# taz.de -- Shortlist Preis der Leipziger Buchmesse: Weltkrieg bleibt außen vor | |
> Zum 10. Jubiläum des Preises der Leipziger Buchmesse wartet die | |
> siebenköpfige Jury unter Hubert Winkels Vorsitz mit Überraschungen auf. | |
Bild: Nominiert für ihre Spurensuche in „Vielleicht Esther“: Katja Petrows… | |
Brechen wir mal mit unserer Tradition und fangen mit den Nomierungen im | |
Bereich Sachbuch an, weil es hier auch die erste positive Überraschung | |
gibt, die vielleicht doch gar nicht so wirklich groß, aber auf jeden Fall | |
erfreulich ist: Der Poptheoretiker und Kulturwissenschaftler Diedrich | |
Diederichsen ist mit seinem Opus magnum „Über Pop-Musik" (Kiepenheuer & | |
Witsch) vertreten. | |
Mit Spannung erwartet, nicht mehr nur von jenen, denen er in den 80er- und | |
90er-Jahren das Nachdenken über Pop beigebracht hat, klingt die Ankündigung | |
des Verlags doch viel einsamer als so eine Tätigkeit hoffentlich ist: | |
„Ergebnis seines lebenslangen Nachdenkens über Pop“ soll das Buch sein. Die | |
Jury sieht Diederichsens Verdienst in der Befreiung von Pop „als | |
ästhetische Unterkategorie“. | |
Weiters nominiert ist die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken mit | |
ihrer Kulturgeschichte der Mode „Angezogen. Das Geheimnis der Mode“ | |
(Klett-Cotta) aus dem letzten Herbst, das mittlerweile in der sechsten | |
Auflage ist. Vinken pflegt darin einen eher traditionellen Modebegriff, als | |
wolle sie mit dem Hype um das Androgyne in der Mode brechen. | |
Eine Biographie ist immer dabei, diesmal, im Weber-Jubiläumsjahr, ist es | |
die sehr gut erzählte Max-Weber-Biografie von FAZ-Journalist Jürgen Kaube | |
(Rowohlt Berlin). A propos Jubiläumsjahr, keines der Bücher aus der | |
Erster-Weltkriegs-Jubiläumsflut ist nominiert. Roger Willemsen steht mit | |
seinem Recherchetagebuch aus dem Deutschen Bundestag, wo er ein Jahr lang | |
als Zuhörer die Sitzungen, die Repräsentation der Repräsentation, | |
verfolgte, auf der Liste. „Das Hohe Haus. Ein Jahr im Parlament“ erscheint | |
Anfang März im Fischer Verlag. | |
## Zwei Debüts | |
Zuguterletzt und mein Tipp: „Der Schatten des Fotografen“ (Rowohlt Berlin) | |
von Benn-Biograf und Kulturwissenschaftler Helmut Lethen - eine Suche nach | |
der Wirklichkeit und der Psychopolitik hinter den Bildern und ein | |
Spaziergang durch die Kunst- und Mediengeschichte des 20. Jahrhunderts. | |
In der Belletristik hat die Jury gleich zwei Debüts nominiert. Den Roman | |
„Am Ende schmeißen wir mit Gold“ (Berlin Verlag) des erst 30-jährigen | |
Fabian Hischmann, von der Kritik als „grandioser Roman zur Lage der | |
Twentysomethins“ (Paul Jandl) gefeiert und Per Leos Familiengeschichte | |
„Flut und Boden“ (Klett-Cotta). Per Leo, der bereits zu den | |
geistesgeschichtlichen Ursprüngen von Rassimus gearbeitet hat, erzählt in | |
„Flut und Boden“ die Geschichte seines Großvaters, des Abteilungsleiters im | |
Rasse- und Siedlungshauptamt der SS. | |
Auch eine Familiengeschichte, aber eher eine Spurensuche, die die Opfer des | |
Antisemitismus erforscht, ist das Buch der letzten Bachmann-Preisträgerin | |
Katja Petrowskaja „Vielleicht Esther“ (Suhrkamp Verlag). Der aus Bosnien | |
und Herzigowina stammende Schrifsteller Sasa Stanisic ist nominiert mit | |
seinem Roman „Vor dem Fest“ (Luchterhand Verlag) und, nein, ja doch, schon | |
wieder, Blasphemie-Kritiker Martin Mosebach mit seinem neuen Roman „Das | |
Blutbuchenfest“ (Carl Hanser Verlag), dem Sigrid Löffler anlässlich der | |
Verleihung des Büchner-Preises 2007 „affektierte Vokabeln und verzopfte | |
Phrasen aus der bürgerlichen Mottenkiste des 19. Jahrhunderts“ attestierte. | |
Ein unvergesslicher Einspruch gegen die Wiederkehr des Katholizismus im | |
deutschen Feuilleton, der den Betrieb ein wenig belebte. | |
Schließlich die Nominierungen im Bereich Übersetzung: Paul Berf mit Karl | |
Ove Knausgards „Spielen“ (Luchterhand), Robin Detje mit William T. | |
Vollmanns „Europe Central“ (Suhrkamp), Ursula Gräfe mit Haruki Murakamis | |
„Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki (Dumont), Hinrich | |
Schmidt-Henkel mit Denis Diderots „Jacques der Fatalist und sein Herr“ | |
(Matthes & Seitz) und Ernest Wichner mit Varujan Vosganians „Buch des | |
Flüsterns“ (Paul Zsolnay). Die Preise sind jeweils mit 15000 Euro dotiert. | |
6 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Tania Martini | |
## TAGS | |
Diedrich Diederichsen | |
Buchpreis | |
Schwerpunkt Erster Weltkrieg | |
Katja Petrowskaja | |
Sasa Stanisic | |
Debütroman | |
Schwerpunkt Verbrecher Verlag | |
David Wagner | |
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