# taz.de -- Wirtschaftspolitik in Kuba: Ausländische Investoren erwünscht | |
> Im Kampf gegen die wirtschaftliche Stagnation setzt Kuba auf Geld aus dem | |
> Ausland. Mit fast schon revolutionären Reformen sollen ausländische | |
> Investoren angelockt werden. | |
Bild: Man will mehr Wachstum auf Kuba. | |
HAVANNA ap | Kubas Wirtschaft leidet: Die Investitionen aus dem Ausland | |
sind in den vergangenen Jahren weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. | |
Experten sehen dies als Hauptgrund für das schwache Wachstum. Präsident | |
Raúl Castro will sein Land nun für Ausländer attraktiver machen – sein | |
Investitionsgesetz billigten die 600 Abgeordneten am Samstag in einer | |
außerordentlichen Sitzung. Es sieht unter anderem massive Steuersenkungen | |
vor und erlaubt als Novum mehrheitlich ausländische Beteiligung an | |
Investitionsprojekten. | |
Experten wie Richard Feinberg, Professor an der Universität Kalifornien, | |
sind überzeugt davon, dass Kuba nur mit ausländischen Investitionen eine | |
Chance habe, auf Wachstumskurs zu kommen. Dazu müsse ein Klima geschaffen | |
werde, in dem sich die Wirtschaft wohlfühle. | |
Die Regierung müsse glaubhaft zeigen, dass sie eine positive Einstellung zu | |
ausländischen Investoren habe. „Das ist die beste Garantie“, sagt er. Die | |
Lösungsvorschläge der Experten: Kuba müsse Genehmigungsverfahren | |
transparenter machen, Lohnsteuern senken und das direkte Anstellen von | |
Kubanern erlauben. Der Vorstoß von Castro scheint also in die richtige | |
Richtung zu gehen. | |
Bislang ist Kuba für Investoren nicht attraktiv. Es ist nicht allzu | |
einfach, auf der sozialistischen Karibikinsel Geld zu verdienen. Es gibt | |
keine offenen Ausschreibungen für Projekte, Genehmigungsprozesse sind | |
undurchsichtig und schwerfällig. Zudem will die Regierung Ausländern bei | |
Projekten nicht die Mehrheit überlassen. | |
## Korruption schreckt ab | |
Abschreckend wirkt auch, dass Korruption bei Auftragsvergaben eine große | |
Rolle spielt. Häufig verhandeln Unternehmen millionenschwere Geschäfte mit | |
Regierungsbeamten, die nur wenig verdienen. So wurde Bestechung ein Teil | |
des Geschäfts. Zur gleichen Zeit kämpft die Regierung jedoch dagegen an – | |
in den vergangenen Jahren wurden bei Razzien Kanadier, Chilenen, Tschechen, | |
Engländer und Franzosen eingesperrt. Aber auch das schreckte die | |
ausländische Geschäftswelt eher ab. | |
Kuba leidet auch unter dem US-Embargo, das seit 52 Jahren gilt. Es | |
verbietet den Handel zwischen den USA und der Insel. Viele Unternehmen | |
werden vor die Frage stellt, entweder mit Kuba oder den USA Geschäfte zu | |
machen. Es gibt keine Anzeichen, dass das Embargo demnächst aufgehoben | |
werden könnte. | |
Erschwerend kommt hinzu, dass Kuba stark von den milliardenschweren | |
Ölgeschäften mit dem sozialistischen „Bruderland“ Venezuela abhängt. Der | |
südamerikanische Staat durchlebt derzeit jedoch eine Phase großer | |
Instabilität: Die Wirtschaft liegt ebenfalls am Boden, und die Regierung | |
steht durch wochenlange gewalttätige Proteste unter Druck. | |
Raúl Castro hatte bereits 2008 Wirtschaftsreformen eingeleitet, die jedoch | |
nicht den erhofften Erfolg zeitigen. In dem Online-Magazin [1][Cuba | |
Standard] erklärt Pavel Vidal, ehemaliger Ökonom der kubanischen | |
Staatsbank, die ausländischen Investitionen seien auch nach jenen Reformen | |
des Bruders von Revolutionsführer Fidel Castro auf einem bescheidenen | |
Niveau geblieben. Sie bewegten sich um 20 Prozent unter dem vorhergesagten | |
Durchschnitt. Das Bruttoinlandsprodukt sei 2013 um lediglich 2,7 Prozent | |
gestiegen – zu wenig für ein Entwicklungsland und erneut weit unter den | |
Erwartungen. | |
In dieser Woche gaben einheimische Medien einen Einblick in die geplante | |
Gesetzesänderung. Die Zeitung Juventud Rebelde schrieb, dem neuen Gesetz | |
zufolge werde ausländische Teilhabe in allen Bereichen erlaubt – abgesehen | |
von Gesundheitsfürsorge und Bildung. Zudem sollen Steuern auf Gewinne um | |
die Hälfte auf 15 Prozent verringert werden. | |
## Acht Jahre Steuerbefreiung | |
Unternehmen sollen in den ersten acht Jahren ihres Betriebs zudem ganz von | |
Steuern befreit werden. Ausgenommen werden sollen von dieser Regel | |
allerdings Firmen, die natürliche Ressourcen erschließen wie Nickel oder | |
fossile Brennstoffe. Diese Unternehmen müssten einen Steuersatz von 50 | |
Prozent bezahlen. | |
Viele Ausländer, die auf der Insel arbeiten, sollen von der Einkommensteuer | |
befreit werden. Darüber hinaus sollen Investmentprojekte erlaubt werden, | |
die mehrheitlich im Eigentum von Ausländern sind - was einem absoluten | |
Novum gleichkommt. Es soll zudem garantiert werden, dass das Eigentum | |
ausländischer Unternehmen und Privatpersonen keinesfalls verstaatlicht | |
wird, wie es 1959 nach der Kubanischen Revolution geschah. Ausnahmen gebe | |
es nur in Fällen nationalen Interesses, dann aber müsse es | |
Kompensationsleistungen geben. | |
Vidal ist mit dem Entwurf zufrieden. Das neue Gesetz könne helfen, | |
Investitionen anzuregen, vor allem, wenn die Geheimnistuerei von | |
Regierungsbeamten bei der Vergabe von Genehmigungen begrenzt werde. Zudem | |
dürfe es nicht sein, dass nur großen Investitionsvorhaben grünes Licht | |
erteilt werde. Es müsse erlaubt werden, in Kubas wachsende Privatwirtschaft | |
und in unabhängige Genossenschaften zu investieren. | |
Das neue ausländische Investitionsgesetz sei die letzte Gelegenheit, den | |
für 2016 geplanten Zielen nahe zu kommen. Zugleich würde es helfen, die | |
internationalen Beziehungen der Insel zu verbreitern, was die | |
Verwundbarkeit verringern würde, erklärt Vidal. | |
30 Mar 2014 | |
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[1] http://www.cubastandard.com/ | |
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