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# taz.de -- Einigung zur Bankenunion: In letzter Minute
> Die zweite Säule der Bankenunion steht – nach 16 Stunden Verhandlungen.
> Doch das Europaparlament musste viele Abstriche machen.
Bild: Falls eine von ihnen pleite geht, zahlt künftig ein Fond.
BRÜSSEL taz | „Dies ist wahrscheinlich die wichtigste Reform seit Gründung
des Euro.“ Mit diesen Worten feierte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier
am Donnerstag den Kompromiss kurz vor Toreschluss zur Bankenunion. Zuvor
hatten sich Unterhändler der 28 EU-Staaten und des Europaparlaments auf ein
System zum Abwicklung von maroden Geldhäusern geeinigt – gerade noch
rechtzeitig vor der Europawahl.
In den 16-stündigen nächtlichen Verhandlungen habe man sogar
Bundessinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aus dem Schlaf geholt, freute
sich der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. „Seine Politik des
Vogel-friss-oder-stirb hat nicht funktioniert“, so der Finanzexperte, der
als einziger Mann zusammen mit drei Frauen für das Parlament verhandelte.
Allerdings hat Schäuble kaum Konzessionen gemacht, im Gegensatz zum
Europaparlament. Auf eine Hauptforderung, die Abwicklung nach
EU-Gemeinschaftsrecht zu organisieren und nicht in einem neuen
zwischenstaatlichen Vertrag, mussten die Abgeordneten komplett verzichten.
Schäuble setzte sich mit dem Agument durch, nach deutschem Recht könne er
nicht anders handeln.
Auch der Wunsch der Abgeordneten, den geplanten Stützungsfonds von 55
Milliarden Euro schneller aufzubauen, wurde kaum erfüllt. Statt zehn soll
es nun „nur“ noch acht Jahre dauern – der SRM genannte gemeinsame
Abwicklungsmechanismus und der zugehörige Fonds SRF lassen also auf sich
warten. Wenn es morgen zu einer Bankpleite kommt, steht der SRF nicht zur
Verfügung.
## Abwicklung an einem Wochenende
Deutliche Verbesserungen gab es aber bei der Prozedur, die Entscheidungen
über den Umgang mit Pleitebanken herbeifühen soll. Problembanken könnten
nun über ein Wochenende hinweg abgewickelt werden, resümierte
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD). Das hatte Schäuble zuvor
allerdings auch schon behauptet. Wer recht hat, dürfte sich est in der
Praxis erweisen.
Immerhin steht mit dieser Einigung, die noch formell abgesegnet weden muss,
die zweite Säule der Bankenunion. Die erste, eine gemeinsame [1][Aufsicht
bei der Europäischen Zentralbank EZB], soll im Herbst die Arbeit aufnehmen.
Mit der gemeinsamen Abwicklung, die Anfang 2015 starten soll, ist die
Hoffnung verbunden, dass der Teufelskreis aus Bankenkrise und
Staatsschuldenkrise duchbrochen wird. Künftig sollen nicht mehr die
Staaten, sondern die Banken und ihre Eigner für Rettung oder Abwicklung
zahlen.
„Statt des Steuerzahlers wird nun ein Fonds zahlen, für den die Banken
aufkommen“, resümierte die niederländische konservative Abgeordnete Corien
Wortmann-Kool. In dem Fonds gibt es „nationale Abteilungen“ der beteiligten
Staaten; nach drei Jahren sollen bereits 70 Prozent der vorhandenen Mittel
vergemeinschaftet sein. Das heißt, dass sie auch für andere Länder
bereitstehen. „Das stärkt die Schlagkraft des Fonds und verhindert hohe
Rechnungen für die Steuerzahler“, so Wortmann-Kool.
Allerdings dürften die Mittel kaum ausreichen, wenn eine Großbank
pleitegeht oder gar eine neue Bankenkrise kommt, wie sie Irland oder
Spanien erlebt hat. In der Finanzkrise hatten die EU-Länder insgesamt 1,6
Billionen Euro in marode Geldhäuser gesteckt. Das meiste Geld mussten die
Steuerzahler aufbringen.
Auch jetzt sei die EU nicht vor einer Wiederholung geschützt, so der
Finanzexperte Paul de Grauwe von der London School of Economics. „Das
Schlüsselelement einer Bankenunion ist eine Institution mit finanzieller
Schlagkraft. Die gibt es nicht, also haben wir auch keine Bankenunion“,
sagte er.
Den so genannten „Backstop“ hatte vor allem Deutschland verhindert.
Schäuble setzte auch durch, das der Euro-Rettungsfonds ESM nur in extremen
Notfällen zum Einsatz kommt. Als die Bankenunion vor zwei Jahren geplant
wurde, war der ESM noch als zentraler Baustein gedacht gewesen, um Ländern
wie Spanien ode Italien zu helfen.
20 Mar 2014
## LINKS
[1] /Europaeische-Bankenaufsicht-gebilligt/!123613/
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Bankenunion
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Schwerpunkt Finanzkrise
Portugal
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