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# taz.de -- Streik geplant: Charité wird lahmgelegt
> Die Gewerkschaft Ver.di fordert mehr Personal in den Kliniken der
> Charité. Weil die Arbeitgeber bisher darauf nicht reagiert haben, soll am
> Montag gestreikt werden.
Bild: Das Wahrzeichen der Charité: Ihr Bettenhaus in Mitte.
Nach drei Jahren könnte es am kommenden Montag wieder zu einem Streik an
der Charité kommen: Um eine bessere Personalausstattung durchzusetzen, will
die Gewerkschaft Ver.di rund 10.000 MitarbeiterInnen der Kliniken zur
Arbeitsniederlegung aufrufen – darunter Krankenschwestern, Pfleger,
Labormitarbeiter, Verwaltungsangestellte und Ärzte. Die Charité könnte
jetzt noch in die Schlichtung gehen, so Gewerkschaftssekretär Kalle Kunkel.
„Dann wären wir vorerst an die Friedenspflicht gebunden.“ Am Dienstag blieb
unklar, ob die Charité diesen Schritt plant. Ihr Sprecher Uwe Dolderer
erklärte auf Anfrage lediglich: „Wir sind in Verhandlungen und gehen
weiterhin davon aus, dass wir eine Verständigung in diesem komplexen
Sachverhalt erreichen werden.“
Die Charité ist einer der größten Arbeitgeber Berlins und hat insgesamt
13.200 Mitarbeiter. Dazu zählen auch viele Wissenschaftler, die Ver.di
nicht zum Streik aufruft. Dass die Arbeitsbelastung in den Kliniken steigt,
ist in den Jahresberichten nachzulesen: 2006 arbeiteten etwa noch 2.554
Vollkräfte in der Krankenpflege, 2012 waren es nur noch 2.475. Gleichzeitig
müssen mehr Menschen betreut werden, die Zahl der stationären Fälle nimmt
kontinuierlich zu: 2006 wurden 127.429 an der Charité stationär behandelt,
2012 waren es bereits 140.706. Allerdings blieben die Patienten 2012 im
Schnitt einen Tag kürzer in den Kliniken als 2006.
„Immer mehr Kolleginnen und Kollegen kommen an ihre Belastungsgrenze“, sagt
Kunkel. Auf einer normalen Station müsse sich eine Pflegekraft um zehn bis
zwölf Patienten kümmern. Fachlich angemessen seien aus Sicht von Ver.di
fünf Patienten pro Pfleger, so Kunkel. „Die Kollegen befinden sich ständig
in einem Dilemma“, berichtet auch der Gesamtpersonalratsvorsitzende der
Charité, Carsten Becker. „Wenn sie alleine Nachtdienst haben und drei
Patienten klingeln – was sollen sie dann tun?“ Viele machten auch
Überstunden, die sie dann vor sich herschöben, so Becker.
Ver.di verhandelt seit Sommer mit der Charité über mehr Personal vor allem
im Pflegebereich. „Bislang hat der Arbeitgeber kein ernstzunehmendes
Angebot vorgelegt“, sagt Kunkel. Deshalb leite die Gewerkschaft nun die
nächsten Schritte ein.
Zuletzt war es an der Charité im Mai 2011 wegen Forderungen nach höheren
Gehältern zu einem Streik gekommen. Viele Operationen wurden verschoben,
nur Notfälle wurden behandelt. Feuerwehr und Rettungsdienste bekamen die
Ansage, andere Kliniken anzufahren. Damals gab es zudem eine
Notdienst-Vereinbarung zwischen den Tarifparteien, an die sich Ver.di auch
jetzt wieder halten will. Die Gewerkschaft teilt der Charité demnach drei
bis sechs Tage vor dem Streik mit, auf welcher Station wie stark gestreikt
wird, sodass sich die Kliniken darauf einstellen können.
Die Leitung des Klinikkonzerns hat gerade mit einer anderen
Schadensbegrenzung zu tun: Vergangenen Woche war bekannt geworden, dass die
Charité Fördermittel in Millionenhöhe parkt. Sollte das zutreffen, will die
Helmholtz-Gemeinschaft laut Tagesspiegel den Finanzfluss für das gemeinsam
mit der Charité betriebene Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIG)
stoppen.
12 Mar 2014
## AUTOREN
Antje Lang-Lendorff
## TAGS
Klinik
Berlin
Streik
Gewerkschaft
Charité
Warnstreik
Tarifkonflikt
Streik
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