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# taz.de -- Sozialforscher über Arbeitskämpfe: „Es gibt mehr Konflikte“
> Heiner Dribbusch erforscht Streiks in Deutschland, 220 gab es im
> vergangenen Jahr. Doch er hat Sorge vor einer Einschränkung des
> Streikrechts.
Bild: Streikland Deutschland? Beschäftigte im Einzelhandel präsentieren ihre …
taz: Herr Dribbusch, Sie erforschen seit etlichen Jahren das
Streikgeschehen in Deutschland und legen jedes Jahr eine Streikbilanz vor.
Werden Beschäftigte streikfreudiger?
Heiner Dribbusch: Auffällig ist zumindest, dass die Zahl der Konflikte
erheblich zugenommen hat. Und Beschäftigte sind immer weniger bereit,
Verschlechterungen ihrer Arbeitsbedingungen hinzunehmen.
Welche Trends beobachten Sie noch?
Das Streikgeschehen hat sich von der Industrie in den
Dienstleistungsbereich verschoben. Dort gibt es viel häufiger Konflikte als
in der Industrie. 2013 gab es insgesamt knapp 220 Arbeitskämpfe, von denen
allein 169 im Organisationsbereich der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di
stattfanden.
Woran liegt es?
Die Tariflandschaft ist dort sehr zersplittert. Ein Beispiel: Früher galt
für fast alle Krankenhäuser der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes.
Heute sind viele Kliniken privatisiert oder Klinikbereiche ausgelagert und
viele private Klinikbetreiber wollen keinen Tarifvertrag mehr abschließen.
Deswegen gibt es mehr Konflikte und Streiks.
Die Arbeitgeber drängen, dass künftig nur noch eine Gewerkschaft pro
Betrieb Tarifverträge abschließen können soll. Diese „Tarifeinheit“ soll
die große Koalition per Gesetz vorschreiben. Ohne sie gäbe es mehr Streiks
und Chaos durch kleine, aber mächtige Berufsgewerkschaften, so das
Argument. Sehen Sie dafür Anzeichen?
Nein. Weder haben sich in den letzten Jahren neue Berufsgewerkschaften
gegründet, noch streiken die alten Berufsgewerkschaften der Ärzte,
Lokführer oder Piloten mehr. Sie streiken sogar seltener als die
DGB-Gewerkschaften. Trotzdem wird oft das Gegenteil behauptet, um für eine
gesetzlich erzwungene Tarifeinheit zu werben. Die aber wäre gefährlich –
nicht nur für die Berufsgewerkschaften, die man so ausbremsen will.
Gefährlich inwiefern?
Weil eine gesetzlich verordnete Tarifeinheit ohne Einschränkung des
Streikrechts kaum vorstellbar ist. Dabei geht es keineswegs nur um die
Berufsgewerkschaften.
Sondern?
Ins Visier der Arbeitgeber sind spektakuläre Streiks wie in Frankfurt am
Main geraten, wo das Sicherheitspersonal vor Kurzem den Flughafen
weitgehend lahmgelegt hat. Da geht es nicht um eine kleine
Berufsgewerkschaft und gut verdienende Arbeitnehmer, sondern um
Beschäftigte, die in Ver.di organisiert sind. Und die sich, wie auch schon
im letzten Jahr in Nordrhein-Westfalen oder Hamburg, zum ersten Mal
erfolgreich im Niedriglohnsektor organisieren. Da wünschen sich Arbeitgeber
Zwangsschlichtungen oder Abkühlungsphasen. Lauter Dinge, die Streiks
wirkungsloser und Arbeitnehmer schwächer machen würden.
13 Mar 2014
## AUTOREN
Eva Völpel
## TAGS
Streik
Arbeitskampf
Öffentlicher Dienst
Verdi
Streikrecht
GDL
Tarifkonflikt
Warnstreik
Klinik
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Bahnverkehr
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