhard Mey. Der | |
sagte, als Sie den Echo für Ihr Lebenswerk bekamen, in seiner Laudatio, Sie | |
hätten „das erreicht, was alle Liedermacher sich auf die Fahne geschrieben | |
haben: die Welt ein Stück besser zu machen“. Wie sehen Sie das? | |
Da hat Reinhard übertrieben. Den Anspruch hatte ich auch gar nicht, | |
jedenfalls nicht in meinen Anfängen. Als ich angefangen habe, wollte ich | |
nur singen – nicht irgendeine Scheißwelt verbessern. Zu den politischen | |
Songs bin ich in gewisser Weise gezwungen worden – von außen, vom, sagen | |
wir es ruhig so, vom Zeitgeist. Die Frage, die die Journalisten damals in | |
den Sechzigern als Erste stellten, war immer dieselbe: Glauben Sie, dass | |
Sie mit Ihren Liedern die Welt verändern können? Da war meine Antwort zwar | |
immer Nein, aber der Anspruch stand im Raum. Diese Forderung ist natürlich | |
nicht an mir abgeprallt. | |
Ihre politischen Lieder sind also hauptsächlich auf Druck des damaligen | |
Zeitgeistes entstanden. | |
Ja. Ich hab mich zwar gewehrt, denn ich genüge ungern Ansprüchen und | |
Forderungen – bis heute. Aber ich lebe immer in einer Atmosphäre von | |
Forderungen, die sich natürlich auch verstärken, wenn man bekannter wird. | |
Diese Forderung steht übrigens immer noch im Raum, sie piesackt mich immer | |
noch. Deshalb entsteht dann – wenn auch seltener inzwischen – immer mal | |
wieder ein sogenanntes politisches Lied. | |
Obwohl Sie eigentlich glauben, dass man nichts verändern kann mit solchen | |
Liedern? | |
So weit tiefstapeln möchte ich dann auch wieder nicht. Man kann schon was | |
verändern, sich selbst zum Beispiel. In dem Moment, wo ich gezwungen bin, | |
einen Gedanken in Reime zu bringen, kann mich dieser Gedanke auch | |
verändern. | |
Vor ein paar Jahren hat der rechtsradikale Liedermacher Frank Rennicke | |
Ihren Song „Es ist an der Zeit“, eine Hymne der Friedensbewegung, | |
nachgespielt. | |
Ja, das war ein Schlag. Ich bin im Stuttgarter Theaterhaus aufgetreten und | |
saß danach noch mit Freunden zusammen. Da kommt ein Mann im Trenchcoat | |
rein, legt mir eine Scheibe auf den Tisch und sagt: Ich wollte Ihnen mal | |
zeigen, was ich so mache, Wiederseh’n. Weg war er. So habe ich davon | |
erfahren, dass er mein Lied gecovert hat. Ich habe dann den Verlag | |
kontaktiert, aber man kann dagegen rechtlich nichts machen. | |
Rennicke hat kein einziges Wort verändert, trotzdem bekam der Song eine | |
völlig andere Bedeutung. Lässt einen so etwas nicht grundsätzlich zweifeln | |
an dem, was man da tut? | |
Nein, nicht so sehr, wie man vielleicht denken könnte. Denn theoretisch | |
hatte ich das schon im Hinterkopf, dass so etwas passieren kann. Das ist ja | |
auch schon oft genug passiert: Das Horst-Wessel-Lied war ursprünglich ein | |
Rotfront-Lied, dann wurden zwei Worte ausgewechselt und es war ein | |
faschistisches Lied, bekam die gegenteilige Bedeutung. Mir passiert das ja | |
selbst mit meinen eigenen alten Liedern, die durch einen veränderten | |
Zeitgeist plötzlich wieder aktuell werden und eine andere Bedeutung | |
annehmen vor einem veränderten gesellschaftlichen Hintergrund – und das, | |
obwohl sie zum Teil schon vierzig Jahre alt sind. | |
Was halten Sie von Rennickes Version? | |
Ich habe sie nie angehört. | |
Warum? | |
Ich wollte nicht. Ich hab mich nicht getraut. | |
Hatten Sie Angst, das Lied dann selbst nicht mehr spielen zu können? | |
Ja, vielleicht. | |
Bekommt man da nicht Zweifel, ob das politische Lied seine Funktion | |
überhaupt erfüllen kann – wenn es so leicht missbraucht werden kann? | |
Das ist ein Dilemma. Aber so ist das nun mal mit den Worten: Die Bedeutung | |
hängt auch immer am Kontext. Diese Erkenntnis hat mich erschüttert, sie hat | |
sicher auch dazu geführt, dass ich mittlerweile zögernder, vorsichtiger an | |
politische Themen herangehe. Sie kann mich aber nicht dazu bringen, gar | |
keine Lieder mehr zu singen. Denn obwohl ich in der Öffentlichkeit als | |
politischer Liedermacher gesehen werde, habe ich mich selber nie so | |
gesehen. Ich habe immer über andere Themen gesungen, ich habe das ganze | |
Leben als Programm, ich habe Volkslieder und Schubert gesungen – deshalb | |
konnte mich das zwar erschüttern, aber nicht in meinen Grundfesten. | |
Eine der bekanntesten Zeilen, die Sie je geschrieben und gesungen haben, | |
ist diese: „Was gestern noch galt, stimmt schon heut’ oder morgen nicht | |
mehr.“ Welche Ihrer Gewissheiten von einst gelten heute nicht mehr? | |
Ich war Kommunist, ich war fast fünfzehn Jahre in der DKP und ich habe | |
daran geglaubt, dass der sogenannte real existierende Sozialismus der | |
richtige Weg ist, wenn er seine inneren Widersprüche lösen kann. Das war | |
offensichtlich falsch, denn der real existierende Sozialismus existiert | |
nicht mehr. Vor allem stellte sich heraus, er hatte – abgesehen vielleicht | |
von Anfangsphasen – auch gar nicht existiert. Aber das war mir früher schon | |
klar. Ich bin in der DDR aufgetreten und war in der UdSSR mit einer | |
Kulturdelegation – und das war schockierend. Ich war in Moskau bei einem | |
großen internationalen Musikfestival – und das war schlimm. Aber darüber | |
möchte ich gar nicht so reden. | |
Warum? | |
Da hat sich so eine Art irrationales Schuldbewusstsein eingestellt. Aus | |
heutiger Sicht sage ich: Das hättest du wissen müssen. Du bist da sehenden | |
Auges reingelaufen, du Arschloch. Aus demselben Grund ist es mir auch | |
unangenehm, über die Baader-Meinhof-Sache zu sprechen. Das ist eine | |
Räuberpistole, die aber zu meiner Biografie gehört. Die kriege ich in | |
diesem Leben nicht mehr los, selbst wenn ich wollte. | |
Im Jahr 1971 wurden Sie kurz verhaftet, wegen Unterstützung einer | |
terroristischen Vereinigung angeklagt und jahrelang überwacht, weil Sie | |
während einer Tournee Ihre Wohnung einer vermeintlichen Reporterin | |
überließen, die sich als RAF-Mitglied Gudrun Ensslin entpuppte. | |
Heute sage ich: Ich hätte das wissen müssen, dass das Gudrun Ensslin ist. | |
Sie haben mal gesagt: „Ich bereue eine ganze Menge, ich habe viel Scheiße | |
gebaut in meinem Leben.“ Gehört das dazu? | |
Ja, natürlich. Aber vor allem sind das private Dinge, wo ich Fehler gemacht | |
habe. Wenn man jung ist, hat man nicht viel zu bedauern. Doch wenn man | |
älter wird, häufen sich die Fehlschläge und die Schweinereien, die man | |
begangen hat. | |
Bedauern Sie es vielleicht auch, dass Sie sich vor 25 Jahren nicht über den | |
Mauerfall freuen konnten aufgrund Ihrer damaligen DKP-Mitgliedschaft? | |
Ich weiß gar nicht, ob ich mich nicht doch klammheimlich gefreut habe. | |
Meine Gefühle waren sehr widersprüchlich. Damals war mein Verhältnis zum | |
real existierenden Sozialismus schon zerrüttet. Ich habe mich ja schon 86, | |
87 zurückgezogen aus der Partei, die von Flügelkämpfen erschüttert war. | |
Ausgetreten sind Sie dann 1991. | |
Ich habe halt doch an der Partei gehangen. Ich habe gedacht, mir als | |
Kommunist tut das gut, wenn ich nur eine einzige Wahrheit habe. Ich bin im | |
Denken und Fühlen ein Chaot, ich versuche Ordnung in meine Gefühle und | |
Gedanken zu bringen – mit meinen Liedern und auch mit meinem DKP-Eintritt. | |
Sozialist sind Sie aber geblieben. Mittlerweile wünschen Sie sich | |
allerdings „einen Sozialismus mit neuem Schwung“. Wie genau sähe der aus? | |
Ach, mich stört mittlerweile ja schon das „-mus“. Für das, was ich heute | |
will, bräuchte man nicht einmal eine Revolution. Einen vernünftigen | |
Mindestlohn durchzusetzen gegen Leute wie Herrn Hundt und das Großkapital, | |
wie es die Sozis ja jetzt vorhaben, das wäre doch schon mal was. Mir ist es | |
immer noch wichtig, auf der Seite der Schwächeren zu stehen – obwohl ich | |
viel Geld verdiene. Obwohl ich – könnte man sagen – berühmt bin und nicht | |
mehr zu der Arbeiterklasse gehöre, aus der ich komme. Als ich damals in die | |
DKP gegangen bin, wollte ich da wieder dazugehören. | |
Das war 1977. | |
Mir ging es nicht gut damals. Ich wusste nicht, wohin ich gehöre. Bloß weil | |
ich Lieder schreibe und singe, bin ich noch lange kein Intellektueller. | |
Wollte ich aber gerne sein. Haben Sie alte Bilder von mir gesehen? Ich | |
hatte Augen wie ein Adler, aber trug große Brillengläser – ich wollte | |
aussehen wie ein Intellektueller. Ich wollte in der Milchbar an der Theke | |
sitzen, Erdbeershake trinken und gefragt werden: Was studierst du denn? | |
Dann wollte ich die wiederum verblüffen mit der Antwort, dass ich nicht | |
studiere, sondern Schaufenster dekoriere. | |
Sie hatten eine Lehre als Schaufenstergestalter absolviert. | |
Ich war, wenn man so will, ein Poser. Ich habe nicht viel nachgedacht, ich | |
habe Schnaps getrunken und geraucht. | |
Sonst keine Drogen? | |
Hab ich versucht, ja. Hat aber nicht funktioniert. Hannes, haben die | |
gesagt, du musst mal einen durchziehen oder Meskalin nehmen, dann hast du | |
die tollsten Ideen. Also habe ich das genommen und dann versucht zu | |
schreiben. Aber das war so hilflos und lächerlich, was dabei rauskam, und | |
ich habe mich so scheiße dabei gefühlt – ich habe das Zeug anschließend nie | |
wieder angefasst. Da hab ich lieber weitergesoffen. | |
Sowohl nach der Verhaftung als auch nach dem DKP-Eintritt gab es Boykotte | |
gegen Sie und Ihre Lieder. Welcher war schlimmer? | |
Der erste, denn den zweiten hatte ich mir ja selber organisiert. Den hatte | |
ich vorausgesehen. Ich habe mit großer Genugtuung die Sendungen in Empfang | |
genommen, die mir die ehemaligen Fans schickten mit meinen zerbrochen | |
Platten, die ich mir in den Arsch stecken sollte. | |
Sie sind in die DKP eingetreten, damit Ihre Platten zerstört werden? | |
Das war die Folge. Der Grund war: Ich habe mich entwurzelt gefühlt, war von | |
meiner Familie entfremdet. Ich war wie ein Blatt im Wind, zwar noch | |
umjubelt, aber auch angegriffen. Ich wollte irgendwo dazugehören. Außerdem | |
ging mir der Anspruch, dass ich mich ständig zu jeder politischen Situation | |
äußern sollte, auf die Nerven. Und nicht zuletzt wollte ich weniger Geld | |
verdienen. | |
Ach? | |
Aus einem diffusen Linksfühlen habe ich Geld verabscheut. Den Ruhm wollte | |
ich, aber Geld war Bäh für mich. Zuerst habe ich auf der Straße gesungen | |
und plötzlich fand ich mich in den großen Hallen wieder, ich trat in Berlin | |
in der Philharmonie auf. Aber das war mir unheimlich. Ich wollte mich | |
wieder erden, angebunden sein, etwas vertreten. Also bin ich in die DKP, | |
habe morgens um sieben Streiklieder vor den Werktoren gesungen. Das hat mir | |
eine Zeit lang sehr gut gefallen. | |
Haben Sie in dieser Zeit darüber nachgedacht, in die DDR zu emigrieren? | |
Zwangsläufig denkt man da drüber nach, wenn man ständig den Spruch hört: | |
Geh doch nach drüben! Aber ich wollte nicht. Ich fand den Alltag der DDR, | |
wie ich ihn erlebt habe, dann doch zu verbesserungswürdig. Ich habe der DDR | |
zwar damals zugetraut, ihre inneren Widersprüche aufzulösen, aber so | |
dringend musste ich da nicht dabei sein. | |
So weit ging die Liebe zum Sozialismus dann doch nicht. | |
Nein, so weit ging sie nicht. Jedenfalls nicht bei mir. | |
Dafür sind Sie jetzt zu einer gesamtdeutschen Ikone der Linken geworden. | |
Ja, mittlerweile. Es gibt aber auch Leute, die mich den Heino der Linken | |
genannt haben. | |
Ist da was dran? | |
Ja, wer weiß? | |
Aber sicherlich waren Sie noch nie so beliebt wie heute. | |
Ja, aber das sind ja vor allem natürliche Alterungsprozesse. Diese | |
Renaissance, die ich gerade erlebe, die überrascht mich nicht wirklich. Das | |
konnte ich mir ja ausrechnen. Hüsch tot, Degenhardt tot, da blieb ja nur | |
noch ich als Doyen übrig. Spätestens seit meinem 70. Geburtstag bin ich | |
immens gefordert. | |
Wie gehen Sie damit um? | |
Ich kann diese Popularität jetzt eher genießen als früher. Ich kann sogar | |
akzeptieren, dass ich beim Zahnarzt sofort drangenommen werde. Ich nehme | |
die Privilegien wahr, die ich früher aus denselben Gründen abgelehnt habe | |
wie das Geld – aus demokratischen Gründen. Heute sage ich: Scheiß auf die | |
Demokratie, solange ich beim Arzt nicht so lang warten muss. | |
Eines Ihrer bekanntesten Lieder heißt „Ich hatte mir noch so viel | |
vorgenommen“. Was haben Sie sich noch vorgenommen? | |
Ich nehme mir nichts mehr vor. Nur noch das, was anliegt. Obwohl: Ich baue | |
gerade ein Haus, ich werde umziehen, ich schreibe ein Buch und Lieder für | |
eine neue Platte, die Anfang 2015 erscheinen soll. Ich gehe auf Tour. Was | |
soll ich mir noch mehr vornehmen? | |
Stattdessen haben Sie in letzter Zeit unüberhörbar in Ihren Liedern den Tod | |
als Thema entdeckt. | |
Der Tod hat mich entdeckt. Er zwingt mich dazu, mich fast täglich mit ihm | |
zu befassen, weil wieder jemand abgekratzt ist, der einem nahe steht. Ob | |
das ein alter Freund wie Degenhardt ist oder jemand wie Peter O’Toole, den | |
ich nicht persönlich kannte. | |
Haben Sie Angst vor dem Tod? | |
Bislang nicht. Ich hatte noch nie Angst vor dem Tod. Aber das kommt sicher | |
noch. | |
2 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Thomas Winkler | |
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