| # taz.de -- Teure Geburtshilfe: Hobby: Hebamme | |
| > In Bremerhaven sind seit diesem Jahr nur noch Entbindungen in der Klinik | |
| > möglich, weil freiberufliche Hebammen sich ihren Beruf nicht mehr leisten | |
| > können. | |
| Bild: Zwischen 2008 und 2010 hat ein Viertel der freiberuflichen Hebammen aufge… | |
| Imke Helmke gibt auf. 15 Jahre hat die Bremerin neben ihren Diensten in der | |
| Klinik freiberuflich Mütter und Neugeborene im Wochenbett betreut. Ende | |
| Februar ist Schluss. Es lohnt sich nicht mehr. Sie ist nicht die einzige: | |
| Nach Schätzungen des Deutschen Hebammenverbands hörte zwischen 2008 und | |
| 2010 ein Viertel der freiberuflichen Hebammen auf, 2013 zehn Prozent. | |
| Die Ursache ist zum einen die seit Langem schlechte Vergütung, zum anderen | |
| die stetig steigende Prämie für die Haftpflichtversicherung. Diese ist | |
| besonders für die, die freiberuflich in Kliniken, Geburtshäusern oder zu | |
| Hause Geburten begleiten, unbezahlbar geworden. In Bremerhaven sind seit | |
| diesem Jahr daher nur noch Geburten in der Klinik möglich. In Bremen sieht | |
| es besser aus: Es gibt eine Handvoll Hebammen, die in Kliniken | |
| Beleggeburten betreuen sowie Hausgeburtshebammen und zwei Geburtshäuser. | |
| Doch auch die müssen zunehmend Schwangere vertrösten. Das 2002 gegründete | |
| Geburtshaus Bremen sucht seit Sommer 2013 zwei neue Kolleginnen. Deshalb | |
| gibt es für Geburten im August bereits eine Warteliste. | |
| Engpässe gibt es auch in der Versorgung von jungen Familien nach der | |
| Geburt, weil sich wie Imke Helmke immer weniger Hebammen die | |
| Nachsorge-Besuche leisten können. „Das lohnt sich nur in Vollzeit, bei 40 | |
| Stunden und mehr“, sagt Heike Schiffling, Vorsitzende des Bremer | |
| Hebammenverbands. | |
| In den ersten zehn Tagen zahlen die Kassen einen täglichen Hebammenbesuch | |
| und bis zu 16 weitere in den ersten acht Wochen. Imke Helmke erklärt, warum | |
| ihr diese Besuche so wichtig waren. „Heute gehen die meisten Frauen am Tag | |
| der Geburt nach Hause oder spätestens drei Tage später. Und dann sind sie | |
| alleine, wenn die Milch einschießt, sich die Hormone umstellen und sie | |
| plötzlich eine Familie sind, mit einem Neugeborenen, das sie noch | |
| kennenlernen müssen.“ | |
| Früher, als Familien noch größer waren, hätten Frauen vieles schon als | |
| Kinder mitbekommen und später Hilfe gehabt, wenn sie selbst Mutter wurden. | |
| „Wenn es heute Probleme gibt mit dem Stillen oder dem Schlafen, wenn sie | |
| sich um die Gewichtszunahme des Kindes sorgen oder seine Ausscheidungen | |
| nicht deuten können, dann ist da niemand.“ Sie könnten mit all ihren Sorgen | |
| natürlich auch zum Arzt oder der Ärztin gehen. „Das wäre aber zusätzlicher | |
| Stress und oft wegen des Rückbildungsprozesses und Wundheilung kaum | |
| möglich.“ Und für die Versicherung teurer. | |
| Dass sie diese Arbeit jetzt nicht mehr machen wird, falle ihr schwer, sagt | |
| die 53-Jährige. „Das war eine Herzensangelegenheit, obwohl ich wusste, dass | |
| es viel Arbeit ist, die schlecht honoriert wird.“ Doch als sie bei der | |
| letzten Einkommenssteuer ihre Beraterin fragte, mit welchen finanziellen | |
| Verlusten sie rechnen müsse, wenn sie nicht mehr neben ihrer | |
| Dreiviertelstelle Hausbesuche machen würde, habe die nur gesagt: „Welche | |
| Verluste?!“ | |
| Denn weil die Krankenkassen die Hebammenleistungen so gering vergüten, hat | |
| Helmke zuletzt mit ihrer Arbeit nur noch ihre Betriebsausgaben wieder | |
| herein geholt. Ihr sei allmählich klar geworden, dass sie die | |
| Wochenbettbetreuung nur noch aus Idealismus machte – verbunden mit einem | |
| sehr hohen Zeitaufwand. „Selbst wenn ich gerade eine Nachtschicht im | |
| Krankenhaus hinter mir hatte, konnte es sein, dass ich noch zu einer Frau | |
| gefahren bin, die gerade ein Kind bekommen hatte.“ Manche habe sie auch | |
| zwei Mal am Tag gesehen. „Wenn die anriefen und sagten, ich weiß nicht | |
| weiter, kannst du noch mal kommen, bin ich eben hin.“ Wenn jetzt jubelnd | |
| Frauen anriefen, die sie nach der Geburt des ersten Kindes betreut hatte, | |
| sie seien wieder schwanger, müsse sie ihnen sagen, dass sie ihnen nicht | |
| mehr beistehen könne. | |
| Eine Lösung für das Problem ist derzeit nicht in Sicht. Bremen, das sagte | |
| am Freitag ein Sprecher des Gesundheitssenators, werde auf einem Treffen | |
| der Landesgesundheitsbehörden einen Beschlussvorschlag einbringen. Der soll | |
| die Bundesregierung auffordern, einen Bericht zur Versorgung mit | |
| Hebammenhilfe vorzulegen, der für vergangenen Herbst angekündigt war. Die | |
| gesundheitspolitischen SprecherInnen von SPD und Grünen, die über das Thema | |
| am Mittwoch im Parlament sprechen wollen, sagten, Bremen könne keine | |
| eigenen Mittel aufbringen, um Hebammen besser abzusichern. Beide warnten | |
| davor, dass weitere ihren Beruf aufgeben werden, wenn sie nicht bald ein | |
| Signal bekämen, dass ihre finanzielle Situation verbessert werden soll. | |
| 23 Feb 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Eiken Bruhn | |
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