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# taz.de -- AfD vor der Europawahl: Ende der Ermächtigung
> Auf ihrem Parteitag rebelliert die AfD-Basis: Sie lässt eine von der
> Führung vorgelegte Satzung durchfallen. Die hätte Chef Lucke mehr Macht
> garantiert.
Bild: Macht allein für ihn? Ganz so glatt lief's dann doch nicht für Bernd Lu…
ERFURT taz | Am Morgen gibt sich Bernd Lucke noch zuversichtlich. „Ganz
gelassen“ sehe er der Satzungsdiskussion entgegen, sagt der Chef der
Alternative für Deutschland (AfD). Er lächelt. „Warten Sie mal ab, das wird
nichts so schlimm, wie Sie denken.“
Gut zwei Stunden später ist Lucke schlauer. In der Messehalle Erfurt kommen
an diesem Wochenende rund 1.000 AfDler zum Parteitag zusammen. Es soll um
das Programm zur Europawahl Ende Mai gehen. Den Mitgliedern aber geht es
erstmal um anderes: die neue, von der Parteispitze vorgelegte Satzung.
Die würde dem Bundesvorstand einen ordentlichen Machtgewinn bringen, vor
allem Lucke. Statt einer Dreierspitze gäbe es nur noch einen Vorsitzenden.
Der Bundesvorstand könnte Landesvorstände oder ganze Verbände leichter
ausschließen. Auch dürfte nur noch einer den Bundesvorstand erweitern: der
Parteichef.
Schon im Vorfeld gab es Streit um das Statut. Einen Tag vor dem Parteitag
hatte die Führung noch eiligst eine entschärfte Version an die Mitglieder
verschickt. Es half nicht. „Das geht nicht so“, schimpft ein Mitglied
gleich zu Beginn des Parteitags. Diese Satzung trage „sehr stark
autokratische Züge“. Breiter Applaus. Ein weiterer Redner sagt, er fühle
sich „manipuliert“. Selbst Hermann Behrendt, AfD-Vize in NRW, lehnt den
Entwurf ab, obwohl er mit im Erarbeitungskonvent saß. „Sind wir von allen
guten Geistern verlassen, das so durchzupeitschen?“ Applaus.
## Misstrauensvotum für Lucke
Lucke verfolgt den Aufruhr wortlos. Irgendwann knickt er ein. Er sei
„selbst unglücklich über das Verfahren“, versucht er den Parteitag zu
beruhigen. Die Satzung komme „in der Tat nicht fristgerecht“. Er würde sie
deshalb vorerst zurückziehen. Die Basis macht's offiziell: Sie stimmt mit
großer Mehrheit für eine Vertagung der Satzungsdiskussion.
Ein herbes Misstrauensvotum für Lucke, der bisher als Lichtgestalt der
Neupartei galt – vor allem aus eigener Sicht. Durch den Streit droht der
Parteitag, im Chaos zu enden. Immer wieder stellen Mitglieder Eilanträge,
rufen dazwischen, es wird gejohlt oder gebuht. Eine Stunde dauert es
allein, bis ein Versammlungsleiter gewählt ist. Zwei Stunden bis sich auf
eine Tagesordnung geeinigt wird.
Es ist wieder Lucke, der „zum Zusammenhalten“ mahnt. Das gelingt ihm mit
einer minutenlangen Medienschelte. Von Bild bis FAZ werde die AfD „an den
Pranger gestellt“, schimpft Lucke. „Ich finde es beschämend, dass niemand,
kein Politiker, kein Journalist, kein Intellektueller sich je für uns in
die Bresche geworfen hat.“ „Jawohl“, ruft es aus den Reihen, stehende
Ovationen.
## Henkel preist Parteiprogramm
Die AfD nennt Lucke in seiner Rede eine „Freiheitsbewegung gegen den
Obrigkeitsstaat“. Er werde alles dafür tun, die Partei frei von
„engstirniger Ideologie“ zu halten, als eine „Volkspartei des gesunden
Menschenverstandes“. Was das heißt bleibt wie immer vage. Lucke spricht von
einem Fundament „abendländischer Werte“.
Um das Europaprogramm geht es dann auch. Satz um Satz wird das 26-seitige
Papier durchgestimmt. Ausstieg aus dem „Einheits-Euro“. Keine Mindestlöhne.
Kein EU-Beitritt der Türkei. Zwischendrin auch einige Überraschungen: Ein
Nein zur Vorratsdatenspeicherung. Asylbewerbern sei das Recht auf Arbeit zu
gestatten. Hans-Olaf Henkel, einst Industrie-Größe und neben Lucke
Co-Spitzenkandidat der AfD zur Europawahl, preist das Programm. Da alle
Parteien nach links rückten, liege man damit „genau richtig“. „Das ist e…
Programm für die Mitte der Gesellschaft.“
Lucke wiederum wirbt für den Kandidaten Henkel – und hat noch einen
Vorschlag parat. EU-Kommissionspräsident solle nicht der deutsche Anwärter,
Sozialdemokrat Martin Schulz, werden – sondern AfD-Mann Henkel. „Dann
würden die Probleme Europas endlich angegriffen.“ Wieder jubelt der Saal.
Henkel bedankt sich: „Ich habe größtes Vertrauen in Herrn Luckes
Urteilskraft.“ Der AfD-Chef strahlt: endlich Einigkeit.
22 Mar 2014
## AUTOREN
Konrad Litschko
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