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# taz.de -- Berliner Politiker tritt zurück: Staatssekretär steuerlich absetz…
> Kulturstaatssekretär André Schmitz hat Steuern hinterzogen und will
> zurücktreten. Klaus Wowereit hatte zuvor versucht, seinen Intimus zu
> retten.
Bild: André Schmitz hatte ein Konto in der Schweiz - und jetzt ziemliche Schwi…
BERLIN taz | Während der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) im
Winterurlaub weilt, bricht über seinen Kulturstaatssekretär André Schmitz
(auch SPD) Unheil herein: Am Montagmorgen wurde bekannt, dass Schmitz
jahrelang Steuern hinterzogen hat. Am Abend wurde offenbar, dass Schmitz am
Dienstag zurücktreten werde.
Der Erbe der "Shampoo-Dynastie" Schwartzkopf hatte 425.000 Euro auf einem
geheimen Schweizer Konto angelegt. Dieses wandelte er 2005 in eine
Lebensversicherung bei der Credit Suisse um. Die daraus entstandenen
Einnahmen versteuerte Schmitz nicht. Nachdem das Geheimkonto 2012 bei einer
Bank-Razzia entdeckt worden war, zahlte er knapp 20.000 Euro an Steuern und
Zinsen zurück; ein Strafverfahren wurde gegen eine Geldbuße eingestellt.
Schmitz hatte am Montag versucht, seinen Job zu retten. Er äußerte via
Presseerklärung öffentlich Bedauern über seinen "schwerwiegenden Fehler".
Sein Chef indes ließ wissen, dass er einen Rücktritt seines
Kulturstaatssekretärs nicht in Betracht ziehen wolle. Über die Ermittlungen
der Behörden habe ihn Schmitz bereits 2012 informiert. Für ihn als
Dienstherr hätten die "dienstlichen Leistungen als kompetenter und
profilierter Kulturpolitiker" aber schwerer gewogen als Schmitz "ernst zu
nehmende private Verfehlung", wie Senatssprecher Richard Meng sagte.
Außerdem habe sich Schmitz gegenüber den Steuerbehörden kooperativ gezeigt.
Die Opposition hielt wenig davon, dass ausgerechnet der Mann, der über die
Verteilung von Steuermitteln an die Kulturszene entscheidet, selbst eine
lockere Einzahlungsmoral pflegt. Der grüne Haushaltspolitikexperte Jochen
Esser forderte: "Schmitz muss zurücktreten." Wer jahrelang der Freien
Kulturszene erkläre, sie müsse den Gürtel enger schnallen, müsse schon
selbst ins System einzahlen. Oder gehen. Esser zeigte sich enttäuscht
darüber, dass Wowereit an seinem Staatssekretär festhalten wollte: "Der
politische Anstand gebietet in so einem Fall, dass man sich auch einmal von
einem Buddy trennt - so wie es Kanzlerin Merkel bei Schavan getan hat."
Deutliche Worte fand auch der Koalitionspartner CDU: "Steuervergehen sind
keine Kavaliersdelikte", sagte Generalsekretär Kai Wegner. Er frage sich,
"wie dieser Vorfall mit den moralischen Äußerungen der SPD vor allem im
Bundestagswahlkampf zu vereinbaren ist". Nun müsse der Koalitionspartner
klären, wie er "mit dieser nicht ganz einfachen Situation" umgehe.
Selbst SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte Schmitz scharf. "Politische
Repräsentanten haben eine Vorbildfunktion, der sie gerecht werden müssen",
sagte Gabriel nach einer SPD-Klausur in Potsdam.
Dass Wowereit sich anfangs noch schützend vor seinen Staatssekretär
stellte, werten einige als Ausdruck einer politischen Unkultur der
Hauptstadt. Der Pirat Christopher Lauer brachte es auf den Punkt: "Einen
aus Steuergeldern bezahlten Steuerhinterzieher, so was gibts nur in
Berlin", twitterte er. André Schmitz müsse "sofort gehen". Das tat der
Kulturstaatssekretär schließlich ja auch - wenn auch nicht sofort.
Schmitz war nicht nur Wowereits Intimus. Er wird auch fraktionsübergreifend
als Kulturpolitiker geschätzt. Es ist bezeichnend, dass selbst die Freie
Szene, die unter Schmitz Ägide unter empfindlichen Einsparungen gelitten
hat, am Montag nicht an seinem Stuhl sägen wollte. Schmitz habe sich "dumm"
verhalten, aber auch mit den Behörden kooperiert, sagte Christophe Knoch,
Sprecher der Koalition Freie Szene, der taz. Rücktrittsforderungen hielt er
für wohlfeil. Es gebe da andere Fragen, die eher öffentliche Empörung
verdienten: "Weit skandalöser ist doch, dass das Land Berlin letztes Jahr
73 Millionen Euro Fördermittel verfallen ließ."
3 Feb 2014
## AUTOREN
Nina Apin
## TAGS
Tim Renner
Wowereit
André Schmitz
Berlin
Steuerbetrug
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