# taz.de -- Sotschi 2014 – Ticker Protestzone: Aktivisten festgenommen | |
> In der Olympiastadt darf protestiert werden – 12 Kilometer vom | |
> Veranstaltungsort entfernt. Wir schauen für Sie genau hin und behalten | |
> die kritischen Aktionen weltweit im Blick. | |
Bild: Irgendwie süß, dieser Putin. | |
23. Februar, Sotschi: | |
Es scheint, der [1][Pussy]-[2][Riot]-[3][Videodreh] habe ein Protestvakuum | |
erzeugt. Drei Tage lang ist nichts passiert. Doch kurz vor dem Ende der | |
olympischen Winterspiele am Sonntag haben die Behörden in Sotschi zwei | |
russische Aktivisten festgenommen. Die Umweltschützerin Olga Noskowez und | |
der Menschenrechtler David Chakim seien im Bezirk Mazesta von der Polizei | |
aufgegriffen und abgeführt worden, sagte Anwalt Alexander Popkow der | |
Nachrichtenagentur ap. Er versuche herauszufinden, wo sich die beiden | |
befinden. | |
Menschenrechtsgruppen werfen den Behörden eine Einschüchterungskampagne | |
gegen Aktivisten und kritische Journalisten in Sotschi vor. Noskowez hatte | |
mitgeholfen, illegale Müllkippen in Sotschi an die Öffentlichkeit zu | |
bringen. Chakim hatte eine Ein-Mann-Demonstration in Sotschi abgehalten und | |
war dafür zu 30 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt worden. (ap) | |
19. Februar, Sotschi: | |
Mitglieder von Pussy Riot sind bei dem Versuch ihren am Dienstag | |
gescheiterten Viedeodreh fortzusetzen [4][von Brereitschaftspolizisten und | |
traditionell gekleideten Kosaken angegriffen worden]. Die Aktivisten wurden | |
mit einer Peische und Pefferspray attackiert. Ein Mitschnitt der | |
Auseinandersetzung ist mittlerweile online. | |
*** | |
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat die kremlkritische Punkband | |
Pussy Riot vor Protesten auf dem Olympia-Gelände in Sotschi gewarnt. „Eine | |
Demonstration wäre nicht akzeptabel“, sagte IOC-Sprecher Mark Adams am | |
Mittwoch in der russischen Stadt. Das IOC dulde keine politischen | |
Statements bei den Wettkämpfen. „Wir sind nicht die Vereinten Nationen“, | |
sagte er. Als Beispiel nannte Adams die Homosexuellen-Aktivistin Vladimir | |
Luxuria, die wegen eines Protests aus dem Olympia-Park geworfen worden war. | |
Nach der kurzzeitigen Festnahme von Nadeschda Tolokonnikowa und Maria | |
Aljochina von Pussy Riot am Vortag im Zentrum von Sotschi sehe das IOC | |
keinen Handlungsbedarf. „Der Zugriff der Polizei erfolgte nicht in | |
Zusammenhang mit den Winterspielen“, sagte Adams. Außer den Aktivistinnen | |
waren der bekannte Menschenrechtler Semjon Simonow, der die Ausbeutung von | |
Gastarbeitern beim Bau der Olympia-Anlagen kritisiert, sowie mehrere | |
Journalisten festgenommen worden. | |
Der Zugriff sei „brutal und grundlos“ erfolgt, hatte Aljochina gesagt. Die | |
Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte das IOC mit | |
Nachdruck aufgefordert, sich einzuschalten. Menschenrechtler kritisieren | |
massiven Druck auf Aktivisten rund um die Wettkämpfe in Sotschi, die als | |
Prestigeprojekt von Kremlchef Wladimir Putin gelten. (dpa) | |
18. Februar, Sotschi: | |
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat die Ausweisung einer | |
transsexuellen Aktivistin vom Veranstaltungsgelände im russischen Sotschi | |
verteidigt. „Die Olympischen Stätten sind aus unserer Sicht kein Platz für | |
Demonstrationen, ob wir Verständnis haben oder nicht“, sagte der | |
IOC-Sprecher Mark Adams am Dienstag. Zu dem Thema gebe es „gespaltene | |
Meinungen auf der ganzen Welt, deshalb bitten wir alle darum, ihren | |
Argumenten woanders Gehör zu verschaffen“. | |
Medienberichten zufolge war die italienische Aktivistin Wladimir Luxuria am | |
Sonntag im Regenbogen-Outfit über das Olympia-Gelände gezogen und hatte | |
dort für die Rechte sexueller Minderheiten geworben. Ihren Slogan „It's OK | |
to be Gay“ (Es ist in Ordnung, homosexuell zu sein) soll sie auch bei einem | |
Eishockey-Spiel gerufen haben. Am Sonntagabend wurde sie von Polizisten aus | |
dem Olympia-Komplex abgeführt, anscheinend aber nicht formal festgenommen. | |
Das genaue Geschehen sei zwar unklar, sagte der IOC-Sprecher Adams. | |
Offenbar habe die als Mann geborene frühere italienische | |
Parlamentsabgeordnete aber Passanten angesprochen und sie von ihrem | |
Anliegen zu überzeugen versucht. „Einige Leute waren dafür, andere dagegen, | |
einige waren sehr dagegen“, sagte Adams. Letztlich sei die Aktivistin | |
seinen Informationen zufolge aber „friedlich“ abgeführt und nicht | |
festgenommen worden. (afp) | |
*** | |
Maria Aljochina und Nadeschda Tolokonnikowa, die wegen einer Pussy | |
Riot-Aktion im Februar 2012 in Haft saßen, sind am Dienstag nach Angaben | |
der Polizei in Sotschi verhört worden. Sie waren zusammen mit sieben | |
anderen Verdächtigen in der Innenstadt des Olympia-Orts [5][festgenommen | |
worden], nach offiziellen Angaben, um zu einem Diebstahl in dem Hotel | |
befragt zu werden, in dem sie wohnen. Alle wurden nach der Befragung | |
freigelassen, gegen Maria Aljochina und Nadeschda Tolokonnikowa wurden | |
keine Beschuldigungen erhoben. | |
Tolokonnikowa twitterte noch aus dem Polizeigewahrsam zu dem Vorgang, sie | |
seien lediglich in der Innenstadt von Sotschi spazieren gegangen. Bei ihrer | |
Festnahme hätten die Sicherheitskräfte Gewalt angewendet. Tolokonnikowa | |
teilte weiter mit, dass sie und Aljochina bereits am Sonntag zehn Stunden | |
festgehalten worden seien. | |
Erst vor knapp zwei Monaten waren die beiden Musikerinnen [6][nach einer | |
Amnestie] vorzeitig aus der Haft entlassen worden, zu der sie wegen | |
„Rowdytums“ in der Moskauer Kirche verurteilt worden waren. Bei der | |
[7][Aktion vom 21. Februar 2012] hatten sie gegen Präsident Wladimir Putin | |
und die russisch-orthodoxe Kirche protestiert. (ap) | |
*** | |
Homosexuelle Sportler und Menschenrechtler haben das Internationale | |
Olympische Komitee (IOC) aufgefordert, keine Spiele mehr an Länder mit | |
diskriminierenden Gesetzen zu vergeben. „IOC-Präsident Thomas Bach muss die | |
Lehren ziehen aus dem Anti-Homosexuellen-Fiasko in Russland und | |
sicherstellen, dass so etwas nicht wieder passiert“, teilte Andre Banks von | |
der Bewegung All out am Dienstag mit. | |
Die Organisation warnte, dass etwa die Ukraine, die sich um die | |
Winterspiele 2022 bewirbt, ähnliche Gesetze wie Russland gegen Homosexuelle | |
im Parlament eingebracht habe. Die IOC-Vergabepraxis für die Spiele | |
berücksichtige bisher nicht, ob das Anti-Diskriminierungsgebot in Artikel 6 | |
der Olympischen Charta eingehalten werde, kritisierte All out. Das IOC | |
müsse künftig Stellungnahmen von Menschenrechtlern berücksichtigen. | |
Dem Appell schloss sich nach Darstellung der Organisation auch der | |
Olympiasieger im Wasserspringen, [8][Greg Louganis], an. IOC-Sprecher Mark | |
Adams betonte, dass Artikel 6 der Charta eingehalten werde. „Wir haben das | |
glasklar erklärt“, sagte er. Das Komitee dulde keine Diskriminierung wegen | |
sexueller oder sonstiger Orientierung. Mit Blick auf die am Vortag | |
abgeführte italienische Homosexuellen-Aktivistin Vladimir Luxuria sagte | |
Adams, dass der Olympia-Park kein Ort für Demonstrationen sei. (dpa) | |
17. Februar, im Straflager: | |
Der inhaftierte russische Umweltaktivist Jewgeni Witischko befindet sich | |
seit dem 12. Februar im Hungerstreik. Dies teilte die Organisation | |
„Umweltschutz im Nordkaukasus“ (EWNC) via | |
[9][//www.facebook.com/pages/Environmental-Watch-on-North-Caucasus/34779194 | |
4433:Facebook] und [10][//twitter.com/EWNC:Twitter] mit. Witischko | |
kritisiert seit langem die Umweltzerstörungen infolge der Olympischen | |
Spiele in Sotschi. Am vergangenen Mittwoch war er in zweiter Instanz nach | |
einem vorangegangenen Verfahren im Dezember zu einem dreijährigen | |
Straflager-Aufenthalt verurteilt worden. | |
Derzeit sitzt er noch eine Anfang Februar ausgesprochene 15-tägige | |
Haftstrafe ab, weil er in der Öffentlichkeit geflucht haben soll. | |
Menschenrechts-organisationen wie [11][Human Rights Watch] hatten in der | |
Vergangenheit vehement gegen die Urteile protestiert. Auch der | |
US-Botschafter in Moskau, Michael McFaul, äußerte sich über den | |
Kurznachrichtendienst [12][//twitter.com/McFaul:Twitter] „besorgt“. | |
16. Februar, Sotschi: | |
Eine italienische Transsexuellenaktivistin ist nach eigenen Angaben in | |
Sotschi festgenommen worden, als sie am Austragungsort der Olympischen | |
Winterspiele eine Regenbogenfahne mit der Aufschrift „Schwul ist OK“ trug. | |
Sie sei am Sonntag mehrere Stunden festgehalten worden, ehe sie wieder | |
freigelassen worden sei, teilte Vladimir Luxuria auf [13][ihrer Website] | |
mit. Auch der [14][Guardian] berichtete über die zeitweilige Festnahme. | |
Ob offizielle Vorwürfe gegen sie erhoben wurden, war zunächst unklar. Die | |
Organisatoren der Winterspiele erklärten am Montag, ihnen lägen keine | |
Informationen über eine Festnahme vor. Luxuria war früher kommunistische | |
Abgeordnete im italienischen Parlament und ist inzwischen eine bekannte | |
Aktivistin für die Rechte von Transsexuellen. | |
Auf ihrer Webseite wurde ein Foto von ihr nach ihrer angeblichen | |
Freilassung aus dem Polizeigewahrsam veröffentlicht. Zuvor hatte sie | |
getwittert: | |
„[15][//twitter.com/vladiluxuria/status/435013257586163713/photo/1:Ich bin | |
in Sotschi. Grüße in den Farben des Regenbogens], in Putins Gesicht.“ (ap) | |
*** | |
Aktivisten und Regierungsgegner beklagen, ihnen werde grundlos der Zugang | |
zu den Olympia-Anlagen verwehrt. Kritik, das hatten Menschenrechtler und | |
Organisationen wie Reporter ohne Grenzen immer wieder klargemacht, ist | |
unerwünscht in Sotschi. Die vom Kreml gesteuerten Staatsmedien huldigen | |
zuweilen dem Kremlchef, der das „Wunder von Sotschi“ ermöglichte, mehr als | |
den Sportlern. Schon in der Eröffnungsshow am 7. Februar waren | |
ausschließlich handverlesene Gefolgsleute Putins unter den prominenten | |
Hauptakteuren. | |
Putin selbst macht keinen Hehl daraus, dass er hier in Sotschi gefeiert | |
werden möchte. „Gibt es die Hoffnung, dass Sie niemals Sport mit Politik | |
verbinden werden? Gibt es diese Hoffnung? Ich denke, sie gibt es.“ Das | |
antwortete Putin, als ein Journalist fragte, ob es Hoffnung gebe für ein | |
Ende der Repressionen gegen Regierungskritiker. (dpa) | |
15. Februar, Sotschi: | |
Für viele Schwulenrechtler ist die Winterolympiade in Sotschi bislang eine | |
Enttäuschung. Sie haben auf wortgewaltige Unterstützung der Olympioniken | |
bei ihrem Protest gegen die strenge Homosexuellengesetzgebung in Russland | |
gehofft. Bislang hat jedoch kein Sportler öffentlich Kritik geäußert. | |
„Wir denken, die Stimmen der Athleten haben in dieser Debatte immer noch | |
Gewicht“, sagt Andre Banks, Direktor der Gruppe [16][AllOut] in New York, | |
die gegen das international viel kritisierte Anti-Homosexuellen-Gesetze | |
protestiert. Letztlich liege es aber am Sportler, selbst den passenden | |
Moment für eine Äußerung zu finden. | |
Die österreichische Skispringerin [17][Daniela Iraschko-Stolz] war die | |
erste offen homosexuelle Sportlerin, die in Sotschi eine gute Gelegenheit | |
für eine Äußerung ausließ. Am Dienstag gewann sie eine Silbermedaille in | |
Sotschi. Kurz zuvor sagte sie, dass sich Protest gegen das russische Gesetz | |
nicht lohne, denn „niemand interessiert sich dafür“. Sie wisse, dass | |
Russland künftig die richtigen Schritte unternehmen werde und man müsse dem | |
Land Zeit geben, sagte sie. (ap) | |
13. und 14. Februar, Sotschi: | |
Leere in der Protestzone. Demonstrationen müssten angemeldet werden. Die | |
Demonstration für Menschenrechte für Sonntag, 16. Februar, sei aber | |
abgelehnt worden, weil der Antrag nicht fehlerfrei gewesen sei, sagt ein | |
Stadtsprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. | |
Demnach hatten die Bürgerrechtler eine Kundgebung für Toleranz und gegen | |
Diskriminierung für 500 Teilnehmer beantragt. Die Verordnung besagt aber, | |
dass nur maximal 100 Menschen aus Platzgründen in den Park dürften. Die | |
Stadt schlug den Initiatoren vor, eine Konferenz zu organisieren mit | |
Behördenvertretern – unter Ausschluss der Presse. Doch auf Gemauschel ohne | |
Öffentlichkeit wollen sich viele nicht einlassen. | |
Ziel sei es auch gewesen, für die Lösung von Umweltproblemen und sozialen | |
und wirtschaftlichen Fragen zu demonstrieren, sagt der Politiker Wladimir | |
Kimajew von der Oppositionspartei Jabloko. Eine Kundgebung ohne Erlaubnis | |
abzuhalten, stehe jedoch unter Strafe. „Ich will keine Unannehmlichkeiten | |
für die Teilnehmer“, sagt er mit Blick auf die jüngsten Festnahmen hier in | |
der Region sowie in Moskau. (dpa) | |
12. Februar, hinterm Ural: | |
Der russische Olympiakritiker und Aktivist der Organisation Umweltschutz im | |
Nordkaukasus Jewgeni Witischko ist mit einem Widerspruch gegen eine | |
Verurteilung zu drei Jahren Lagerhaft gescheitert. Ein Gericht habe das | |
international vielfach kritisierte Urteil gegen den Geologen bestätigt, der | |
Zerstörungen durch die Winterspiele in Sotschi angeprangert hatte. Das | |
sagte ein Justizsprecher am Mittwoch der Agentur Interfax. | |
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) nannte den | |
Richterspruch „politisch motiviert“. Die russischen Behörden wollten | |
Aktivisten im Umfeld von Olympia mit Druck „kaltstellen“, teilte Julia | |
Gorbunowa von HRW mit. Witischkos Anwalt Alexander Popkow meinte: „Jewgeni | |
soll gezielt isoliert werden.“ | |
Der Ökologe soll an einer Villa des Gouverneurs der Olympiaregion Krasnodar | |
Protestplakate angebracht haben, weil das Gebäude ohne gesetzliche | |
Grundlage errichtet worden sei. Wegen vorsätzlicher Beschädigung fremden | |
Eigentums müsse der Angeklagte drei Jahre in eine Strafkolonie, urteilte | |
ein Richter in der Stadt Krasnodar. | |
11. Februar, Moskau: | |
Mit einer Anspielung auf die NS-Propaganda anlässlich der Olympischen | |
Spiele 1936 in Berlin hat sich Viktor Schenderowitsch Ärger eingehandelt. | |
Der Satiriker, Blogger und Schriftsteller hatte sich in einem Blogeintrag | |
auf der Internetseite des Radiosenders Echo Moskau zunächst anerkennend | |
über die Goldmedaillen-Leistung der 15 Jahre alten russischen | |
Eiskunstläuferin Julia Lipnizkaja am Sonntag geäußert – dann aber | |
hinzugefügt, dass sich jeder daran erinnern sollte, „wie den Berlinern im | |
Sommer 1936 der Kugelstoßer Hans Woellke gefallen hat“. | |
Der blonde Athlet gewann damals Gold und tauchte auch im Olympia-Film von | |
Leni Riefenstahl auf. Auch Woellke sei „ein hübscher, lächelnder Junge“ | |
gewesen, „der die neue Jugend Deutschlands verkörperte“, schrieb | |
Schenderowitsch. | |
Der Vize-Präsident des russischen Parlaments, Wladimir Wassilijew | |
bezeichnete diesen versteckten Vergleich als „faschistisch“ und forderte | |
eine Entschuldigung. Schenderowitsch wies die Kritik zurück: ein Text sei | |
von schätzungsweise 200.000 Internetnutzern gelesen worden, darunter | |
vermutlich auch von zahlreichen Kindern und Enkeln von Veteranen, | |
entgegnete er. Aber nur der Fraktionschef der Putin-Partei Einiges Russland | |
„fühlt sich beleidigt“. Auch der Chefredakteur von Echo Moskau lehnte eine | |
Entschuldigung ab. Er selbst habe den Text „aufmerksam gelesen“ und ihn als | |
„antifaschistische“ Inspiration empfunden. (mit afp) | |
10. Februar, Sotschi: | |
Noch ist nichts los im Sotschi, Sportler und Zuschauer haben sich in der | |
Wohlfühlblase eingerichtet. Wann wird sie platzen? | |
9. Februar, Sotschi: | |
Zwei taz-Redakteure [18][halten in der Protestzone einen Zettel hoch]. | |
Darauf: Putin, durchgestrichen. Ansonsten nichts Neues. | |
8. Februar, Moskau: | |
Die Moskauer Polizei hat Dutzende Unterstützer eines regierungskritischen | |
Fernsehsenders festgenommen. Sie hatten sich am Samstag in der Nähe des | |
Roten Platzes versammelt und Zensurmaßnahmen gegen die Station Doschd | |
(„Regen“) beklagt. Als Zeichen ihrer Unterstützung spannten sie | |
Regenschirme auf. Daraufhin wurden sie von Polizisten abgeführt. | |
Die Agentur Interfax berichtete unter Berufung auf die Polizei, dass 40 | |
Menschen festgenommen worden seien. Hintergrund der Aktion ist ein Schritt | |
von drei Fernsehanbietern in der Region Moskau, Doschd aus dem Programm zu | |
nehmen. Der Sender, der noch immer über das Internet empfangbar ist, hatte | |
sich mit Berichten über Massenproteste gegen Präsident Wladimir Putin einen | |
Namen gemacht. (rtr) | |
*** | |
Ein russischer Tierrechtsaktivist ist am Samstag bei einer Protestaktion | |
gegen die Tötung von streunenden Hunden in der Olympiastadt Sotschi | |
festgenommen worden. Der Mann und zwei weitere Demonstranten entrollten | |
Behördenangaben zufolge nahe dem Roten Platz in Moskau ein Transparent mit | |
der Aufschrift „Blutige Olympische Spiele“ mit dem Bild eines blutigen | |
Welpen. Ein Polizist riss das Transparent herunter und nahm einen | |
Aktivisten fest, während die beiden anderen flüchteten. | |
Ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Sotschi hatte die Stadtverwaltung | |
angekündigt, streunende Hunde zu fangen und zu „entsorgen“, was massive | |
Proteste von Tierschützern hervorgerufen hatte. Die Behörden nahmen | |
daraufhin Abstand von den Tötungen. Doch private Unternehmen wurden | |
angeheuert, um damit auch während der Spiele fortzufahren. | |
Der Leiter des Organisationskomitees von Sotschi, Dmitri Tschernyschenko, | |
sagte am Samstag auf einer Pressekonferenz, dass die Behörden sich um die | |
Rettung der Hunde bemühten und „Medien gerne kommen können, um sich | |
anzusehen, wie das organisiert wird“. Die Zahl der Streuner würde | |
vermutlich auch zurückgehen, weil Bauarbeiter, die sie oft gefüttert | |
hätten, die Stadt nach Fertigstellung der Austragungsstätten verlassen | |
hätten, sagte er. (ap) | |
7. Februar, Moskau: | |
Bei Protesten gegen die Olympischen Winterspiele in Sotschi hat die Polizei | |
in Moskau mindestens 15 Gegner von Kremlchef Wladimir Putin festgenommen. | |
Im Stadtzentrum nahe dem berühmten Roten Platz führten die | |
Sicherheitskräfte mehrere Demonstranten ab, die auf einem Plakat „Keine | |
Olympischen Spiele in einem Land mit politischen Repressionen“ gefordert | |
hatten. | |
Das berichtete das kremlkritische Internetportal kasparov.ru am | |
Freitagabend. In einer Metrostation wurden zudem mindestens zwei Aktivisten | |
festgenommen, die mit einem meterlangen Banner gegen „diebische Spiele“ | |
protestiert hatten. Die Opposition wirft kremlnahen Unternehmern vor, sich | |
an den lukrativen Bauaufträgen für die Spiele am Schwarzen Meer bereichert | |
zu haben. (dpa) | |
7. Februar, Berlin: | |
Putin zeigt bunte Spiele, die Realität aber sieht anders aus. Pünktlich zu | |
Beginn der Olympischen Spiele rief der Lesben- und Schwulenverband in | |
Deutschland (LSVD) gemeinsam mit der Hirschfeld-Eddy-Stiftung im Rahmen der | |
„Gay Folks Movement“ zu einer Schweigeminute vor der Russischen Botschaft | |
auf. | |
Zuvor hatten LGBT-Aktivisten und Vertreter aus Politik in kurzen Reden am | |
Brandenburger Tor die Menschenrechtsverletzungen in Russland angeklagt. | |
Konstantin Sherstyuk, LGBT-Aktivist der Berliner Organisation quarteera, | |
die sich für die Rechte von Schwulen und Lesben in Russland einsetzt, ist | |
von den positiven Auswirkungen der Olympischen Spiele wenig überzeugt: „Es | |
gibt zwei Möglichkeiten: entweder wird die Lage für Schwule und Lesben | |
ruhiger werden, oder aber, das glaube ich eher, die Situation wird nach | |
Sotschi noch schlimmer werden“. | |
Sherstyuk erklärte er in seiner Rede, warum das Anti-Propagandagesetz | |
gegenüber Homosexuellen in Russland soviel Anklang findet: „Das russische | |
Volk ist einfach noch nicht aufgeklärt genug.“ Aufklärung könne man | |
schaffen, indem man russischen Bürgern aktiv von seiner positiven Erfahrung | |
mit Schwulen und Lesben erzählt. Nach der Schweigeminute zogen Hunderte | |
Demonstranten weiter zum Potsdamer Platz wo eine Regenbogenfackel als | |
Symbol des Protests entzündet wurde. Die Fackel soll bis zum Ende der | |
Spiele brennen. (LJU) | |
*** | |
Am Eröffnungstag der Olympischen Spiele demonstrierten rund ein Dutzend | |
Tscherkessen, deren Vorfahren aus der Region Sotschi vertrieben wurden, | |
gemeinsam mit der Gesellschaft für bedrohte Völker vor der Russischen | |
Botschaft in Berlin. Sie fordern die Anerkennung des Genozids und die | |
Aufnahme der syrisch-tscherkessischen Flüchtlinge durch Russland. | |
„Es ist unerträglich, dass auf den Gebeinen unserer Vorfahren ohne einen | |
Gedanken an ihr Leid vor 150 Jahren heute Skiwettkämpfe stattfinden“, heißt | |
es in der Ankündigung des Protests. Cengiz Deniz, Mitglied der Organisation | |
„Patrioten von Tscherkessien“ ergänzt: „Im Kaukasus vergisst man nie etw… | |
weder etwas Gutes, noch etwas Schlechtes." Einer der tscherkessischen | |
Demonstranten wird ab heute bis zum Ende der Olympischen Spiele in | |
Hungerstreik treten. | |
Bis heute sind die Tscherkessen in Russland offiziell nicht als | |
eigenständiges Volk anerkannt. Vor 150 Jahren war Sotschi noch die | |
Hauptstadt dieser kaukasischen Minderheit. 1864 verloren die Tscherkessen | |
den Kaukasuskrieg und wurden gewaltsam vertrieben. In Folge starben rund | |
eine Million Menschen an Hunger und Krankheit. Die Überlebenden flüchteten | |
sich größtenteils nach Syrien und in die Türkei. (LJU) | |
Im Vorfeld der Spiele: | |
Seit langem wird über die Menschenrechtslage im Hinblick auf die Spiele im | |
russischen Sotschi debattiert und berichtet. Vehement kritisiert werden die | |
systematische Diskriminierung Homosexueller oder die Situation der | |
ausgebeuteten Arbeiter an den olympischen Sportstätten. Während Politiker, | |
Künstler, Schriftsteller und Aktivisten sich äußern, bleiben die meisten | |
Sportler bisher stumm. „Was soll ich mich groß engagieren in Russland, | |
ändern kann ich sowieso nichts“, sagte etwa Bobpilot Maximillian Arndt der | |
taz Ende Januar. | |
Protestaktionen und Demos wird es während der Spiele dennoch geben. In | |
diesem Ticker finden Sie eine tagesaktuelle Übersicht, was in der | |
Protestzone nahe Sotschi passiert – und wo sich weltweit Widerstand regt. | |
4 Feb 2014 | |
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[14] http://www.theguardian.com/sport/2014/feb/17/sochi-vladimir-luxuria-gay-ri… | |
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