# taz.de -- Doku über geraubte Kunstschätze: Die wahren Akteure | |
> George Clooneys Film „The Monuments Men“ hat wenig mit den Tatsachen | |
> gemein. Näher an der Realität ist ein Dokumentarfilm, den Arte zeigt. | |
Bild: Männer, die auf Raubkunst starren: „Monuments Men“ hatte auf der Ber… | |
In George Clooneys Variante sind es eindeutig Helden. Amerikanische Helden, | |
begleitet von Heldenmusik, heroisch angestrahlt und ausgestattet mit einer | |
kämpferischen Begeisterung für „european art“, die sie in den letzten | |
Kriegstagen sogar ihr Leben für die Kunst aufs Spiel setzen lässt. Doch die | |
echten „Monuments Men“, denen Filmemacherin Petra Dorrmann und Autor | |
Gerhard Rekel im Dokumentarfilm „Hitlers Madonna und die Retter der | |
Raubkunst“ auf den Zahn fühlen, hatten viel mannigfaltigere Motive. | |
Die postkartenschöne Idylle des steirischen Salzkammerguts ist die Kulisse | |
für eine Spurensuche nach den Menschen, die Hitlers Raubkunst, vom Führer | |
und seinen Schergen für ein in Linz geplantes „Führermuseum“ gestohlene | |
Bilder und Skulpturen, tatsächlich in einem stillgelegten Stollen bei | |
Altaussee vor der Vernichtung bewahrten. | |
Dorrmann hat Zeitzeugen, Verwandte der Beteiligten und ExpertInnen | |
gefunden, die die komplizierten, von Krieg, Verrat, Angst und Eigennutz | |
geprägten Verstrickungen in O-Tönen darlegen. Die Akteure waren | |
Gestapoleute und Widerstandskämpfer, kunstsinnige Gauleiter und ebensolche | |
Bergwerksleiter. | |
Der Film beleuchtet die verworrenen Verhältnisse vorsichtig und bedächtig, | |
erklärt durch Interviews, durch Zeichnungen der Innenansichten des | |
Bergwerks, mit historischem Originalfilmmaterial und Fotos. Dorrmann lässt | |
zudem den Autor Konrad Kramar über den inspirierenden Stoff sprechen, der | |
nicht nur für den aktuellen Spielfilm, sondern bereits für mehrere | |
literarische und Filmdokumente als Vorbild diente. | |
## Bergwerk zur Sprengung vorbereitet | |
Die wichtigste Erkenntnis ist am Ende, dass die US-Befreier, die Clooney | |
gleichermaßen als Bewahrer, Verstecker und Retter inszeniert und ihnen für | |
eine flüssigere Dramaturgie einzelne Werke (wie die Brügger Madonna) | |
besonders ans Herz legt, wenig mit den wahrten Akteuren gemein haben. | |
Denn diese hatten selten rein kunstästhetische Gründe für ihre Verstrickung | |
mit der Raubkunstbergung: Gauleiter August Eigruber wollte das Bergwerk | |
unbedingt sprengen lassen, damit seine Schätze nicht „dem Weltjudentum“ in | |
die Hände fallen, er hatte darum acht Fliegerbomben in die Salinen fahren | |
lassen, die zur Tarnung in Kisten mit der Aufschrift „Vorsicht Marmor!“ | |
lagerten. Diese wurden von Bergleuten und Widerstandskämpfern entfernt, | |
später wurden nur die Eingänge gezielt gesprengt. | |
SS-Funktionär Ernst Kaltenbrunner führte den von Eigruber gegebenen | |
ursprünglichen Sprengbefehl nicht aus, weil er an seine Rolle nach dem | |
Krieg dachte. Und der österreichische Widerstandskämpfer Albrecht | |
Gaiswinkler, der stets behauptet hatte, maßgeblich für die Kunstrettung | |
verantwortlich zu sein, war in den letzten Kriegstagen ohnehin schon | |
untergetaucht. | |
Die US-Truppen sicherten letztlich am 8. Mai 1945 das Bergwerk und damit | |
6.500 Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen und Möbel. Eine ungleichere Gruppe | |
von aus ganz verschiedenen Gründen Kunstsinnigen, das zeigt der solide | |
Dokumentarfilm, gab es vermutlich nie. | |
26 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
## TAGS | |
Raubkunst | |
George Clooney | |
Raubkunst | |
Enteignung | |
Film | |
Großbritannien | |
Hollywood | |
Raubkunst | |
Raubkunst | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Raubkunst aus der NS-Zeit: Stücke mit Makel | |
Hamburgs Museum für Kunst und Gewerbe widmet sich der Herkunft von | |
Raubkunst. Die Geschichten sind interessant, aber wenig anschaulich. | |
Erinnerung an jüdische Familie: Feuerwehr frei! | |
Im münsterländischen Borghorst soll die Villa einer jüdischen Familie | |
abgerissen werden. Den Platz bräuchte die Feuerwehr. Eine Initiative sieht | |
das anders. | |
Filmstart „Philomena“: Zorn und Milde | |
Kaum zu ertragen, aber geschickt verpackt – in „Philomena“ entlarvt Steph… | |
Frears’ die kitschige Story seiner Protagonistin als eben solche. | |
Streit mit britischem Politiker: Clooney als Kunstretter | |
George Clooney gerät mit Londons Bürgermeister aneinander. Es geht um | |
Bruchstücke aus der Akropolis, die England zurückgeben soll – und um | |
Hitler. | |
Berlinale Staralbum: Filmstudio Babelsberg: Das Wandelbare | |
Bei der diesjährigen Berlinale zeichnet sich das Filmstudio Babelsberg für | |
auffällig viele Filme verantwortlich. | |
Deutsche Raubkunst: Licht ins Depot bringen | |
Wie viele von den Nazis geraubte Kunstwerke in Deutschland lagern, weiß | |
niemand. Nun soll eine Kommission das Problem lösen. | |
Buch über NS-Raubkunst-Rettung: Das Pharaonengrab | |
1945 wollten NS-Schergen den für das „Führermuseum“ geraubten Kunstschatz | |
in die Luft sprengen. Ein Buch zeigt, wie das verhindert wurde. |