Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Niger gibt Libyen nach: Gaddafis Sohn Al-Saadi ausgeliefert
> Zweieinhalb Jahre nach dem Ende der Diktatur Muammar al-Gaddafis wird
> einer seiner Söhne nach Libyen überstellt. Dort droht ihm ein Prozess.
Bild: Al-Saadi Gaddafi (m.) im Jahr 2011.
TRIPOLIS taz | Mit frühmorgendlichem Feuerwerk und lautem Autohupen haben
viele Hauptstädter am Donnerstag die Auslieferung von Saadi al-Gaddafi von
Niger an Libyen gefeiert. Seit 2011 versuchten die libyschen Behörden, den
südlichen Nachbarn davon zu überzeugen, den nach dem Fall von Tripolis
geflohenen Sohn Muammar al-Gaddafis zu überstellen.
Nach der Ankunft des Flugzeugs auf dem Tripolitaner Militärflughafen Mitiga
wurde der prominente Häftling in die Haftanstalt Hadba gebracht, wo bereits
weitere Regimevertreter auf ihre Verfahren warten. Unklar ist, was die
Staatsanwaltschaft Saadi al-Gaddafi vorwirft.
In Medienberichten war von der Beteiligung an der Unterdrückung der
Revolution, Störung der Sicherheit und Stabilität Libyens sowie der
Veruntreuung von Geldern die Rede. Anders als seine Brüder Mutassim und
Saif spielte Saadi im informellen politischen System al-Gaddafis keine
große Rolle.
Das Ausmaß der Freude über die Rückkehr Saadi al-Gaddafis hält sich in
Tripolis jedoch in Grenzen. Anders als direkt nach dem Ende der Revolution
wird der Gaddafi-Klan nicht mehr für jedes Problem verantwortlich gemacht.
Nach der Stürmung des Übergangsparlaments am Sonntag durch junge
Randalierer herrscht politische Apathie.
„Trotz meiner Aversion gegen Saadi hoffe ich, dass er so behandelt wird,
wie es in einem Rechtsstaat üblich ist“, schreibt Aktivist Rida auf
Facebook, das in den unsicheren Zeiten immer mehr zur eigentlichen
libyschen Öffentlichkeit mutiert.
Die ersten Bilder des Gefangenen in den Räumen der Justizpolizei zeigten
das Gegenteil. Zu sehen war eine unfreiwillige Rasur der Haare und des
Bartes, den sich Saadi al-Gaddafi während der Revolution wachsen ließ.
## Sorge über das riesige Waffenarsenal im Süden Libyens
Ebenfalls über Facebook dankte die libysche Regierung dem Präsidenten des
Niger, Mahamadou Issoufou, für die Kooperation, die dieser drei Jahre
verweigert hatte. Niger hatte lange beteuert, den Präsidentensohn aus
humanitären Gründen aufzunehmen und höchstens an den Internationalen
Strafgerichtshof in Den Haag zu überstellen.
Der Sinneswandel kam, nachdem ehemalige Regimekräfte im Januar
Stammeskonflikte im südlibyschen Sebha für einen Übernahmeversuch der Stadt
zu nutzen versuchten. Nach mehr als hundert Toten und wochenlangen Kämpfen
misslang der Coup. Gleichzeitig verhafteten die Behörden in Niger Saadi
al-Gaddafi, da er die Auflagen seines Hausarrestes gebrochen hatte.
Vermutet wurde, dass die Entourage um Saadi al-Gaddafi den Angriff in Sebha
logistisch und finanziell unterstützt hatte.
Wie schwer es ist, Verantwortlichkeiten für Kriegsverbrechen nachzuweisen,
können die Libyer im Verfahren gegen Saadis Bruder Saif sehen. Der als
Nachfolger von Muammar al-Gaddafi und als Reformer gehandelte Saif sitzt
gegen den Willen des Internationalen Strafgerichtshofs im Wüstennest Zintan
im Gefängnis. Das Hauptverfahren hat noch nicht begonnen, weil sich Zintan,
Tripolis und Den Haag um die Zuständigkeit streiten. Saadi wurde jedoch
nicht vom Strafgerichtshof gesucht.
Es ist wohl kein Zufall, dass die Auslieferung am Tag der Konferenz der
„Freunde Libyens“ in Rom stattfand. Neben Vertretern der EU kamen auch der
russische und amerikanische Außenminister, Sergei Lawrow und John Kerry, in
Rom zusammen, um eine Strategie für Nachkriegslibyen zu diskutieren.
Neben den Islamisten im Osten macht den Anrainerstaaten Libyens vor allem
das gigantische Waffenarsenal in der libyschen Sahara Sorgen. Von hier
bedienen sich islamistische Milizen aus den Niger und Mali. Vor allem die
Franzosen fürchten um den Urannachschub ihrer Atomkraftwerke, die
hauptsächlich aus Vorkommen im Niger gespeist werden. In libyschen
Sicherheitskreisen ist es ein offenes Geheimnis, dass Saadi al-Gaddafis
Auslieferung wohl mit üppigen Zahlungen an die Regierung im Niger belohnt
wurde.
6 Mar 2014
## AUTOREN
Mirco Keilberth
## TAGS
Gaddafi
Libyen
Niger
Libyen
Libyen
Libyen
Libyen
Tripolis
Libyen
Libyen
Libyen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Saadi Gaddafi in Libyen vor Gericht: Esel im Trikot
Muammar Gaddafis jüngster Sohn war fußballverrückt und nutzte die Macht
seines Vater für seine Karriere. Damit trieb er auch die Revolution an.
Blockierte Ölterminals in Libyen: Ende des Stillstands
Die Übergangsregierung und die Föderalisten haben sich geeinigt, die
Blockade der Ölproduktion aufzuheben. Zwei der vier Häfen werden wieder
geöffnet.
Gestürzter libyscher Ministerpräsident: Seidan flieht nach Europa
Misstrauensvotum, Haftbefehl, Flucht: Ali Seidan erlebt aufregende Tage.
Dem Übergangs-Regierungschef wird Kollaboration mit Separatisten
vorgeworfen.
Machtkämpfe in Libyen: Regierungschef abgesetzt
In Libyen überschlagen sich die Ereignisse: Erst sticht ein Tanker mit
„illegalem Öl“ in See. Dann wird der Ministerpräsident abgesetzt.
Milizionäre machen mobil.
Unruhen in Tripolis: Der Mob macht Politik
Eine wütende Menschenmenge hat das libysche Parlament gestürmt, um seine
Auflösung zu erzwingen. Drei Abgeordnete wurden verletzt, zwei Politiker
traten zurück.
Politische Konflikte in Libyen: Zwei Milizen probieren einen Putsch
Vor den Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung wachsen die politischen
Spannungen in Libyen. Religiöse und Liberale geraten aneinander.
Jahrestag in Libyen: Die Euphorie ist lange verflogen
Hunderttausende wollen am Montag im ganzen Land demonstrieren. Die
Zivilgesellschaft hat das demokratische Handwerk schnell gelernt.
Bürgerkrieg in Libyen: Zwischen Tuareg und Gaddafi
Die schwersten Kämpfe im Süden des Landes seit der Revolution geben Anlass
für unzählige Gerüchte. Die Regierung setzt Panzer in Bewegung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.