# taz.de -- Demo zum Frauenkampftag: Penisneid für alle | |
> Da geht wieder was. Zu einer Demonstration kommen in Berlin über 3.000 | |
> Menschen zusammen. Auch viele Männer sind dabei. | |
Bild: Das Motto „Still loving feminism“ zieht: Tausende auf Berlins Straße… | |
BERLIN taz | Sie wollten keine Blumen, sie wollten den ganzen Garten. So | |
hat ein breites Bündnis linker Parteien und Gruppen zum Frauenkampftag am | |
8. März mobilisiert. Seit vor 20 Jahren der letzte Frauenstreiktag begangen | |
wurde, hat es keine nennenswerte Demonstration mehr gegeben. Dieses Mal | |
sollte es anders sein. | |
In der Sonne vor dem Berliner Konsumtempel Gesundbrunnencenter im Ortsteil | |
Wedding sammelt sich tatsächlich eine beachtliche Menge, 3.000 sollen es | |
sein, es sieht aber nach mehr aus. | |
Erster Eindruck: Was machen die ganzen Männer hier? Mindestens ein Drittel | |
der Demonstrierenden sind männlich. Das ist schon ein Unterschied ums Ganze | |
zu den Aktionen vor 20 Jahren. Er sei hier mit den Falken, sagt Felix, ein | |
junger Mann mit langen blonden Haaren. Diese kümmerten sich gerade um | |
einige Spanierinnen, die von ihren Männern zu Hause eingesperrt worden | |
seien und bis Berlin flohen. „Deshalb bin ich hier.“ | |
Die anderen kommen von Verbänden und Parteien, die Linke mit Katja Kipping | |
samt rosa Blume im Haar geht voran, Grüne, Jusos, SPD-Frauen und | |
Gewerkschafterinnen sind dabei, Falken, SpartakistInnen und AnarchistInnen, | |
AnarchosyndikalistInnen und eigentlich sollte die Autorin an alles noch ein | |
Sternchen* hängen, weil die Gays, Lesbians, Trans- und Intermenschen hier | |
auch dabei sind und auf die wird sprachlich durch ein Sternchen Rücksicht | |
genommen. Obwohl, die hielten das Sternchen im Aufruf für ein Feigenblatt, | |
mal eben hingemalt, aber man habe sich um die konkreten Probleme nicht | |
geschert, so der Vorwurf. | |
## Umstrittenes Thema: Prostitution | |
Zweiter Eindruck: Der Prostitutionskrieg ist auch hier angekommen. Frauen | |
haben abfällige Postings von Freiern im Netz über ihre „schwabbeligen“ | |
Huren mit „Hängetitten“ auf Schilder gemalt, als Zeichen der | |
Würdelosigkeit, mit der hier Frauen behandelt werden. „Stop Prostitution“, | |
so die einfache Forderung. Die Prostituiertenverbände aber waren auch | |
fleißig und halten wenige Meter weiter ihre roten Regenschirme der | |
internationalen Hurenbewegung in die Sonne. „Only Rights Can Stop The | |
Wrong!“ steht auf ihrem Plakat. Aktivistin Stephanie Klee erzählt, dass es | |
schon bespuckt wurde. | |
Dritter Eindruck: Es ist international. Vor allem die SpanierInnen sind | |
nicht zu übersehen, sie beklagen sich über ihr extrem verschärftes | |
Abtreibungsrecht, das kurz vor der endgültigen Verabschiedung im Parlament | |
steht. KurdInnen sprechen und Internationalistinnen, die so international | |
sind, dass sie ihr Herkunftsland nicht verraten wollen. | |
Und, vierter Eindruck: Es gibt Themen, die wieder brennen. Die | |
Aktivistinnen von Pinkstinks rebellieren gegen die grassierende | |
Verniedlichung von Frauen und Mädchen und gegen sexistische Werbung. (Im | |
Netz wird das jetzt immer „sexistische Kackscheiße“ genannt.) Und es bahnt | |
sich eine Bewegung der Dicken an, die sich nicht mehr für ihre Fülle | |
schämen wollen und gegen „fat shaming“ antreten, auf der Demo sollten sie | |
einen „Fett-Block“ bilden, den die Autorin aber nicht entdecken konnte. | |
Letzter Eindruck: Einige Plakataufschriften: „Its a dress, not a yes!“, | |
„Feminismus oder Barbarei! Nation. Kapital. Patriarchat. Scheiße.“, „Wir | |
sind viele, wir sind wild. Wir scheißen auf dein Frauenbild.“ „Kein Bock, | |
ein Dirndl zu füllen“, „Pille danach rezeptfrei!“ Und „30-Stunden-Woch… | |
vollem Lohnausgleich“. Ganz am Ende laufen zwei als Penisse verkleidete | |
Frauen, die Eier wabern vor ihren Schienbeinen herum. „Penisneid für alle“, | |
fordern sie. Und? Was ist das jetzt? Es ist noch keine Bewegung, aber es | |
hat sich etwas bewegt. Nicht schlecht. | |
9 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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