# taz.de -- Rechtsextreme in Postlow: Viel Rückhalt für Neonazi | |
> Die NPD-Hochburg Postlow macht einen Rechtsrocker zum Feuerwehrchef – | |
> obwohl ein Erlass des Innenministeriums genau dies verhindern soll. | |
Bild: Wird das Naziproblem nicht los: Postlow. | |
BERLIN taz | Die Entscheidung ist eine Provokation – jedenfalls aus Sicht | |
der Landesregierung in Schwerin: Der Gemeinderat in Postlow (Landkreis | |
Vorpommern-Greifswald) hat am Mittwochabend einstimmig die Wahl des | |
rechtsextremen Kommunalpolitikers und Musikers Ralf Städing zum Chef der | |
Freiwilligen Feuerwehr bestätigt. | |
Der parteilose Bürgermeister des Ortes, zugleich Amtsvorsteher der Region | |
Anklam-Land, sagte laut [1][einem Bericht des Nordkuriers:] Ob Städing in | |
einer vom Innenministerium als rechtsextrem eingestuften Band spiele oder | |
nicht, sei ihm „vollkommen egal“. | |
Nach der Versammlung soll der Bürgermeister einen Reporter der Lokalzeitung | |
eingeschüchtert haben: „Mich hätte das heute Abend nicht gewundert, wenn | |
ihr Auto hier abgebrannt wär.“ Das Blatt hatte im Vorfeld der Sitzung | |
kritisch über den Fall und die rechtsextremen Verstrickungen Städings | |
berichtet. | |
Innenminister Lorenz Caffier (CDU) bedauerte die Wahl. „Eine andere | |
Entscheidung wäre möglich gewesen“, sagte er am Donnerstag. Es sei | |
fraglich, ob Städing „die erforderliche Eignung für die Ernennung zum | |
Ehrenbeamten“ besitze. | |
Der Minister hatte 2007 eigens einen „Radikalenerlass“ eingeführt, um | |
vergleichbare Personalien zu verhindern. So gelten „Wehrführer“ in | |
Mecklenburg-Vorpommern als „Ehrenbeamte“. Sie sind laut Innenministerium | |
beamtenrechtlich verpflichtet, „durch aktives Handeln für die | |
Verfassungsordnung ein- und damit extremistischen, verfassungsfeindlichen | |
Anschauungen entgegenzutreten“. | |
## Landrätin kündigt Überprüfung an | |
Der neue Postlower Feuerwehrchef wird von Sicherheitsbehörden [2][jedoch | |
der Neonazi-Band „Wiege des Schicksals“ zugerechnet.] Die Band trat unter | |
anderem 2012 beim „Pressefest“ der Deutschen Stimme auf, einem der | |
wichtigsten Neonazitreffen bundesweit. | |
Das Schweriner Innenministerium [3][listete kürzlich in einer Antwort] auf | |
eine parlamentarische Anfrage der Linken diverse Straftaten auf, die von | |
Mitgliedern der Band begangen worden seien, darunter besonders schwerer | |
Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Verstoß gegen das Waffengesetz, | |
Volksverhetzung. | |
Vor der letzten Kommunalwahl hatte die örtliche rechtsextreme Szene | |
explizit für Städing als „unabhängigen nationalen Kandidaten“ geworben, … | |
gelernte Straßenbauer zog als parteiloser Kandidat in das Postlower | |
Lokalparlament ein. In Postlow, einer kleine Gemeinde kurz vor der | |
polnischen Grenze, erzielt die NPD seit Jahren überdurchschnittlich gute | |
Ergebnisse. Bei der Landtagswahl 2006 gelang der NPD dort sogar das | |
Rekordergebnis von 38 Prozent. | |
Die Rechtsaufsicht in dem aktuellen Fall liegt beim Landkreis | |
Vorpommern-Greifswald. Die Landrätin kündigte am Donnerstag an, die | |
umstrittene Ernennung juristisch zu überprüfen. | |
21 Feb 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern/allianz-mit-einem-zweifelha… | |
[2] /!121172/ | |
[3] http://www.landtag-mv.de/fileadmin/media/Dokumente/Parlamentsdokumente/Druc… | |
## AUTOREN | |
Astrid Geisler | |
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