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# taz.de -- Folgen des Skandals um den ADAC: Die abgehobenen Bremser
> Den Chefs des Autoclubs bekam ihre Macht nicht. Ihr Missmanagement kann
> Bewegung in die Verkehrspolitik bringen, die sie bislang blockiert haben.
Bild: Tempo, Tempo, Tempo: Der ADAC ist gegen ein Limit auf der Autobahn.
BERLIN taz | Wer Berlin mit dem Auto nach Norden Richtung Hamburg und
Rostock verlässt, kann die Effekte eines Tempolimits auf Autobahnen
erfahren. Weil die Strecke zwischen Berlin und dem Kreuz Wittstock stark
belastet, aber nur zweispurig ist, gilt dort eine Höchstgeschwindigkeit von
130 Kilometern pro Stunde. Die Folge: Trotz vieler Fahrzeuge geht es mit
etwa Tempo 140 zügig und gleichmäßig voran. Die Fahrt ist relativ
entspannt.
Hinter dem Kreuz Wittstock ein anderes Bild, sowohl Richtung Rostock als
auch gen Hamburg. Das Tempolimit ist aufgehoben. Das bedeutet: Die Raser
kommen, ständig Gedrängel und Gehupe auf der linken Spur – und obwohl
weniger Fahrzeuge als zuvor unterwegs sind, ist die Fahrt mit mehr Stress
verbunden. Dass der Stress bleibt, dafür kämpft der affärengeplagte
Automobilclub ADAC, selbst wenn viele Fahrer die Raser leid sind.
Die Affäre um gefälschte Autopreisstatistiken oder die missbräuchliche
Nutzung von Rettungshubschraubern mag manchen, die den ADAC wegen seiner
konsequenten Pro-Auto-Politik kritisieren, klein vorkommen – sie
unterschätzen dabei aber einen wichtigen Effekt.
Bislang konnte der Club vorgeben, die Interessen seiner 18 Millionen
Mitglieder – diese wollen häufig einfach nur einen zuverlässigen
Pannenservice – zu vertreten. Die daraus resultierende Macht ist nun
nachhaltig erschüttert. Damit könnte Bewegung in diverse Felder der
Verkehrspolitik kommen, wo der ADAC aus Sicht von Umweltschützern seit
Jahren und Jahrzenten auf der Bremse steht.
## Abrüstung durch Tempolimit
Zum Beispiel ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen. Der ADAC
argumentiert, eine generelle Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit sei nicht
nötig, da deutsche Autobahnen sicherer seien als Autobahnen in europäischen
Partnerländern, die ein Tempolimit haben. Das allerdings reduziert das
Tempolimit auf die Verkehrssicherheit.
Umweltpolitisch bedeutsamer sind mittelbare Effekte: Gibt es eine
Geschwindigkeitsbegrenzung, müssen Straßen nicht mehr so breit gebaut und
können Kurvenradien verkleinert werden. Das verringert die Baukosten und
den Flächenverbrauch. Zudem käme es zu einer Abrüstung der Fahrzeuge, die
für extreme Geschwindigkeiten konstruiert werden.
Ein Interesse an Hochgeschwindigkeit hat nicht der Durchschnittsautofahrer,
der nur günstig, sicher und bequem von A nach B kommen will, sondern vor
allem die Autoindustrie. Um Profite zu erwirtschaften, möchte sie jedes
neue Modell teurer als das alte verkaufen. Daher gibt es das
Höher-schneller-größer bei den Fahrzeugen.
Zudem braucht die Exportindustrie den Fakt, dass auf deutschen Straßen
gerast werden kann, für den Verkauf der Premiummarken in aller Welt. „Beim
Tempolimit sind der ADAC und der Autoindustrieverband ein Herz und eine
Seele – sie verhindern Fortschritte“, sagt Gerd Lottsiepen, Autoexperte
beim ökologischen Verkehrsclub VCD.
## Mehr Straßen = mehr Platz für mehr Autos
Gemeinsam Front machen Industrie und Autoclub auch gegen die umstrittene
Pkw-Maut, haben es dabei aber mit der CSU zu tun, die die Seele des
bayerischen Autofahrers streichelt, der sich über die Bemautung in
Österreich, Tschechien oder Italien ärgert. Erstaunlich dabei ist, wie
dehnbar offenbar Meinungsumfragen sind, je nach Fragestellung. So
präsentierte die CSU im August vergangenen Jahres eine Umfrage, wonach 88
Prozent der Bayern die Pkw-Maut befürworteten. Im gleichen Monat sprachen
sich laut einer ADAC-Umfrage lediglich 28 Prozent der Deutschen für eine
Maut aus.
Beton, Beton, Beton – wo immer eine Autobahn oder eine Ortsumgehung neu
gebaut wurde, war der ADAC als Unterstützer dabei. Seine Logik: Mehr
Straßen = mehr Platz für mehr Autos. Kein Wunder, dass der Club Mitglied im
Straßenbau-Lobbyverband Pro Mobilität ist, neben Baufirmen und Spediteuren.
„Heute geht es aber nicht um Neubau, sondern um den Erhalt der
Infrastruktur“, sagt Lottsiepen vom VCD. Auch in den Städten blockiert der
ADAC nach Ansicht von Kritikern Fortschritte. Lottsiepen: „Jede Umweltzone
ist umkämpft.“
„Der ADAC verteidigt die Vormachtstellung des Autos“, sagt René Filipek vom
Radfahrerclub ADFC, wenn es zum Beispiel um den Rückbau von Parkplätzen
gehe oder um das Ausweisen von Radspuren auf der Fahrbahn. Gleichwohl habe
man „kein feindschaftliches Verhältnis zum ADAC, wie es mal war“. Beide
Seiten hätten gemerkt, dass sie miteinander reden müssen.
Sowohl der ADFC als auch der VCD sind bewusste Gegengründungen zum
Automobilclub in den 1970er und 1980er Jahren. Damals wurden die
Umweltprobleme durch den Autoverkehr drängender, während der ADAC das Motto
prägte: „Freie Fahrt für freie Bürger!“ Das war einmal.
31 Jan 2014
## AUTOREN
Richard Rother
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