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# taz.de -- Spannungen in der Ostukraine: Die Wutbürger von Donezk
> Triumphierende Anhänger Janukowitschs, eingeschüchterte
> Euromaidan-Freunde: Die Situation im ostukrainischen Donezk bleibt
> angespannt.
Bild: Ach, die alten Zeiten: prorussische Demonstration in Donezk.
DONEZK taz | 2.000 prorussische Demonstranten versammeln sich am Samstag
bei strahlendem Wetter auf dem Lenin-Platz in der Innenstadt von Donezk,
dem Zentrum des ostukrainischen Kohlereviers. Die Stimmung ist aufgeheizt.
Kurz vor Beginn der Demonstration war bekannt geworden, dass die
ukrainischen Behörden einen der Organisatoren, Michail Tschumatschenko,
festgenommen hatten. Ihm wird vorgeworfen, bei der Demonstration einen
Aufruf zur gewaltsamen Besetzung der Bezirksverwaltung geplant zu haben.
Vom Sockel des Lenin-Denkmals aus ziehen die Redner gegen die Kiewer
Regierung ins Felde. Diese sei illegitim, werde von Verbrechern, Faschisten
und Kinderschändern dominiert. In Sprechchören rief die Menge: „Der
Faschismus kommt nicht durch!“ Viele schwenken russische Fahnen oder rote
Fahnen der kommunistischen Partei der Ukraine. Auf Spruchbändern wird die
Rückkehr des „legitimen Präsidenten Viktor Janukowitsch“ und die Absetzung
des Gouverneurs, des „Verbrechers Sergej Taruta“, gefordert.
Die Wutbürger von Donezk haben die Bevölkerung weitgehend hinter sich.
Viele Wagen hupen oder blinken mit den Scheinwerfern als Zeichen der
Unterstützung der Demonstration. Nur einer wagt es, im Schritttempo am
Lenin-Platz vorbeizufahren und ein kleines ukrainisches Fähnchen zu
schwenken. Sofort jagen Jugendliche dem Auto, in dem auch eine Frau und ein
kleines Mädchen sitzen, hinterher, treten mit ihren Stiefeln auf das Heck.
## Geplante Mahnwache abgesagt
Wenig später und 50 Meter weiter greift die Miliz ein. Der Wagen mit dem
ukrainischen Fähnchen wird angehalten, der Fahrer aufgefordert, seine
Papiere vorzulegen. Nach einer Verwarnung wegen seiner „Provokation“ darf
er weiterfahren. Für die Jugendlichen, die auf das Auto eingetreten haben,
interessiert sich niemand.
Gegen Ende der Kundgebung am Lenin-Platz marschieren die Teilnehmer zum
Gebäude der Bezirksverwaltung. Doch angesichts der starken Präsenz der
Miliz verzichtet man auf den Sturm des Gebäudes.
Unterdessen wurde bekannt, dass eine ebenfalls für Samstag geplante
Mahnwache für eine Annäherung an Europa vorerst nicht stattfindet. Nach
zahlreichen Drohanrufen und vor dem Hintergrund der letzten Demonstration,
bei der Euromaidan-Anhänger mit Pflastersteinen beworfen worden waren,
werde man aus Gründen der eigenen Sicherheit vorerst nicht wieder auf die
Straße gehen, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage.
## Auch Falun Gong am Start
„Ist das hier ein Flash-Mob?“ fragt eine gute gekleidete Dame eine Frau in
gelber Jacke, die 800 Meter vom Lenin-Platz entfernt Flugblätter für die
Falong-Gong-Bewegung verteilt. Neben dem Gehsteig sitzen zwei Dutzend
Falung-Gong-Anhänger, tief in ihrer Meditation versunken und in gelben
Jacken, auf den Stufen eines städtischen Gebäudes.
Aus der ganzen Ukraine waren hundert Anhänger der Falung-Gong Bewegung am
vergangenen Wochenende nach Donezk gereist, um auf öffentlichen Plätzen zu
meditieren und für die Philosophie der Bewegung zu werben. Ohne sich von
lächelnden, schimpfenden und gleichgültigen Passanten aus der Fassung
bringen zu lassen, meditierten sie stundenlang in gelben Jacken in vier
Gruppen an verschiedenen Orten der Stadt.
„Wenn die Menschen achtsamer wären, nicht so egoistisch, dann wären die
ganzen politischen Spannungen nicht so gefährlich,“ meint die 75-jährige
Alisa, die eigens aus der Westukraine für das Event in Donezk angereist
ist. „Das ist heute unser bisher größtes Event in Donezk“, schwärmt die
Rentnerin von der ukrainischen Falung-Gong-Bewegung.
23 Mar 2014
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Donezk
Wiktor Janukowitsch
Ukraine
Russland
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Odessa
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OSZE
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Krim
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Donezk
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